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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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einen Fluch zwischen den Zähnen hervor, dann beugte er sich über die Reling:
    »Hierher, ihr zwei!«, rief er Mauro und Elaine zu. »Detlef hat was abgekriegt, ihr müsst sein Bein abbinden! Schafft euren Arsch hierher, verdammt nochmal!«
    Dann rannte er weiter. Der metallene Schiffsrumpf schepperte rings um ihn herum, als wollte das Boot gleich auseinanderbrechen.
    »Langsamer, du Wahnsinniger!«, schrie er, als er ins Steuerhaus stürmte. »Maschinen aus!«
    Und da Yurupig wie erstarrt am Steuerruder stand und keine Anstalten machte, sich zu rühren, drückte er selbst den Gashebel hinunter.
    Das Schiff glitt langsamer werdend weiter.
    »Wo ist Hernando?«, fragte Petersen, indem er den Feuerlöscher aus der Halterung nahm.
    Fast im selben Moment entdeckte er den Körper des Paraguayers: Er lag ein wenig weiter hinten, im Halbdunkel, erstaunt ins Leere blickend, mit durchgeschnittener Kehle.
    »Das darf doch nicht wahr sein …«, stotterte Herman, dem übel wurde. »Bist du wahnsinnig geworden, verdammte Scheiße? Bist du wahnsinnig geworden?«
    Yurupig drehte sich zu ihm um, starrte ihn nur ein paar Sekunden lang an, ein Priester in Trance, ein Irrer am Rande des Durchdrehens.
    »Darüber reden wir noch!« Petersen hasste ihn umso mehr, als er sich vor ihm fürchtete. »Erst mal langsame Fahrt voraus, verstanden?«
    Wieder auf dem Hinterdeck, wickelte er sich einen alten Lappen um die Hand, bevor er die Falltür zum Schiffsbauch öffnete. Der jähe Zustrom von Luft fachte das Feuer, das darunter schwelte, an, und die Flammen brachen heftig hervor, aber Petersen hielt mit dem Feuerlöscher darauf, bis sie erstickt waren.
Ein Glück, dass das alte Ding überhaupt noch funktioniert …
    »Gut, das wär schon mal was«, murmelte er.
Gleich die Tanks untersuchen, sobald sich der Qualm verzogen hat … Und jetzt nach Detlef schauen. Ziemlich schlecht beieinander, falls man mich fragt.
    Da fiel ihm Miltons Körper ein, von den Kugeln zu Boden geschleudert. Er hatte genug Leichen gesehen, um die verrenkte Position des Todes zu erkennen.
Der ist hinüber, der kann warten …
    »Herman!« Mauro kam ihm schreiend entgegen.
    »Was denn noch?«
    »Ein Leck! Kommen Sie, schnell!«
    Petersen folgte ihm rasch bis zum Niedergang unter Deck. Auf einen Blick erkannte er das Ausmaß des Schadens: Die Offiziersmesse stand schon bis an die Tischplatte unter Wasser.
    »Die Arschlöcher, diese verfluchten Arschlöcher! Das hat uns noch gefehlt …«
    »Los schon!«, trieb Mauro ihn an. »Wo sind die Pumpen?«
    »Zu spät, das kriegen wir nie abgepumpt … Wir müssen das Schiff ans Ufer bringen, und zwar sofort!«
    »Und Schwimmwesten?« Der junge Mann hielt ihn am Arm fest.
    »Keine an Bord! Sag den anderen Bescheid und lass mich machen!«
    Zurück im Steuerhaus, übernahm Petersen das Steuerruder von Yurupig und suchte die Ufer voraus ab: Das rechte war auf dieser Höhe des Rio Paraguay ein endloser Sumpf, nichts als Gebüsch und Wasserpflanzen, vollkommen unbrauchbar; auf der gegenüberliegenden Seite hingegen, höchstens hundert Meter voraus, deutete ein weißer Schimmer im Wasser auf eine Sandbank hin, dicht bei den Uferbäumen. Herman berechnete fieberhaft den besten Winkel, kurbelte am Ruder, beschleunigte, um das Schiff in die entsprechende Richtung zu zwingen. Doch es war zum Manövrieren bereits zu schwer und reagierte so langsam, dass er den Hebel auf volle Fahrt schob und direkt auf die Sandbank zuhielt.
     
    Als Petersen sie beide zu Hilfe gerufen hatte, stand Elaine noch unter Schock; in Mauros Armen kauernd, driftete sie dahin, ließ sich von einer unzusammenhängenden Bilderflut betäuben und nahm nur eines wahr, ihren zwischen den Beinen eingenässten Rock. Detlefs Name, dazu das Wort »abbinden«, wirkte wie zwei wohlgezielte Ohrfeigen; sofort war sie auf den Beinen und rannte zur Leiter, sie handelte instinktiv, aber entschlossen.
    »Wir brauchen die Erste-Hilfe-Ausrüstung!«, bat sie Mauro nach einem ersten Blick auf Detlefs Bein. »Im Kartenschrank! Bitte, schnell!«
    Ohne ihn weiter zu beachten, knöpfte sie sich die Bluse auf, schlüpfte aus einem Ärmel, und mit einem Ruck, wie ihn nur Frauen fertigbringen, zog sie ihren BH heraus. Diese improvisierte Binde schlang sie um Detlefs Oberschenkel, recht weit oben unter dem Bein seiner kurzen Hose, und zog an, bis die pulsierende Fontäne versiegte, die eine rote Lache unter ihm gebildet hatte.
    »Das wird schon wieder.« Sie nahm Detlefs Hand.
    Mit

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