Wo niemand dich findet
Schädel.
Sie öffnete die Augen, schloss sie jedoch gleich wieder. Das helle Licht, das von oben herabfiel, schien sich direkt in ihren Kopf zu bohren.
Wo zum Teufel …
Coghan.
Ihre Wohnung.
Sie schnellte empor, sank jedoch gleich wieder in sich zusammen, weil der Schmerz ihren Kopf beinahe zum Platzen brachte.
»Aufwachen, Schlampe.«
Ein Schauer kroch über ihren Rücken. Sie kannte die Stimme. Sie zwang sich, die Augen zu öffnen und auf den riesigen schwarzen Schatten zu richten, der neben dem Strahler stand. Sie hob die Hand, um das Gleißen abzuschirmen.
Doch sie konnte es nicht. Mit einem metallischen Klirren wurde die Bewegung ihres Armes gestoppt. Sie sah auf die Hand. Mit Handschellen an einem Rohr angekettet. Sie war nackt. Mit einer ruckartigen Bewegung zog sie beide Beine an ihre Brust. Panisch blickte sie sich um.
Oh, Gott, sie war in einem Badezimmer. Ein großes schickes Badezimmer mit einer riesigen gläsernen Dusche und einem Whirlpool. Sie hockte neben einer
Schrankwand, die keine Türen zu haben schien, und war mit der Hand an das metallene Abflussrohr unter einem der Waschbecken gekettet.
»Na, dämmert’s allmählich, Alexandra?« Er schien ihren Namen auszuspucken. Ein Schwall Übelkeit stieg in ihr auf, und sie meinte, sich übergeben zu müssen.
Mit einem Schritt bewegte er seinen riesigen Körper aus dem Lichtkegel. Sie sah an sich herunter. Ihre Knie bluteten. Mit dem freien Arm zog sie sie näher an ihren Körper.
Er griente verächtlich. »Nur keine falsche Scham. Ich hab’s schon gesehen. Macht nicht viel her, aber wir müssen zufrieden sein mit dem, was wir haben, nicht?«
Alex schluckte. Dabei bemerkte sie, dass sich ihre Zunge dick und belegt anfühlte. Sie wollte etwas sagen, konnte jedoch den Mund nicht öffnen.
Er streckte die Hand nach ihr aus. Sie wand sich, doch gleich darauf war ein lautes Ratsch! zu hören. Ihr Gesicht brannte.
Sie japste nach Luft. Er knüllte ein Stückchen Klebeband zusammen und warf es achtlos zur Seite.
»Jetzt kannst du ein bisschen schreien, wenn dir danach ist. Hier hört dich keiner.« Mit diesen Worten ließ er sich auf dem Whirlpool-Rand nieder, stützte die Ellenbogen auf die Knie und beugte sich vor. Er roch nach Schweiß und abgestandenem Bier.
»Außerdem haben wir beide ja noch was zu besprechen.«
Nun bemerkte sie auch den Tabakgeruch, der von ihm ausging. Eine neue Welle der Furcht stieg in ihr auf.
Als ob er ihre Gedanken gelesen hätte, holte er eine
Schachtel Marlboro aus der Seitentasche seiner olivgrünen Cargo-Hose. Er klopfte mit dem Päckchen ein paar Mal gegen seine Handfläche und zog eine Zigarette heraus.
»Also dann«, sagte er beiläufig.
Alex suchte panisch nach einem Ausweg. Waren sie allein? Gab es irgendwo einen Wachposten?
War er überhaupt bewaffnet?
Da fiel ihr ein, dass ihr die SIG bei dem Überfall aus der Hand gefallen und über den Boden geschliddert war. Sie erinnerte sich an die Panik, als sie kaum noch atmen konnte wegen des Gewichts auf ihr, als ihr Mund von diesem bitteren Geschmack erfüllt war. Hatte er sie unter Drogen gesetzt? Hatte er sie vergewaltigt?
Er beugte sich noch näher, und sie entdeckte die Glock, die auf dem Whirlpool-Rand lag. Sie sah aus wie die von Nathan.
Nathan. War er noch zu ihr gekommen? Suchte er sie nun?
So wie Coghan näher kam, wurde sein Geruch durchdringender. Das Eis mit der Cola, aus dem ihr Abendessen bestanden hatte, schien in ihrem Magen zusammenzuklumpen. Sie rückte so weit wie möglich von ihm weg, bis etwas Hartes und Scharfes ihr in den Rücken stach.
»Ich habe nur eine einzige Frage an dich, Alexandra.« Er sprach leise. Bedrohlich. »Aber wir werden hier so lange sitzen, bis du sie mir beantwortest.« Er kramte in seinen Taschen nach einem Feuerzeug, zog es heraus und entzündete es. Dann hielt er die Flamme an die Zigarette.
Ihr Puls raste.
Er zog den Rauch gierig ein. Atmete durch die Nasenlöcher aus. Beugte sich näher.
»Wo. Zum Henker. Ist meine Frau?«
Ein Donnern weckte Sophie. Sie drehte sich auf den Bauch und zog sich das Kissen über den Kopf. Sie versuchte, wieder einzuschlafen.
Ein weiteres Donnern. Diesmal lauter.
Sie öffnete die Augen und setzte sich auf. Schlaftrunken strich sie sich das Haar aus dem Gesicht.
Es hatte aufgehört zu regnen.
»Polizei!« Bumm, bumm, bumm. »Aufmachen!«
Polizei? Während sie aus dem Bett stürzte, sah sie auf die Uhr. 1:34.
Es donnerte weiter, als sie sich einen Morgenmantel
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