Wo ist Thursday Next?
noch erkundigen?«
Ich grinste. »In der RealWelt, Sprockett. Cheers!« Ich nippte an meinem Scorcher. Er war gar nicht so übel. Ein bisschen zu lehmig, aber ansonsten nicht übel.
Ich ging nach oben und packte eine kleine Reisetasche. Ein paar Kleider und Unterwäsche – ich hatte alle möglichen schlimmen Geschichten gehört. Dann fragte ich mich, ob ich meine Pistole mitnehmen sollte, entschied mich am Ende dafür, steckte aber nur eine einzige Kugel ins Magazin, allerdings von der panzerbrechenden Sorte. Ich ging davon aus, dass ich sowieso viel zu ängstlich sein würde, um die Waffe zu ziehen. Ich gab Carmine noch ein paar Anweisungen für Notfälle, ignorierte ihr ängstliches Gejammer über »zu viele Leser«, die über sie herfallen könnten, und bestellte ein Taxi.
»Wenn ich den Snooze-Kopf drücken muss, dann müssen Sie das auf Ihr Gewässer nehmen«, sagte Mrs Malaprop.
»Das mach ich.«
»Wohin?«, fragte der Taxifahrer, der zehn Minuten später eintraf.
»Nach Norland Park«, sagte ich. »
Sinn und Sinnlichkeit.
Sie können sich die Strecke aussuchen.«
Im selben Augenblick stieg von der anderen Seite des Taxis noch jemand zu. Er trug einen großen Schlapphut, der einen Teil seiner Gesichtszüge verdeckte.
»Tut mir leid«, sagte ich. »Aber das ist mein Taxi.«
Der andere Passagier hob die Krempe seines Hutes ein Stück weit, so dass ich ihn erkennen konnte. Es war Whitby.
»Geht in Ordnung«, sagte ich zu dem Taxifahrer, und wir setzten uns in Bewegung.
»Heilige Kuh!«, sagte ich zu Whitby. »Sie haben ja Nerven! Wann wollten Sie mir eigentlich erzählen, dass Sie einen Bus voller Nonnen in Brand gesteckt haben? Zwei Jahre lang habe ich Mut gesammelt, um mich mit Ihnen zu verabreden, und dann muss ich feststellen, dass Sie ein irrer Mörder sind.«
»Viele Leute sind irre Mörder«, erwiderte er. »Wenn man mit einem Stock in die Krimis haut, trifft man sieben mit jedem Schlag.«
»Aber wir sind ja hier nicht in den Krimis.«
Er starrte mich einen Augenblick an. »Ich habe viel Gutes im Leben getan, Thursday. Ich habe Leuten zu erzählerischer Unabhängigkeit verholfen, Rohlinge durch die Aufnahmeprüfung gebracht, bei E Z-Reads war ich drei Monate hintereinander ›Angestellter des Monats‹, ich habe Dutzenden von alten Damen über die Straße geholfen – und einige wollten auch wirklich hinüber. Dankt mir das jemand? Nein. Alle reden immer bloß von den Nonnen.«
»
Verwaiste
Nonnen«, erinnerte ich ihn.
»Nein, verwaist waren die jungen Hunde«, sagte er trotzig. »Da muss man sich schon an die Fakten halten.«
»Macht das einen Unterschied?«
»Nicht wirklich. Aber ich finde, so ein klitzekleiner Zwischenfall mit einem winzigen Bus voller Nonnen und junger Hunde darf doch nicht das ganze Leben eines Menschen kaputt machen.«
»Vielleicht. Aber man kann auch nicht einfach so tun, als wäre nichts gewesen, Whitby. Sie hätten es mir sagen müssen.«
»Ich konnte nicht.«
»Wieso?«
Er seufzte. »Erinnern Sie sich noch an Dermot McGruber? Den E Z-Read -Vertreter drüben im Menschlichen Drama?«
»Ja.«
»Er wollte mit einem Mädel ausgehen, aber er hatte so richtig Scheiß gebaut, als er noch eine Krimi-Figur war.«
»Was denn?«
»Na ja, er war das eigentlich mit den Nonnen und den jungen Hunden …«
»Und was hat das mit Ihnen zu tun?«
»Seine Vergangenheit hing ihm um den Hals wie ein Mühlstein. Er war so schuldbewusst, dass er gar nicht an ein Rendezvous
denken
konnte. Also hab ich versprochen, ich würde ihm die Angelegenheit ein Wochenende lang abnehmen, damit er mit gutem Gewissen mit seinem Schwarm ausgehen konnte.«
»Das war sehr nett von Ihnen.«
Whitby zuckte die Achseln. »Er hatte mir mal geholfen, als ich zu viele E Z-Read -Pflaster zum Füllen von Handlungslöchern bestellt hatte. Ein Wochenende mit erdrückenden Schuldgefühlen, dachte ich, könnte ich ohne weiteres aushalten. Ich konnte mich mit einem größeren Schnapszeichenvorrat in meiner Wohnung einschließen, mich ordentlich volllaufen lassen und niemand würde je etwas erfahren.«
»Lassen Sie mich raten«, sagte ich. »Der Kerl ist abgehauen.«
Whitby nickte, während der Taxifahrer einen höheren Gang einlegte und auf den Dickens Freeway hinausfuhr.
»Ich habe keine Ahnung, wo Dermot hin ist. Ich glaube inzwischen, dass er die Sache schon eine ganze Weile geplant hatte. Ich komme mir wie ein Idiot vor – und ich glaube auch, dass er mir Jurisfiktion auf den
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