Wo ist Thursday Next?
sagte der Frosch-Lakai, setzte sich im Schneidersitz auf den Boden und machte sich daran, an dem Würfel herumzudrehen.
Ich klopfte an die Tür, die alsbald von einem kleinen Mann in einem braunen Overall geöffnet wurde, der reichlich mit Ölflecken, Speiseresten und Wissenschaftsmedaillen bedeckt war.
»Gütiger Himmel!«, sagte er. »Thursday? Kommen Sie rein!«
Sobald ich außer Sicht und Hörweite des Frosch-Lakaien war, erklärte ich Professor Plum, wer ich war – oder, genauer gesagt, wer ich nicht war –, und zeigte ihm Bradshaws Passierschein.
»Hat er Ihnen ein Codewort gegeben?«
»Was?«
»Ein Codewort?«
»Der Commander hat mir nichts über ein Codewort gesagt.«
»Gut. Es gibt auch kein Codewort – aber das konnte nur Bradshaw wissen. Folgen Sie mir.«
Der Keller war etwa doppelt so groß wie das Innere einer Kathedraleund steckte voller Maschinen. Eine ganze Armee von Mechanikern rannte herum, rote, grüne und gelbe Kontrolllampen blinkten und in regelmäßigen Abständen explodierten grelle elektrische Lichtblitze.
»Das ist fast alles nur Schau«, sagte Plum, als wir durch den Maschinensaal gingen. »Manchmal ist es wichtig, dass die Aufgabe und das Aussehen einer Maschine sich im Gleichklang befinden. Wer will schon einen Kursivierer, den man in der Tasche herumtragen kann? Es ist ja viel spektakulärer, wenn man eine große Maschine hat, die wild in der Gegend herumblinkt und gelegentlich zischt.«
Ich stimmte ihm zu, obwohl ich bisher nie einen Kursivierer gesehen, geschweige denn einen benutzt hatte. »So viele Maschinen«, sagte ich. »Gibt es irgendwelche Grenzen für das, was Sie damit tun können?«
»Wenn es welche gibt, dann haben wir sie bisher nicht gefunden«, erwiderte Plum. »Wir können praktisch alle Technologien erfinden, und wenn wir mal Probleme haben, werden sie an Technobabble™ Industries weitergegeben, die eigentlich immer etwas zusammenschrauben. In der BuchWelt zu arbeiten ist sehr angenehm für uns Ingenieure, denn hier werden wir nicht durch diese lästigen Naturgesetze behindert. Das wissenschaftliche Arbeiten in der RealWelt muss ziemlich mühselig sein, aber ich nehme an, die Durchbrüche werden dafür auch höher bewertet. Nehmen Sie zum Beispiel das Perpetuum mobile, bei uns ist das überhaupt kein Problem, aber in der RealWelt quälen sie sich schon seit tausend Jahren damit herum.«
»Und warum benutzen wir’s nicht?«
»Weil wir nicht wissen, wie wir es anhalten sollen. Sobald wir das können, wird jedes Taxi und jeder Bus in der BuchWelt damit angetrieben.«
Er sah zu, wie ich eine Maschine bewunderte, die schwarzen Humor in Sarkasmus und wieder zurück verwandeln konnte, ohne Verlust an Erzählmasse.
»Wir sind recht froh, dass der GattungsRat uns erlaubt, dieGesetze der Physik aufzuheben«, sagte Professor Plum. »Sonst ließen sich die ziemlich einzigartigen Technologien, die in der Buch-Welt gebraucht werden, wohl nicht so leicht herstellen. Haben Sie das schon gesehen?«
Wir waren neben einer großen Maschine stehen geblieben, die äußerlich nur eine lange, etwa einen Meter dicke Röhre zu sein schien, die durch die ganze Werkstatt lief. Sie kam aus der einen Wand und verschwand durch die andere. Man hätte denken können, dass es eine BildÜbertragungs- oder FußnotofonLeitung war.
»Das ist ein kleiner Teil des Großen Metaphern-Speicherrings.«
»Und was kann man damit machen?«
Professor Plum blieb am Kontrollpult stehen. »Sie wissen, dass wir zurzeit ein ernstes Metapherndefizit haben?«
Ich nickte. Das Problem wurde breit in den Medien erörtert. Der größte Teil unserer rhetorischen Energie, der dramatischen Ironie und der Leidenschaft stammten aus dem Metaphernfluss, der die gesamte FiktionInsel durchströmte. Aber die große Menge an Romanen, die im letzten Jahrhundert erstellt worden waren, hatte dazu geführt, dass dem Fluss ein Übermaß an metaphorischer Kraft abverlangt worden war. Es wurde ernsthaft bezweifelt, dass er die nötige Metaphern-Menge auf Dauer würde liefern können, und die Preise auf dem Roh-Metaphern-Markt waren drastisch gestiegen. Der GattungsRat hatte Juristech beauftragt, dringend nach Möglichkeiten zu suchen, Metaphern synthetisch zu erzeugen.
»Dieser Speicherring«, erläuterte Professor Plum, »wird mit erschöpften Metaphern – also bloßen Vergleichen – bestückt und beschleunigt sie auf seiner über achtzehn Meilen langen, kreisförmigen Bahn auf eine Geschwindigkeit
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