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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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auf der Halbinsel hier …«
    Ein unmerklicher Schatten trübte kurz den Blick des Amerikaners, aber nichts sonst konnte die aufrichtige Wirkung seiner Reaktion in Frage stellen:
    »Eine Militärbasis? Das wäre mir neu. Sie sehen, Sie wissen deutlich mehr als ich … Hast du von so was gehört, Matt?«
    »Absolut nichts.« Der andere verzog nichtsahnend das Gesicht. »Ist ja interessant. Darf man erfahren, was das sein soll?«
    »Ein Gerücht, mehr nicht«, sagte Eléazard, »ein Projekt, an dem die Vereinigten Staaten beteiligt sein sollen; ich habe davon auf Flugblättern gelesen, die ein Kandidat der Arbeiterpartei verteilte. Die einen meinen, es wird eine strategische Raketenbasis, die anderen reden von einer Rüstungsfabrik, aber alles ohne handfeste Beweise. Wahlkampftypische Desinformation wahrscheinlich …«
    »Antiamerikanische Propaganda«, lächelte McDouglas, »man kennt dergleichen. So langsam finde ich das ärgerlich, wissen Sie … Diese Witzbolde spielen mit dem Feuer: An dem Tag, da unsere Wirtschaft zusammenbrechen sollte, gebe ich keinen Pfifferling mehr auf Brasilien, auf Lateinamerika und auf die ganze westliche Welt! Glauben Sie, die Sozialisten haben bei der kommenden Wahl eine Chance?«
    »Man muss schon sagen, Sie kommen streng logisch von einem Thema zum anderen«, scherzte Eléazard. »Aber um Ihre Frage zu beantworten: nein, so gut wie keine. Vielleicht ein paar Parlamentssitze, und selbst das … Moreira bleibt Gouverneur des Maranhão, und alles läuft weiter wie gehabt.«
    »Das klingt, als würden Sie das bedauern …«
    »Sie offenbar nicht«, erwiderte Eléazard ein Spürchen aggressiv. »Ich persönlich leiste mir die Schwäche, noch dem einen oder anderen altmodischen Ideal anzuhängen. Zum Beispiel der Überzeugung, dass Korruption, Nepotismus und die Bereicherung einiger weniger auf Kosten der Mehrheit nichts Normales sind, auch wenn sie sich auf eine zehntausendjährige Vorgeschichte stützen können. Ich glaube, dass die Armut nichts Schicksalsgegebenes ist, sondern ein gewolltes, planmäßig am Leben gehaltenes Phänomen, etwas Unmenschliches, das aber für den Wohlstand kleiner, skrupelloser Kreise Voraussetzung ist … Nur allzu gern vergisst man – was ja kein Wunder ist –, dass der Lauf der Dinge von Einzelnen beeinflusst wird, von ihren Entscheidungen oder ihrer Verweigerung in ganz konkreten Fragen. Genau das ist Macht; wenn es anders wäre, würde sie niemanden interessieren, das ist Ihnen genauso klar wie mir. Und diese Männer, ich meine die Machthabenden, die sehe ich als verantwortlich für die herrschenden Zustände an!«
    »Ah ja«, lachte der Amerikaner mokant, »so langsam verstehe ich, warum der Gouverneur Sie nicht besonders leiden kann …«
    »Das beruht auf Gegenseitigkeit, glauben Sie mir.«
    »Denken Sie denn wirklich, ein anderer an Moreiras Stelle könnte es besser machen?«
    »Sie begreifen nicht! Die Menschen sind nicht austauschbar, niemals! Es braucht nur einmal ein Anständiger zu kommen, einer, der kein Technokrat oder nicht auf den eigenen Vorteil aus ist, auch kein Heiliger oder irgendein Guru, und dieser Eine wird mehr Gutes bewirken als ganze Generationen professioneller Politiker vor ihm. Es mag Ihnen ja träumerisch vorkommen, aber es gibt auch rechtschaffene Leute – oder Verrückte, wie Sie wollen –, Leute, die schlicht und einfach integer sind und sich weigern, sich der Wirklichkeit ›anzupassen‹, sondern so handeln, dass sie die Wirklichkeit ihrer Verrücktheit gemäß gestalten …«
    Er hielt inne, denn die Mechaniker eilten an ihre Plätze zurück. Kurz darauf, im selben Moment, als man sein Schnurren hörte, erschien der Panhard in der Garageneinfahrt und rollte exakt auf den Platz, wo er zuvor gestanden hatte.
    Moreira trug die feindselige Miene eines Mannes zur Schau, dem es nur mit Mühe gelingt, seine Wut zu unterdrücken. Sobald er ausgestiegen war, ließ er seine Gereiztheit an dem Mechaniker aus, der sich bereits mit einem Lappen an den vielen kleinen Schlammspritzern auf der Windschutzscheibe zu schaffen machte: Der Wagen ziehe nach links, ab achtzig Stundenkilometern gebe es da so ein komisches Sirren; das gehöre abgestellt, und zwar ein bisschen plötzlich, er, Moreira, bezahle ihn schließlich nicht fürs Däumchendrehen, er habe sowieso den Kanal voll von diesen dämlichen
Mulatos
 …
    »Und, wie war es?«, erkundigte sich McDouglas bei Loredana, weniger aus Interesse, als um seine Verlegenheit

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