Wo ist Thursday Next?
Hals gehetzt hat. Sie verraten denen doch nichts, oder?«
»Nicht sofort. Aber Sie können nicht erwarten, dass Sie ungestraft Nonnen oder junge Hunde in Brand setzen können.«
»Ich weiß«, sagte er traurig. »Es liegt auch schwer auf meinem Gewissen. Ach, dieses Winseln, dieses schreckliche Winseln.«
Ich dachte einen Augenblick nach. Das Problem bei einer Vorgeschichte ist, dass sie absolut wahr und zutreffend ist, wenn man sie einmal übernommen hat, ganz egal, wem sie vorher gehört hat. Natürlich konnte man versuchen, sie weiterzugeben, aber das war im vorliegenden Fall sicher nicht einfach. Wer will schon einen Bus voll brennender Nonnen und winselnder Hunde auf dem Gewissen haben?
»Also, was wollen Sie?«, fragte ich.
»Ich hab Sie bloß sehen wollen«, sagte er. »Und Ihre Stimme hören.«
»Na schön, das haben Sie jetzt«, sagte ich, vielleicht ein bisschen schroffer als nötig. »Vielleicht sollten wir jetzt Adieu sagen.«
»Ich wohne drüben in Hemingway«, sagte er. »
Haben und Nichthaben
Nummer 127.« Er hatte die Hoffnung auf ein Rendezvous offenbar immer noch nicht aufgegeben. »Wenn Sie etwas brauchen, pfeifen Sie einfach. Sie können mich da vorn an der Ecke rauslassen, Fahrer.«
Das Taxi hielt an und Whitby stieg aus. »Passen Sie auf sich auf!«, sagte er und verschwand um die Ecke. Das Taxi fuhr weiter und ich ließ mich in den Sitz zurückfallen, als wir in den Austen Boulevard einbogen. Mal dachte ich, dass ich ihn anzeigen sollte, mal dachte ich, dass ich es nicht tun sollte. Es war ein schwieriger Fall, aber zum Glück nicht meine dringendste Sorge.
Ich hatte Angst vor der Reise, wenn ich ehrlich sein soll. In meinem Magen hatte sich ein dicker Knoten gebildet, und das hatte nicht bloß mit dem illegalen Grenzübertritt zu tun oder den möglichen Ergebnissen meiner Recherchen über die
Hareng Rouge,
sondern vor allem damit, dass ich Landen begegnen würde. Ganz unabhängig von den neuesten Entwicklungen bei Whitby war ich so geschrieben, dass ich Landen lieben, aber niemals treffen sollte.
Und jetzt sollte ich ihn doch treffen.
19.
Juristech, Inc.
Das Juristech-Museum ist von Montag bis Freitag geöffnet, mittwochs allerdings nur bis Mittag. Gezeigt wird eine ganze Reihe von faszinierenden Technologien aus der Gegenwart und Vergangenheit, darunter eine eindrucksvolle Sammlung von BuchWelt-Waffen, Grammasiten-Fallen, WortSperren, SchleuderHelmen, TextMarkern, GraphemSpaltern und chemischen WortBildungsExperimenten. Jeden Dienstag findet eine Vorführung der Textsiebe statt, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.
Bradshaws Führer zur BuchWelt,
3. Aufl.
Am Haupteingang von
Sinn und Sinnlichkeit
stieg ich aus und zeigte den Sicherheitsleuten den Passierschein, den mir Bradshaw gegeben hatte. Trotzdem riefen sie noch kurz bei Juristech an, ehe sie mir einen Besucherausweis gaben und mich hineinließen. Am Eingang von Norland Park traf ich erneut auf den Frosch-Lakaien, der erstaunt war, mich so bald wiederzusehen.
»Sie schon wieder?«, sagte er und starrte auf den Besucherausweis. »Was wollen Sie denn bei Juristech?«
Im Vollbewusstsein von Bradshaws Geheimauftrag hatte ich allerdings keine so große Angst mehr vor ihm.
»Das geht Sie gar nichts an«, sagte ich, und er strahlte. So gefiel ich ihm schon viel besser.
»Werkstätten oder Büro?«
»Werkstätten.«
Er führte mich durch die langen Korridore und schließlich einige Stufen hinunter zu einem Aufzug. Darin ging es abwärtsund dann wieder endlose Korridore entlang, bis wir zu einer unauffälligen Tür kamen, vor der zwei Milchflaschen standen.
»Das sind die Juristech-Werkstätten«, verkündete der Frosch-Lakai. »Ich habe Anweisung, auf Sie zu warten.«
»Es könnte etwas länger dauern«, sagte ich und gab ihm einen magischen Rubik-Würfel. »Sehen Sie mal, ob Sie das hinkriegen.«
Der Frosch-Lakai sah den Würfel neugierig an. Alle sechs Seiten waren wohlgeordnet und einheitlich in der Farbe.
»Sie müssen versuchen, ihn durcheinanderzubringen«, sagte ich.
Der Frosch-Lakai begann an den Seiten des Würfels zu drehen, aber egal, was er auch damit anstellte, der Würfel blieb völlig geordnet. Als BuchWelt-Puzzle war es ein Klassiker. Der Mangel an Zufälligkeit in der geordneten BuchWelt ließ keine Unordnung zu. Soviel ich wusste, hatte es bisher noch niemand geschafft, einen Rubik durcheinanderzubringen, aber ich dachte, es würde ihm die Zeit vertreiben.
»Vielen Dank«,
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