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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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Studien zu trotzen …«
    Ich fand das äußerst passend, zumal nachdem ich meinen Meister in den Gluten des Ätna und des Vesuv so munter erlebt hatte.
    Das gesamte Jahr 1639 verwandten wir darauf, Kisten zu öffnen & ihren Inhalt in der diesergestalt ausgeschmückten Galerie aufzustellen. Ein Schiff war aus China gekommen, bis an den Rand mit Schätzen angefüllt, die Kircher von Pater Giovanni Filippo de Marini erhielt, welcher in Japan und China als Missionar wirkte. Hörner von Rhinozerossen, mit Gold bestickte Prunkgewänder, mit Rubinen besetzte Gürtel, Papiermuster, Abbilder von heidnischen Göttern, Heiligen, Mandarinen, Bewohnern jener Länder; auf Seide gemalte Blumen, Vögel, Bäume, verschiedene unseren Physikern unbekannte Arzneien, darunter eine namens »Lac Tygridis«, Tigermilch, diverse Bücher, Manuskripte, Grammatiken et cetera; all diese Reichtümer kamen in das Collegium Romanum & vermehrten die Opulenz des Museums. Hinzu kamen noch die zahlreichen Briefe, die Athanasius von seinen fernen & treuen Korrespondenten erhielt.
    Manuel Diaz, Vize-Provinzial des Ordens in China, erwähnte namentlich eine jüngst entdeckte Stele, die sich als ganz außerordentlich wichtig entpuppen sollte. Auf dieser im Jahre 1623 bei Straßenarbeiten nahe der Stadt Sian-Fu zufällig zutage gekommenen Stele befand sich eine zweisprachige Inschrift auf Syrisch & auf Chinesisch. Diaz zufolge handelte es sich dabei um eine Inschrift aus dem Jahre 781 nach der Geburt unseres Herrn, & die folglich das Vordringen der Nestorianer nach China in jener Zeit belegte. Dass Christen, und seien es auch syrische, so früh im Herzen des chinesischen Reiches zugegen gewesen sein sollten, begeisterte Kircher in allerhöchstem Maße. Er befand es nicht für nötig, mir zu erklären, warum ihm das so entscheidend erschien, aber ich bezweifelte keine Sekunde, dass dieser Brief ihn bei der Erstellung einer Doktrin vorangebracht hatte, an welcher er Tag um Tag feilte.
    Neben diesem Brief enthielt die Post auch diverse Sendschreiben von Johann Adam Schall von Bell, der am Hofe des Kaisers Chung-Chen mit der Reform des Kalenders betraut war, von dem Maler Johann Grueber, von Michal Piotr Boym und anderen ebenso berühmten Missionaren: Alle enthielten überbordend viele wundersame Nachrichten aus diesem Lande. Es war in ihnen immer wieder die Rede von magischen oder metamorphischen Bergen, die also in der Lage waren, ihre Gestalt oder gar ihren Ort zu verändern; von Meeresdrachen & äußerst seltenen Tieren, dämonischen Götzenbildern, von Monumenten & unüberwindlichen Mauern. Auch betonten die Missionare stark die Macht & das Alter des chinesischen Reiches. Es faszinierte sie, dass ein von den unsrigen so verschiedenes Volk auf zahlreichen Gebieten so fortgeschritten & dennoch in der schändlichsten Götzenverehrung befangen sein konnte. Dem Pater, der die Ladung auf dem Schiffe begleitet hatte, war es gelungen, eine Pflanze mit Namen »Ananas« unversehrt mitzubringen; ihre Frucht dünkte Kircher ungemein köstlich. Das unter der Schale enthaltene Fruchtfleisch ist ein wenig faserig; doch im Munde zerfließt es zu lauter süßem Saft. Es hat zudem einen so würzigen und nur ihm selbst eigenen Geschmack, dass jene, die ihn erschöpfend zu beschreiben gesucht haben, dabei aber keinen wirklichen Vergleich heranziehen konnten, sich auf das Beste an Aubergine, Aprikose, Erd- und Himbeere, an Muskatellertrauben & Reinetten berufen haben, um am Ende dennoch zu gestehen, dass die Frucht darüber hinaus noch einen ganz bestimmten Geschmack hat, welcher sich nicht beschreiben lässt und sie doch ganz von allen anderen sondert.
    All dieses & dazu noch die fortwährenden Verfolgungen, denen die jesuitischen Missionare bei der Verbreitung des christlichen Glaubens ausgesetzt waren, überzeugte meinen Meister davon, sich ihnen anzuschließen. Zu Beginn des Jahres 1640 bat er den Generaloberen des Ordens um die Erlaubnis, nach Fernost zu reisen und sich der Bekehrung der Chinesen zu widmen. Die Vorstellung, mein Leben Gott & der Kirche zu weihen, begeisterte mich ebenso wie Athanasius, doch die Vorsehung entschied es anders: Auf persönlichen Befehl des Papstes, der die Nähe eines derart schätzenswerten Mannes keinesfalls entbehren wollte, wurde Kirchers Gesuch ablehnend beschieden. Trotz seiner, wie er mir anvertraute, großen Enttäuschung fügte Anthanasius sich willig der Anordnung seiner Oberen & interessierte sich fortan nur umso

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