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Wo Licht im Wege steht

Wo Licht im Wege steht

Titel: Wo Licht im Wege steht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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bereits in der Kreuzung gewesen, als sie mich kommen sahen. Sie gaben außerdem an, ich sei so schnell gefahren, daß ich nicht hätte abstoppen können, und darum sei ich in sie hineingefahren.«
    »War das denn so?«
    »Mein Wagen prallte gegen den ihren - wenn Sie das meinen.«
    »Dann fuhren die anderen also nicht in Ihren Wagen hinein?«
    »Sie stellten ihren Wagen direkt vor mich hin.«
    »Nun begreife ich allmählich die Einstellung der Versicherungsgesellschaft.«
    »Aber nein, wie können Sie das?« flehte sie mich an. »Wenn Sie natürlich die Ansicht der Gesellschaft richtig finden, hat es keinen Sinn, daß wir darüber weiterreden.«
    »Ich sympathisiere keineswegs mit der Gesellschaft«, erwiderte ich ihr. »Ich wollte nur herausfinden, was tatsächlich geschehen ist.«
    Zu Anfang unseres Gespräches hatte ich einen Notizblock und einen Bleistift aus der Tasche gezogen. Nun - ohne daß ich ein Wort niedergeschrieben hatte - steckte ich beides wieder ein. Ich stand auf und verbeugte mich. »Ich danke Ihnen, daß Sie mich empfangen haben, Mrs. Jasper.«
    »Aber ich habe Ihnen noch lange nicht alles über den Unfall erzählt!« rief sie aus.
    Zögernd sagte ich: »Nun, ich glaube, daß ich jetzt ungefähr weiß, wie er sich zugetragen hat.«
    Ärgerlich erwiderte sie: »Nur weil auf der anderen Seite vier Personen sind, die gegen mich aussagten, stellen Sie sich nun auch auf die Gegenseite!«
    »Aber nein«, wehrte ich ab. »Ich habe nur das Gefühl, daß dieser Fall für meinen Artikel nicht sehr geeignet ist.«
    »Warum?«
    »Bitte begreifen Sie doch, es liegt mir daran, die Gefahr aufzuzeigen, die in diesen ganz bestimmten Fällen liegt. Der versicherte Teil kann dabei absolut im Recht sein, aber die Gesellschaft stellt sich auf den Standpunkt, daß es zuviel Mühe machen würde, die Wahrheit zu verteidigen. Aus diesem Grund lassen sie die Personen von der Gegenseite lieber falsche Aussagen machen...«
    »Aber bitte, das hat sich doch genauso auch in meinem Fall abgespielt...«
    Ich zögerte. »Waren Sie ernsthaft verletzt?« fragte ich sie dann.
    »Ja, an meiner linken Hüfte.«
    »Aber es ist nun schon wieder in Ordnung, oder?«
    »Ja, ich kann wieder gehen. Aber seit dem Unfall habe ich plötzlich Ischiasanfälle. Gerade vorhin hatte ich wieder so eine schmerzliche Attacke, ich mußte Aspirin nehmen und mich auf die Luftkissen setzen.«
    »Das tut mir aber leid«, sagte ich voller Mitgefühl.
    »Und worüber ich am meisten entsetzt bin«, fuhr sie fort, »ist die Tatsache, daß nach dieser Verletzung das eine Bein kürzer bleiben wird als das andere.«
    »Aber das erscheint Ihnen nur so«, tröstete ich, »sobald Sie Ihre Muskeln wieder benützen, wird sich das allmählich wieder einspielen.«
    »Allmählich!« rief sie zornig aus.
    Ich schwieg.
    Einen Augenblick sah sic mich prüfend an, dann fuhr sic fort: »Meine Beine waren stets ohne jeden Makel, möchte ich sagen . .
    Sie zögerte nur so lange, um in mir den Eindruck zu erwecken, daß ihr Wunsch, mich davon zu überzeugen, eine ganz plötzliche Eingebung sei. Dann schob sie rasch ihren Rock übers Knie und zeigte mir ihr linkes Bein.
    Ich würdigte diese Szene mit einem stummen Blick.
    Etwas indigniert zog sie den Rock wieder herunter.
    »Ich zeigte Ihnen das nicht, damit Sie auf falsche Gedanken kommen sollten!«
    »Nein?« fragte ich mit meiner besten Unschuldsmiene.
    »Ich wollte Ihnen nur meine Aussagen beweisen.«
    »Ein hübscher Beweis, möchte ich sagen.«
    »Sie sind nett«, lächelte sie. Aber dann stiegen plötzlich Tränen in ihre Augen. »Wenn ich nun daran denke, daß eines meiner Beine künftig kürzer sein wird...«
    »Aber das muß doch nicht so sein!«
    »Man sieht es doch bereits! Es ist auch dünner als das andere, weil meine Hüfte verschoben ist und weil die Muskeln zuwenig benutzt werden. Und... Ich bin auch nicht mehr die Jüngste.«
    Ich lächelte ungläubig.
    »Wenn ich es Ihnen sage...«, rief sie aus. »Was glauben Sie denn, wie alt ich bin?«
    Nun waren wir bei dem unvermeidlichen Frage-und-Antwort-Spiel angelangt. Ich spitzte meine Lippen, wiegte den Kopf hin und her und tat so, als dächte ich heftig nach. »Na«, sagte ich dann, »Sie werden vermutlich etwas über fünfunddreißig Jahre alt sein. Aber es ist nicht gerade fair, mir in diesem Augenblick eine solche Frage zu stellen. Wenn eine Frau in einem Rollstuhl sitzt, wirkt sie immer älter. Falls Sie sich bewegen könnten, nun, ich w ürde sagen, Sie sind um

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