Wo niemand dich findet
Schwierigkeiten hast, nenne den Wachleuten Mias Namen. Oder den von Troy Stockton. Er ist im Verwaltungsrat. Ich ruf ihn an …«
»Ich will keinen Anruf von dir«, sagte er. »Ich will, dass du dein idiotisches Vorhaben sein lässt. Melanie soll endlich mal auf sich selber aufpassen.«
Alex stieg in den Mercury und schlug die Tür zu.
Sophie kletterte in den Tahoe. Sie war kaum losgefahren, als ihr Handy klingelte.
»Hast du ihm von Melanie erzählt?«, schnauzte Alex.
»Nein. Vielleicht hat er es selbst rausgefunden. Immerhin ist er Detective.«
Alex fluchte.
»Kennst du wirklich Troy Stockton?« Sophie konnte sich die Frage nicht verkneifen.
»Hä?«
»Troy Stockton? Den Schriftsteller?«
»Ach der. Ja. Wir sind befreundet.«
»Der sieht doch aus wie Brad Pitt.«
»Wem sagst du das«, meinte Alex, während sie durch den freitäglichen Verkehr steuerte. »Oh, Scheiße.«
»Was ist?«
»Ich hab grad eine Mail von Melanie bekommen«, sagte Alex. »Sie will mir eine Nummer schicken, unter der ich sie heute Abend erreichen kann … Verdammt!«
»Was?«
»Die Vorwahl beginnt mit fünf-null-vier. Wo ist das?«
»Keine Ahnung.«
»Fünf-null-vier. Ist das vielleicht Dallas?«, fragte sie optimistisch.
»Nein.«
»Verdammt! Ich wusste, dass so was passiert. Sie haut ab und wirft alles über den Haufen. Was denkt die sich eigentlich dabei?«
»Das weiß ich auch nicht.«
»Wenn mir die wieder unter die Augen kommt, bringe ich sie eigenhändig um.«
18
Nathan kannte nicht viele richtige Wissenschaftler, aber die er kannte, sahen nicht so aus wie Mia Voss. Immer wieder blickte er auf den Namen, der auf ihren Laborkittel gestickt war, so als müsste er sich ständig daran erinnern, dass sie Doktorin war.
»Wollen Sie Opfer und Täter über die gemeinsame Anwesenheit am Tatort in Verbindung bringen? Und so die Tat nachweisen?«, erkundigte sie sich mit Blick auf die Papiertüten, die Nathan neben ihren Mikroskopen auf den Tisch gestellt hatte.
»Nicht ganz.«
Sie steckte beide Hände in die Kitteltaschen und sah ihn erwartungsvoll an.
»Das Blut auf meinem Taschentuch ist das des Verdächtigen«, erläuterte er. »Dafür hätte ich gerne ein Profil.«
»Von wann ist die Probe?«
»Von heute Vormittag. Übrigens ist da womöglich auch ein bisschen Blut von mir dabei.«
Sie runzelte die Stirn.
»Man könnte sagen, ich habe die Probe heimlich genommen.«
»In dem Fall würde ich einen Abstrich von Ihrem Mund nehmen, dann kann ich Ihre DNA herausfiltern.«
Sie beugte sich vor, um die Aufschrift auf der zweiten Tüte zu lesen. Danach setzte sie eine Schutzbrille auf und holte sich ein Paar Gummihandschuhe aus einer Schachtel auf der Arbeitsplatte. »Das ist ein Draht? Ich kenne mich mit Erdrosseln und Erwürgen nicht so gut aus. Aber wir hätten dafür einen Experten.«
»Mich interessiert vor allem das Genprofil«, meinte Nathan, während sie die Tüte öffnete und vorsichtig ein Stück dicken Draht herauszog. Er war gebogen und an den Enden verdreht sowie in der Mitte dick mit Blut überkrustet. »Ich vermute, dass das Blut darauf vom Opfer stammt«, fuhr er fort. »Hier würde mich vor allem interessieren, ob Sie noch etwas anderes finden können? Vielleicht ein paar Hautzellen oder sogar ein bisschen Blut vom Täter, als er den Draht um den Hals des Opfers geschlungen hat.«
Skeptisch betrachtete sie den Draht. »Das hängt davon ab, ob der Täter Handschuhe getragen hat. Wenn nicht, werde ich höchstwahrscheinlich was finden. Denn zum Erdrosseln braucht man relativ viel Kraft. Von wann ist das Beweisstück?«
»Es ist fünf Jahre alt.«
Sie seufzte. »Tja, das ist sowohl gut wie schlecht. Gut ist, dass wir damals noch nicht so CSI-verseucht waren. Vor dieser Fernsehserie wussten Verbrecher viel weniger von Handschuhen, Kondomen und DNA-Spuren am Tatort.« Sorgfältig steckte sie den Draht zurück in die Tüte. »Die schlechte Nachricht ist, dass Spuren im Laufe der Jahre schlechter nachzuweisen sind. Ich werde mein Bestes tun.«
Nathan nickte anerkennend. Mia war wirklich gut.
Jede Wette, dass sie sich auch vor den Geschworenen gut machen würde. Sie war das exakte Gegenstück zu den abgehobenen, langatmigen Wissenschaftlern, die für gewöhnlich die Geschworenen zu Tode langweilten. Außerdem wirkte ihr normales, unprätentiöses Auftreten glaubwürdig.
»Und was haben Sie in der kleinen Tüte?«
»Hörnchen.«
»Hörnchen?« Ein Lächeln trat auf ihr
Weitere Kostenlose Bücher