Wo Licht im Wege steht
bringen und es gleich entwickeln. Meine Kunden warten auf die Abzüge.«
»Ich bin geradezu ein Experte im Entwickeln.«
»Ich weiß«, antwortete sie lächelnd. »Den Männern fällt immer im richtigen Moment die richtige Idee ein. Sie gehen gern mit mir in die Dunkelkammer. Und dann werden Sie...«
»Nein, das werde ich nicht«, sagte ich.
»Also gut, dann kommen Sie mit. Manchmal muß man eben eine Chance ergreifen!« Sie öffnete die Tür des Wohnwagens und stieg hinein. Ich folgte ihr. Dann schloß sie die Tür wieder und drückte auf einen Knopf. Sofort begann sich der Wagen vorwärts zu bewegen.
»Mein Partner fährt den Wagen, und zwar so ruhig, daß ich bis zu dem nächsten Lokal meine Bilder entwickeln kann. Die Schnelligkeit ist wichtig bei unserem Geschäft.«
Sie lief hin und her und holte Fotoutensilien herbei. Dann löschte sie alle Lichter aus. Wir standen eine Weile in völliger Dunkelheit nebeneinander, nur ein ganz schwaches rotes Lämpchen am Ende des Wagens strahlte einen kleinen Schimmer aus.
Nachdem sich meine Augen an die Finsternis gewöhnt hatten, konnte ich beobachten, wie sie arbeitete und wie sie mit ihren flinken Händen dahin und dorthin griff.
»Das machen Sie sehr routiniert«, sagte ich, »und sehr ordnungsliebend müssen Sie auch sein, wenn Sie hier alles immer so griffbereit haben.«
»Ist alles halb so schlimm«, meinte sie, »nur Übungssache. Sehen Sie, jetzt sind die Sachen in einem Entwicklerbad - und sobald es der elektrische Zeitstopper anzeigt...«
In diesem Augenblick gab der Zeitstopper sein Signal. Sie nahm den Behälter aus dem Tank und stellte ihn in einen anderen.
»Das dauert nun zwei Minuten«, belehrte sie mich. »Dann kommen sie in ein chemisches Bad, anschließend werden sie gewässert und getrocknet. Und während ich dann in dem nächsten Lokal neue Schnappschüsse ergattere, fertigt mein Kollege, der den Wagen fährt, die Abzüge an. Und auf jedem der Filme ist eine Nummer vermerkt.«
»Aber nun erzählen Sie mir, wie war das damals mit den Fotos?«
»Von Zeit zu Zeit passiert das eben. Gewöhnlich mache ich nur dann Fotos, wenn ich weiß, daß es erwünscht ist. Und in diesem Fall sah es so selbstverständlich aus, daß ich glaubte, es sei in Ordnung.«
»Und warum ging es nicht in Ordnung?«
»Dieses Paar saß im >Cabanita< und aß gerade. Sie erweckten den Eindruck, als seien sie schon lange verheiratet. Meist verplempere ich meine Zeit gar nicht mit solchen Paaren. Unsere Kunden sind fast immer die lauten und lustigen Leute oder die angeberischen Burschen, die gern ein Bild von dem netten Häschen haben wollen, das an diesem Abend bei ihnen ist. Mit diesen Bildern wollen sie dann zu Hause bei ihren Freunden prahlen. Manchmal Aachen wir auch Familienbilder oder fotografieren andere Gesellschaften.«
»Und weiter?«
Ihr Blick war auf den elektrischen Zeitstopper gerichtet, als sie fortfuhr: »Jemand kam zu mir und fragte, ob ich nicht eine Aufnähme von diesem Paar machen wolle. Ich glaubte, die betreffende Dame hätte mit an diesem Tisch gesessen. Zugegeben: Ich war ein bißchen nachlässig. Als ich ihr erklärte, daß wir mindestens vier Abzüge verkaufen müssen, wovon das Stück einen Dollar kostet war sic damit einverstanden. Sie erklärte mir, daß die beiden gerade einen Jahrestag feierten, und sie wolle sie später mit dem Bild überraschen.«
»Interessant, erzählen Sie bitte weiter.«
»Ich ging also zu dem Tisch hinüber, lächelte und wartete bis sie aufblickten. Dann bediente ich den Auslöser. Der Mann wollte wissen, warum ich fotografierte. Ich erklärte ihm, daß diese Aufnahme ihn nichts kosten würde. Die Frau regte sich jedoch fürchterlich auf, und schließlich wurde er wütend und sagte, er habe kein Bild bestellt. Daraufhin versuchte ich, beiden zu erklären, daß ein Freund ihnen damit eine Überraschung bereiten wolle; aber meine Erklärung führte zu nichts, und er verlangte den Manager zu sprechen.«
»Wer ist der Manager?«
»Bob Elgin. Er ist Conférencier und Manager zugleich. Er kam zu uns herüber, und wir kabbelten uns ein wenig. Dann sagte ich ihnen, daß ich den Irrtum aufklären wolle und ihm das belichtete Negativ aushändigen würde, damit er es vernichten könne.«
»Und das taten Sie?«
»Aber nein«, erwiderte sie, »schließlich hatte ich ja einen Auftrag über vier Dollar, und den läßt man ja nicht einfach sausen.«
»Hm, und wie ging’s dann weiter?«
»Ich gab ihm das nächste Negativ,
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