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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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zu geben.
    Ich rief den Männern zu: »Wir brauchen Hilfe. Wir haben eine Verwundete.«
    Die Frauen gingen zögernd hinter den Männern her. Ein Mann rannte auf uns zu, ein kleiner, dürrer, sonnengebräunter Kerl mit Brille und einer verbeulten Khakimütze. »Ich bin Arzt«, keuchte er, als er vor uns stehen blieb. »Mein Gott, was ist denn mit euch passiert? Wer ist verletzt?«
    »Hier«, sagte Savich. Er legte Laura sanft auf einer Decke ab, die Sherlock eilig unter einer Palme ausgebreitet hatte.
    Sie war kaum mehr ansprechbar. Ich knöpfte die zwei Hemden auf, die sie anhatte und legte die Verbände frei. Als er bei ihr niederkniete, erklärte ich: »Eine Schusswunde. Ging glatt durch die Schulter. Geschah vor zwei Tagen. Ich hatte Gott sei Dank einen Erste-Hilfe-Kasten. Hab die Wunde aber nicht genäht, wegen der Infektionsgefahr. Hab die Verbände jeden Tag gewechselt und die Wunde so sauber wie möglich gehalten. Scheint sich aber trotzdem entzündet zu haben.«
    Kurze Zeit später waren wir von mindestens einem halben Dutzend Männer und Frauen umringt. Savich erhob sich lächelnd, aber so schmutzig wie er war und mit seinem Fünftagebart sah er aus wie ein gefährlicher Irrer.
    Dann brach Sherlock plötzlich in Lachen aus. Sie ließ das Netz mit den Wasserflaschen fallen und stieß einen lauten Jauchzer aus. »Wir sind über zwei Tage im Regenwald gewesen. Ist das hier Club Med?«
    Die Männer und Frauen blickten sich an. Ein Mann in einem rot-weiß gestreiften Badeanzug sagte: »Nein, wir sind nur auf einen Tagesausflug hierher gekommen.« Er musterte uns eingehend. »Habt ihr vielleicht euren Führer verloren?«
    »Wir hatten keinen«, erklärte Sherlock. »Wo sind wir hier?«
    »Ihr seid im Corcovado Nationalpark.«
    »Liegt hier irgendwo Dos Brazos?«, erkundigte ich mich und vertrieb eine Mücke von meinem Hals.
    »Ja, das liegt am südöstlichen Ende des Regenwalds.«
    Laura öffnete die Augen und blickte den Mann an, der behutsam ihre Schulter auswickelte. »Ist schon gut. Halten Sie durch. Ist gar nicht so schlimm. Aber Sie müssen unbedingt ins Krankenhaus. Wie heißen Sie?«
    »Laura. Und Sie?«
    »Ich bin Tom. Bin auf Flitterwochen hier. Einfach toll, die Gegend. Na ja, vielleicht nicht für euch. Was ist passiert?«
    »Ich bin von der Bundespolizei. Die anderen auch. Bin von Drogendealern angeschossen worden. Waren die letzten zwei Tage im Regenwald.«
    Tom, der Arzt, hockte sich auf die Fersen und wandte sich an eine Frau, die mindestens einsachtzig groß sein musste. »Glenis, geh und sag dem Bademeister, dass wir schnellstens einen Hubschrauber brauchen. Es handele sich um einen Notfall.«
    »Und die Polizei brauchen wir auch«, ergänzte ich.
    Tom sagte, an uns alle gewandt: »Die Sirena Ranger Station ist nicht weit von hier. Dürfte nicht allzu lange dauern. Die Wunde ist zwar entzündet, aber angesichts dessen, was ihr durchgemacht habt, noch in überraschend gutem Zustand. Ihr habt das wirklich prima hingekriegt, Leute.«
    »Danke«, sagte ich.
    »Ich will einen Margarita«, erklärte Laura schwach. »Mit jeder Menge Limone. Limonen hätten wir sogar selber.«
    Ich betrachtete die Leute, die sich um uns geschart hatten. »Hab schon von Corcovado gehört«, überlegte ich. »Liegt das nicht in Costa Rica?«
    Eine Frau in einem ziemlich knappen roten Tanga nickte. »Wo habt ihr denn geglaubt, dass ihr seid?«
    »Vielleicht in Kolumbien«, entgegnete ich. »He, nach Costa Rica wollte ich schon immer mal.«
    »Kein Wunder, dass die Viecher nur von uns gelangweilt waren«, sagte Sherlock.
    Ein Mann fragte: »Habt ihr denn gar niemanden gesehen?«
    »Lediglich die bösen Jungs«, antwortete Sherlock. »Und ein paar Fußspuren, die ins Unterholz führten. Wir konnten nicht riskieren, uns noch mehr zu verirren. Sind einfach immer nur nach Westen gegangen.«
    »Habt ihr denn die Seilbahn nicht gesehen?«, erkundigte sich Tom. Als er unsere verständnislosen Mienen sah, fügte er hinzu: »Wir haben gestern einen Ausflug mit der Seilbahn über den Regenwald gemacht. Einfach atemberaubend. Na ja, ihr habt sie wohl übersehen.« Er streckte mir die Hand entgegen. »Willkommen in Playa Bianca.«

31
    Ich starrte den Mann an, als ich plötzlich hörte, wie Lauras Atem pfeifend und würgend kam. Ich war sofort an ihrer Seite, zog sie an den Armen hoch und drückte sie an mich. Sie zitterte am ganzen Leib. »Laura!«, rief ich.
    »Nein!«
    Tom stieß mich beiseite. Er zog ihre Augenlider auf, prüfte

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