Wo Licht im Wege steht
Straße mit alten Fabriken und düsteren Lagerhäusern, dazwischen gähnten schmutzige, dunkle Hofe. Ab und zu fuhr mal ein Wagen vorüber. Es war Sonntag abend, und kaum jemand hatte hier etwas zu suchen. Kurz: Es war eine reichlich öde Gegend mit wenig Verkehr und viel Dunkelheit.
Nachdem ich ein paar hundert Meter mit Vollgas gefahren war, fing mein Karren zu spucken an. Und dann setzte der Motor aus. Ich versuchte alles mögliche. Er brummte noch einmal unwillig auf, um dann endgültig zu verstummen.
Während der Wagen noch langsam auslief, hatte ich bereits meine Tür geöffnet. Weit und breit war niemand zu sehen. Nur die Scheinwerfer, die ich seit einer Weile beobachtet hatte, rückten näher und näher.
Rasch sah ich mich um. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lag eine Fabrik. Ihre Fenster waren sämtlich dunkel, eine hohe Mauer umfriedete das Grundstück - und ein Schild, auf dem »Eintritt verboten!< zu lesen stand, war mehrfach angebracht.
Auf der anderen Straßenseite führten Eisenbahngeleise entlang, auf denen ein paar Güterwagen standen. Weiter unten sah ich wiederum nur einen hohen Gitterzaun.
Es wäre natürlich logisch gewesen, bei meinem Wagen zu bleiben, bis ein anderer Autofahrer mir mit etwas Benzin aushelfen würde.
Aber ich hatte das Gefühl, daß es in diesem Augenblick nicht angebracht sei, logisch zu handeln.
Meine Augen tasteten die Umgebung ab, ich suchte nach einem geeigneten Versteck. Hinter mir war nur eine Mauer. So rannte ich hinüber und kroch unter einen der Eisenbahnwaggons.
Es war wirklich ein armseliges Versteck, aber immerhin, es war wenigstens dunkel.
Die Scheinwerfer des anderen Wagens waren inzwischen näher gerückt und wurden auf- und abgeblendet. Genau hinter meinem Wagen hielt der andere an. Ich hörte, wie die Türen geöffnet und Wieder zugeschlagen wurden.
Die Stimme eines Mannes rief.
»Hallo, was ist los?«
In der Stille, die darauf folgte, hörte ich das gedrosselte Motorengeräusch und dann vernahm ich eine zweite Stimme, es war die einer Frau.
»Er muß doch irgendwo hier in der Nähe sein, denn er fuhr doch ständig vor uns her. Vielleicht ist ihm das Benzin ausgegangen.«
Ich blieb still wie ein Mäuschen unter dem Waggon sitzen. Die beiden wanderten umher. Manchmal sah ich ihre Schatten, und einmal erhaschte ich einen Blick auf ihre Beine.
Wieder hörte ich den Mann. Aber die Stimme mißfiel mir. Sie war hart wie Stahl. »Das ist die blödeste Sache, die ich je erlebt habe. Er war doch eben noch vor uns, nicht wahr, Baby?«
»Ja, es muß dieser Wagen gewesen sein. Er kann noch nicht weit sein. Was hältst du von diesen Waggons?«
»Warum, zum Teufel, soll er aus seinem Auto springen und sich in einen Güterwagen verkriechen?« fragte der Mann. »Normalerweise müßte er doch das tun, was jeder andere auch tut, wenn ihm das Benzin ausgeht. Er müßte neben dem Wagen stehen und auf jemanden warten, der gerade vorbeifährt. Er hätte uns dann zugewinkt und gebeten, ihm etwas Benzin abzugeben.«
»Gut, nun hat er aber das nicht getan, was er hätte tun sollen«, sagte die Frau und fragte dann: »Kannst du eigentlich verstehen, wieso?«
»Nein«, antwortete der Mann, »wir waren nicht so dicht hinter ihm, als daß er etwas hätte merken können.«
»Dann müßte er ja in seinem Wagen sein«, antwortete sie ironisch.
Gleich darauf hörte ich, wie der Mann die eiserne Stiege meines Frachtwaggons hinaufstieg. Er stolperte einmal und fluchte, als er über den Laufsteg ging, der über das Waggondach führte. Die Frau lief währenddessen an den Waggons vorbei und schaute offenbar in die Zwischenräume.
Lautlos kroch ich aus meinem Versteck. Dicht an den Waggons vorbei, mich immer im Schatten haltend, schlich ich zur Straße.
Das Summen des Motors, das von ihrem Wagen kam, klang aufreizend in meinen Ohren. Sie hatten ihn mit laufendem Motor auf der Straße stehenlassen.
Hinter mir sagte der Mann: »Oben ist er nicht, jetzt wollen wir auch noch unter den Waggon sehen.«
»Er muß doch irgendwo stecken. Über die Mauer kann er auch nicht geklettert sein... He, hier, hier ist er!« schrie sie.
Der Mann stieß einen Fluch aus, und beide begannen mir nachzujagen.
Doch es war bereits zu spät. Ich schlug die Tür ihres Wagens hinter mir zu, startete - und bevor sie die Straße erreichen konnten, war ich schon in voller Fahrt ein Stück auf der Straße vorwärts gekommen. Aber ich war vielleicht sechzig Meter von ihnen entfernt, als ich im
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