Wo niemand dich findet
ausgerechnet in Louisiana deponiert? Es wäre doch um vieles leichter gewesen, alles in Texas zu lassen? Und warum brauchte sie die Sachen überhaupt, wenn Alex ihr einen falschen Pass besorgt hatte?
Melanie führte etwas im Schilde. Doch was sie auch vorhaben mochte, Alex würde es ihr ausreden, sobald sie im All Saints Motel war. Das Motel lag in Flughafennähe, also plante Melanie wohl einen Auslandsflug. Aber dagegen würde Alex Einspruch einlegen. Zu Fuß oder mit dem Auto war es wesentlich leichter, unbemerkt nach Mexiko einzureisen, als mit dem Flugzeug.
Wieder leuchtete Alex’ Handy auf. Nathan. Sie las seinen Namen auf dem Display. Bestimmt würde er wieder auf ihre Mailbox sprechen. Sie wartete, bis die Display-Beleuchtung
erlosch und es auf dem Beifahrersitz wieder dunkel wurde.
Nein, sie würde die Nachricht nicht abhören. Sie durfte es nicht. Sie wusste, sie würde seiner Art, mit ihr zu sprechen, nicht widerstehen können. Schon gar nicht seit letzter Nacht.
Nathan war schon an Baton Rouge vorbei, als sein Handy endlich klingelte.
Nur war es nicht Alex.
»Devereaux.«
»Hier ist Troy Stockton.«
Nathan lag ein Fluch auf den Lippen, doch er schluckte ihn hinunter. »Ist Alex bei Ihnen?«
»Nein, aber ich habe vorhin mit ihr telefoniert, und ich verrate Ihnen, wo Sie sie finden, wenn Sie ihr eine Nachricht von mir ausrichten.«
Nathan biss sich auf die Zunge. Was zum Teufel hatte Stockton mit der Sache zu tun? »Welche Nachricht?«
»Ich habe was von einem Mann gehört, der für mich diese leer stehenden Häuser im Auge behält.«
»Welche leer stehenden Häuser?«
»Die in Captain’s Point«, sagte Stockton. »Alex meinte, sie hat Ihnen davon erzählt.«
»Hat sie. Sie hat nur nicht gesagt, dass sie leer stehen. Das gefällt mir irgendwie nicht.«
»Mir auch nicht. Mein Mitarbeiter beobachtet sie nun eine Woche, und in einem kam gerade eine größere Lieferung an.«
»Eine Lieferung von was?«
»Lampen.«
Der Verdacht, der seit Tagen an Nathan nagte, wurde immer mehr zur Gewissheit. »Er betreibt Häuser für den Heimanbau von Marihuana.«
»Scheint so.«
»Um wie viele Marihuana-Häuser handelt es sich?«
»Drei«, antwortete Stockton. »Aber das sind nur die, von denen wir wissen.«
Nathan verstärkte den Griff um das Lenkrad. Nach und nach wurden ihm die möglichen Folgen klar. Diese Angelegenheit zog weitere Kreise, als er je vermutet hatte.
Seit die Heimatschutzbehörde die Grenzen immer schärfer überwachte, dehnten die Drogenkartelle ihre Aktivitäten immer weiter nach Norden aus und erzeugten den Stoff immer öfter in Nationalparks oder anderen Naturschutzgebieten versteckt oder sogar in normalen Häusern in Wohnvierteln. Die Finanzkrise und der Zusammenbruch des Immobilienmarktes hatten den Kartellen dabei in die Hände gespielt, da zwangsgeräumte Häuser ideale Unterschlupfe waren. Und wenn man den Stoff gleich von dort auf die Straßen brachte, sparte man zusätzlich eine Menge Transportkosten und zahlreiche Mittelsmänner.
Allerdings war die Organisation aufwändig, man benötigte dazu sowohl Geld wie Handlanger. Aber je mehr Geld und Menschen involviert waren, desto größer war die Gefahr für Alex und Melanie, wenn sie etwas davon wussten.
»Ich hab noch eine weitere interessante Information für Sie«, sagte Stockton. »Mich hat gerade ein Freund aus dem Delphi Center angerufen. Sie haben die Substanz
identifiziert, die in dem Umschlag war, den Melanie Alex gegeben hat.«
»Kokain?«
»Crystal. Und etwas Dolomitkalk, was laut meinem Freund häufig im Heimanbau von Marihuana verwendet wird. Ich weiß allerdings nicht wozu.«
»Das stabilisiert den ph-Wert des Bodens.«
»Meinetwegen. Jedenfalls klingt das nach einer größeren Operation«, meinte Stockton, ohne Nathan damit wirklich etwas Neues zu sagen. »Alex hat die Kräfte unterschätzt, mit denen sie es zu tun hat. Jemand muss sie warnen.«
Nathan überholte einen Vierzigtonner. »Wo ist sie jetzt?«
»Sie ist unterwegs, um Melanie in einem All Saints Motel zu treffen. Ganz in der Nähe des Louis-Armstrong-Airports. An der Interstate Nummer 10.«
»Ich weiß, wo der Flughafen von New Orleans ist. Glaubt sie denn, sie könnte Melanie außer Landes schaffen? Das ist eine Scheißidee. Funktioniert garantiert nicht.«
»Ich weiß nicht, was sie vorhat. Aber egal was, reden Sie’s ihr aus. Vielleicht haben Sie mehr Glück.«
Das glaubte Nathan eher nicht. Er sah auf den Tacho und gab
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