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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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heißt, dass Jilly noch am Leben ist. Mensch, Laura, das ist ganz schön hart«, sagte ich und lehnte meine Stirn an die ihre. »Wie geht’s dir?«
    »Da kriecht was an meinem Bein hinauf - außen. Hoffe ich zumindest.«
    Ich fegte den kleinen Salamander fort, der mit seinem dünnen Schwanz zuckte und ins Unterholz huschte.
    Savich nahm die Schere und fächerte einen weiteren Kienspan auf. Das verdammte Ding sah aus wie ein Kunstwerk.
    Laura stöhnte. Sie lag auf dem Rücken, die Augen geschlossen. Ihr Gesicht war kalkweiß, die Lippen blau angelaufen. Ich flößte ihr rasch einige Aspirin ein.
    Der Erste-Hilfe-Kasten war nun fast leer. Ich sah über
    Lauras reglose Gestalt hinweg Savich an, und er erwiderte meinen Blick. Seine Stirn war gerunzelt. Und er hielt Sherlocks Hand.
    Wir quälten uns noch mindestens zwei, drei Meilen weiter, bevor wir für die Nacht anhielten.
    Am nächsten Morgen war Lauras Zustand unverändert. Sie war schwach, hatte Fieber und Schüttelfrost. Die Wunde war nun noch mehr gerötet und geschwollen. Jetzt konnten wir niemandem mehr was vormachen. Sie musste unbedingt in ein Krankenhaus. Bei Sonnenaufgang waren wir wieder unterwegs, Savich mit Laura auf den Armen.
    »Nach Westen«, sagte ich und begann mit dem Hacken.
    Um neun Uhr stießen wir auf eine reife Bananenstaude. Savich riss sie unter großem Protest der Affenbevölkerung aus, deren Frühstück wir da klauten. Zu meiner Erleichterung wurden wir nicht mit irgendwelchem verfaulten Obst unter Beschuss genommen.
    Es war schon fast Mittag, als ich plötzlich etwas roch. Ich blieb wie angewurzelt stehen, hob den Kopf und schnupperte. Salz, so stark, dass ich es fast schmecken konnte.
    Ich unterdrückte nur mühsam einen Schrei, als ich keine sechs, sieben Meter entfernt Männerstimmen hörte.
    »O nein«, ächzte Sherlock und wich zurück, wobei sie alles bis auf die AK fallen ließ. »Wie haben sie uns bloß gefunden? Das ist einfach nicht fair.«
    Savich hielt Laura, die bewusstlos war oder schlief. Er legte sie nicht ab, wich nur beiseite, damit ich zu Sherlock aufschließen konnte.
    »Die scheren sich überhaupt nicht darum, dass wir sie hören können«, flüsterte ich. »Sind es viele? Sind sie ausgeschwärmt?«
    »Es riecht tatsächlich nach Salz, Mac. Wir müssen fast am Meer sein.«
    Die Stimmen entfernten sich. Dann hörte ich zu meinem größten Schock Frauenstimmen. Und Gelächter. Jede Menge Gelächter, Rufe, noch mehr Gelächter. Ich hörte jemanden kreischen, aber nicht aus Entsetzen, sondern vor Vergnügen. Und die Leute sprachen Englisch.
    Da stimmte doch was nicht.
    Das grüne Dickicht wich unversehens zurück, wurde zunehmend spärlicher. Ich ging voran, die Bren Ten in der Hand, Sherlock ganz hinten, Savich mit Laura zwischen uns. Wir bewegten uns so geräuschlos wie möglich. Ein Schwarm grüner Papageien flog von einer Bananenstaude zu einer anderen, leuchtendes Grün mit ein wenig Rot und Gelb dazwischen. Der Salzgeruch wurde immer stärker, die Sonne schien schräg von oben herein, das Blätterdach über uns wurde zunehmend lichter.
    Ich spürte eine Brise im Gesicht. Dann durchbrach ich eine letzte Wand aus Grün und trat hinaus in weißen Sand. Savich drückte sich hinter mir aus dem Dickicht. Ich hörte, wie Sherlock nach Luft schnappte. Wir standen einfach bloß da und rissen die Augen auf.
    Wir befanden uns am Rand des Regenwalds. Vor uns erstreckte sich ein gut fünfzehn Meter breiter Streifen makellos weißer Sandstrand. Dahinter brandete das Meer ans Ufer. Es war der schönste Anblick meines Lebens.
    Etwa zwanzig Meter weiter den Strand entlang spielten mindestens zwanzig Männer und Frauen in Badeanzügen Volleyball.
    Überall lagen Badetücher herum, ein paar Sandburgen waren zu sehen, ein halbes Dutzend Sonnenschirme und Liegestühle. Aber die Krönung des Ganzen war der Kerl, der auf einem zirka fünfzehn Meter hohen Turm unter einem Sonnenschirm hockte. Ein Bademeister. Da konnte sich ein Mann schon verarscht Vorkommen.
    Laura stöhnte leise. Sie öffnete die Augen und musterte mich. »Was ist?«
    »Ich glaube, das Blatt hat sich gewendet, Schatz. Halt durch. Wir zwei, du und ich, stehen bald unter der kalten Dusche, das verspreche ich dir.«
    Das Gelächter erstarb nach und nach. Die Männer und Frauen schauten zu uns herüber. Zwei Männer bedeuteten den anderen zurückzubleiben und gingen auf uns zu. Ich ließ die Bren Ten sinken. Sherlock ihre AK-47, um sich einen weniger kriegerischen Anstrich

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