Wo Licht im Wege steht
wiedererkannt und ihn als den Mann identifiziert, den sie in der vergangenen Nacht in ihrem Schlafzimmer lesend angetroffen hatte. Auch die Fingerabdrücke, die man auf dem Zellophaneinband des Buches fand, erwiesen sich klar als die von Donald Lam.
Weiterhin hat die Besitzerin eines Autohotels bestätigt, daß dieses rote Mädchen am Abend zuvor mit Donald Lam in ihrem Hotel gewesen sei. Er habe sich unter dem Namen >Dover Fulton und Frau< eingetragen und eine der Kabinen für eine Nacht gemietet.
Frank Sellers ist selbst erschüttert über dieses Treiben des Privatdetektivs Donald Lam. Der Verdacht, so sagte er, sei ihm gekommen, als er die Beschreibung der Ermordeten gelesen habe, die bis aufs Haar der Beschreibung jenes Mädchens glich, das als Mrs. Fulton in dem Autohotel eingetragen war. Da er wußte, daß dieses Rädchen mit dem Privatdetektiv in Verbindung gestanden hatte, konnte Sellers den Fall schnell klären. Auf die Frage, worin das Motiv zu diesem Verbrechen liegen könnte, erklärte Sellers wörtlich: >Lam war immer ein ungewöhnlich scharfsinniger Mensch; aber es gab verschiedene Dinge, bei denen man sich fragen mußte, ob er überhaupt völlig normal sei!< Auch seine Geschäftspartnerin bestätigte, daß Frauen sich sehr schnell für Lam interessierten, Lam habe sich ihnen gegenüber aber meist sehr zurückhaltend, ja fast außergewöhnlich kalt verhalten.
Die Polizei hat bis jetzt noch keine Personalbeschreibung des Mörders herausgegeben, aber wir hoffen, in unserer nächsten Nachrichtensendung eine ins einzelne gehende Beschreibung des Täters bringen zu können. In der Zwischenzeit wird die Polizei alle Eisenbahnlinien, Flughäfen und Fernstraßen im ganzen Land überwachen. Sellers ist sicher, daß Lam schon in wenigen Stunden gefaßt sein wird. Jedoch ist Vorsicht bei der Festnahme geboten. Donald Lam ist vermutlich jetzt verzweifelt, und es ist möglich, daß er Schwierigkeiten machen wird, wenn es nicht gelingt, ihn überraschend zu verhaften.«
Der Ansager legte eine Pause ein, dann begann er, über ein anderes Thema zu sprechen. Die Rothaarige ging ruhig zum Apparat hinüber und stellte ihn ab.
Sam Lowry kam aus dem Badezimmer. Er wischte sich sein Gesicht mit einem feuchten Handtuch ab.
»Donnerwetter, das ist ja eine schöne Geschichte.«
Ich zündete mir eine Zigarette an.
»Was sollen wir machen?« fragte der Rotschopf.
»Haben Sie einen Revolver?«
»Nein.«
»Sind Sie wirklich der Mörder von dem Mädchen?«
»Nein.«
»Wie kam es, daß Sie Ihre Fingerabdrücke hinterließen?«
»Das werde ich Ihnen erklären, wenn der geeignete Zeitpunkt kommt.«
»Ich finde, daß jetzt gerade der richtige Zeitpunkt dazu wäre.«
Er ging durchs Zimmer und blieb hinter mir, in der Nähe der Tür, stehen.
»Sam«, schrie das Mädchen auf, »laß mich aus der Feuerlinie gehen. Du hast sicher deinen Revolver bei dir.«
»Ich brauche keinen Revolver«, antwortete er.
Ich rauchte still meine Zigarette weiter.
»Und ich werde die Polizei anrufen«, entschied das Mädchen.
»Komm, nun warte mal einen Moment, mach keine Dummheiten!« fuhr Sam Lowry dazwischen.
»Wozu das?«
»Wenn die Polizei unseren Vogel bis morgen nicht gefangen hat, dann werden die eine Belohnung auf seinen Kopf aussetzen. Wenn er nun einfach verschwunden bliebe? Du weißt, wie das mit den Sexmördern so ist. Die Polizei rührt die Trommeln, alle Leute werden verrückt gemacht, und dann setzt gewöhnlich die Stadt eine Prämie aus.«
Die Rothaarige sah mich voller Widerwillen an.
»Sie sehen so nett aus, wie ein normaler Mensch, den man gern haben möchte. Wie konnten Sie das einer Frau antun?«
»Sei still«, fuhr Lowry dazwischen, »ich habe eine Idee. Stehen Sie auf, Lam.«
Er kam auf mich zu. »Versuchen Sie keine Späße, Kamerad«, sagte er, »Sie sollen aufstehen und sich umdrehen.«
Ich stand auf und wandte ihm meinen Rücken zu.
Seine Hände tasteten meine Kleider sorgfältig ab.
»Was sagst du jetzt, Baby? Er hat die Wahrheit gesagt, er hat tatsächlich kein Schießeisen bei sich.«
Ich setzte mich wieder auf den Stuhl.
»Ich sage dir nur eins, Sam, laß diesen Mann nur keine Sekunde allein mit mir.«
Lowry nickte zustimmend. Er beobachtete mich scharf aus seinen schmalen Augen, die hinter verschwollenen Backenknochen lagen, weil sie während seiner Boxerkarriere ständig mit Fäusten bearbeitet worden waren.
»Ich habe sie nicht umgebracht«, sagte ich.
»Ich weiß«, meinte Lowry grimmig.
Weitere Kostenlose Bücher