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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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Mondbewegungen gab, in Form eines »Drachen mit Mondknoten«, dank dessen man sämtliche Mondphasen und -finsternisse vorausberechnen kann, zeigt er die Figur des »Proteus sciathericus«, auf dessen Körper alle Verbindungen zu den Sternbildern & zu jeder Krankheit gezeigt werden sowie zu den sympathetischen Arzneien, welche zu ihrer Heilung geeignet sind.
    Zum Abschluss ziert mein Meister sein Werk mit einem glänzenden Kapitel über die symbolische Metaphysik des Lichts & krönt seine Bemühungen durch eine neue Philosophie & durch Hinweise auf die unvergänglichen Wahrheiten unserer Religion.
    Wenn ich mir hier die Mühe mache, den Inhalt dieser
Großen Kunst des Lichtes & des Schattens
aufzuzeigen, so gewiss nicht wegen meiner aufgeklärten Leser, die bestens mit dem Werk vertraut sind, sondern um den Jüngeren unter ihnen ein Exemplum zu geben, die mit Kircher wenig oder gar nicht vertraut sind, mit seinem ungeheuren Wissen in allen Dingen & seiner so typischen Art & Weise, die größten Themen auf nützliche & angenehme Weise darzustellen. Mein Meister ließ nie irgendeinen Teil der Welt aus, und ob er sich nun dem Licht, Ägypten oder irgendeinem anderen bestimmten Thema zuwandte, musste er unweigerlich jedes Mal das gesamte Universum erfassen, um schließlich dessen Schöpfer ob all der Wunder höchlichst zu loben.
    Gleich nach Veröffentlichung erlebte dieses Buch den größten Erfolg. Kein Wort war groß genug, um die Bewunderung der Gelehrten auszudrücken, die sich an ihm ergötzten wie an einer Leckerei. Exemplare des Werkes wurden an sämtliche Jesuitenmissionen in aller Welt versandt.
    Indessen war ich selbst verwundert ob des Frontispizes, dessen Subtilitäten sich mir nicht recht erschließen mochten, und so überraschte ich Kircher in seinem Kabinett. Wie üblich empfing er mich wohlwollend, & er unterbrach seine Arbeit, um mir diese wundersame Allegorie zu erläutern, die der Burgunder Pierre Miotte in seinem Auftrage gestochen hatte.
    Ich gestand Kircher, ich verstünde wohl manche der gezeigten Symbole, hätte aber Schwierigkeiten, sie miteinander zu verbinden, & so könnte ich den tieferen Sinn des Bildes nicht erfassen.
    »Nimm doch Platz«, lud mein Meister mich gemütlich ein, »hier gibt es nichts Geheimnisvolles: Ein wenig mehr Bemühung hätte dir das Zauberding gewiss erschlossen. Doch schenke uns zunächst ein Glas von dem guten Burgunderwein ein, den mir der wackere Père Mersenne geschickt hat, vielleicht wird er deinen Geist erhellen – es sei denn, er vernebelt ihn vollends …«

Fazenda do Boi
    Ein Aufreißerwagen.
    »So, hier ist es«, sagte die Gräfin an der Tür eines großen, hundert Meter vom Haupthaus entfernt liegenden Gebäudes, bevor sie verschwand. »Ich überlasse Sie den Krallen meines Mannes. Doch halten Sie sich aus seinem Spiel heraus«, warnte sie sie lächelnd, »sonst sind Sie verloren. Bis später, hoffe ich.«
    Mit einem kurzen, komplizenhaften Zwinkern zu Loredana wandte sie ihnen den Rücken zu und ging.
    »Also, wie findest du sie?«, fragte Eléazard. »Sympathisch, oder?«
    »Kurios, würde ich eher sagen«, meinte Loredana, ohne sich ganz im Klaren darüber zu sein, was sie tatsächlich von ihr hielt. »Einen guten Zug hat sie jedenfalls schon mal … Und dass sie mir keine Liebeserklärung gemacht hat, war schon mal alles! Das war knapp, ein Glück, dass du dann mit dem Champagner gekommen bist, ich wusste gar nicht mehr, was ich machen sollte.«
    Und während Eléazard erstaunt die Augenbrauen hochzog, schalt sie sich selbst, dass sie das Verhalten der Gräfin ihr gegenüber so unchevaleresk beschrieben hatte; muss man denn immer die anderen übertrumpfen, sich mit einem pointierten Satz über sie erheben, nur weil sie uns verwirren und wir nicht wissen, welche Bedeutung wir diesem Gefühl zuschreiben sollen! Sie lenkte rasch ein:
    »Was erzähle ich da … In Wirklichkeit kann ich sie gut leiden. Sehr gut sogar … Sie hat mich gebeten, ihr Italienisch-Unterricht zu geben, und ich glaube, das werde ich tun. Was meinst du?«
    »Warum nicht?« Eléazard warf einen Blick ins Innere der Garage. »Wenn du willst, kannst du sie bei mir zu Hause treffen. Gehen wir rein?«
    »Ja, gut«, nickte sie zerstreut.
    Zu den Zeiten, da der Vater von José Moreira noch Rohrzucker herstellte, war dies das Herz seiner Fazenda gewesen: ein weitläufiger, kreisrunder Bau, in dem zwei doppelte Ochsengespanne ununterbrochen eine Mühle mit großen vertikalen

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