Wo Tiger zu Hause sind
übernimmt …« Und er wandte sich an Eléazard: »Monsieur von Wogau, Sie als Journalist, sagen Sie selbst, habe ich nicht recht?«
Eléazard blickte ihn wortlos an; die Verachtung schwitzte ihm aus allen Poren. Beim Schlafittchen packen müsste man diesen widerlichen Zyniker, ihm gründlich die Meinung sagen, ins Gesicht spucken müsste man ihm! Die Wörter purzelten ihm bunt durcheinander durch den Sinn, ohne auf die Zunge zu gelangen; ihm war klar, es hatte keinen Zweck, einen Skandal anzuzetteln; aber um des lieben Friedens willen zuzustimmen, das brachte er auch nicht über sich, also schwieg er, schwankend, schwieg mehr aus Wut als aus Höflichkeit.
Loredanas Bemerkung hallte wie ein Peitschenschlag in die Stille:
»An dem Tag, wo die Bettler Gabeln haben, wird man ihnen Brei austeilen …«
Nach kurzer Verblüffung beschloss der Gouverneur zu lachen, dem Beispiel von Euclides folgend, der gedämpft applaudierte.
»Nicht übel!« Moreira zog eine böse Grimasse. »Gar nicht übel. Und kennen Sie diesen? Was sagt ein blinder Bettler, wenn er den Wagen eines Reichen betastet? … Oh mein Gott!« Er imitierte den näselnd-klagenden Tonfall der Bewohner des Nordeste. »Ist das aber ein kleiner Autobus!«
Eléazard biss die Zähne aufeinander, ganz und gar darauf konzentriert, sein Gesicht unbewegt zu lassen. Hier und da war zwar ein höfliches Lächeln zu sehen, aber insgesamt schaute man eher befangen ins Leere. Wütend auf Eléazard und Loredana, suchte der Gouverneur nach einer Anekdote, mit der sich die Situation entspannen ließe, da kam sie ihm zuvor:
»Würden Sie wohl eine Runde mit mir fahren?«, fragte sie fröhlich. Und streichelte den geschwungenen Kotflügel des Panhard: »Ich sterbe vor Lust darauf …«
José Moreira starrte sie an, als wollte er erkunden, ob sie das ernst meinte. Geschmeichelt davon, was er in ihrem Blick zu lesen meinte, öffnete er den Schlag und bat sie, Platz zu nehmen:
»Aber nichts lieber als das, junge Frau. Verzeihen Sie mir, dass ich Sie kurz allein lasse, aber der Wunsch einer Dame, nicht wahr … In einem Viertelstündchen sind wir wieder da, machen Sie es sich solange bequem.«
Sobald er hinterm Steuer saß, schnurrte der Motor los, der Wagen setzte kurz nach hinten und rollte sodann leise zur Ausfahrt. Aufblitzen der Scheinwerfer, ein kurzes, klangvolles Hupen, und er verschwand im Dunkeln.
Eine gewisse Unschlüssigkeit folgte auf den Abgang des Gastgebers und seiner launenhaften Passagierin. Sichtlich über die Unhöflichkeit des Gouverneurs verärgert, beschlossen die Japaner, sich zurückzuziehen. Ihr Betreuer übersetzte eine ganze Leier von blumigen Abschiedsworten, dann trottete er hinter ihnen her, die Lippen zusammengekniffen, den Kiefer angespannt. Amerika verhandelte halblaut mit sich selbst, Eléazard und Euclides links liegenlassend.
»Verurteilen Sie sie nicht vorschnell!« Der Arzt legte seinem Freund die Hand auf den Arm. »Eifersucht – übrigens, ich verrate es Ihnen in Klammern: genauso wie Verzweiflung – ist ein Genuss, den man sich versagen muss. Außerdem würde ich meinen, unsere gute Loredana weiß genau, was sie tut, und wenn Sie meine Meinung hören wollen, der alte Knacker hat noch nicht ausgelitten …«
Eléazard schien in eine meditative Betrachtung seiner Schuhspitzen vertieft. Nicht nur, dass er sich bitter gedemütigt fühlte, der ironisch triumphierende Blick, mit dem Moreira ihn bedacht hatte, als er den Rückwärtsgang einlegte, war eine schwere Beleidigung gewesen. Er wusste nicht, was er hoffen, worum er in all seiner Getroffenheit bitten sollte, und so brauste er innerlich auf. Sie war ihm schließlich nichts schuldig. Wenn sie mit diesem Typen schlafen wollte, bitte schön … So eine Schlampe! Eine kleine Idiotin, die nichts, aber auch gar nichts begriff. Eine dumme Kuh, eine billige Hure!
Aber ihm war klar, dass er sich selbst runtermachte, indem er sie so in den Schmutz zog, und dass der alte Euclides recht hatte.
»Gut, wir gehen dann auch«, meinte einer der Amerikaner, derjenige, dessen harmlose Bemerkung das Glaubensbekenntnis des Gouverneurs ausgelöst hatte.
Er verabschiedete sich von allen, jedenfalls von denen, die er nicht für Domestiken hielt, sein Begleiter desgleichen, und sie gingen.
So blieben nur noch die beiden Modeltypen, die Euclides seinem Freund als Mitarbeiter des Pentagons hingestellt hatte.
»Henry McDouglas«, der eine trat mit ausgestreckter Hand auf sie zu
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