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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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dass sein Kind ins Massengrab geworfen würde. Sich auf die Mutterliebe berufend, meinte er, Mutter und Kind dürften auch im Tode nicht getrennt sein, & so nahm er die kleine Leiche in den Arm, entschlossen, sie in denselben Sarg zu betten wie seine Gattin.
    Seine Freunde ließen ihn alleine ziehen, sie fürchteten die Ansteckung & hielten ihn für verrückt. Auf dem Friedhof dann ließ er sich das frische Grab seiner Geliebten weisen, griff eine Schaufel und machte sich daran, die Tote auszugraben und so die Trauer durch Arbeit zu stillen.
    Als das Metall auf Holzplanken traf, beendete er die Schreckensarbeit mit bloßen Händen, immer schneller, als wollte er nicht eine Begrabene exhumieren, sondern eine Gefangene erretten, die es in die Freiheit drängte. Endlich öffnete er den Deckel des Sarges. Welch Entsetzen erwartete ihn: Die Hand seiner Frau schnellte am erstarrten Arm aus dem Sarg und schlug ihm ins Gesicht! Wie es an diesen Tagen voller Entsetzen & Hast leider so oft geschah, war Gräfin Karnitz lebendig begraben worden … Als sie in der Finsternis zu sich kam, hatte die Unglückselige bis aufs Blut das Holz bearbeitet, um einem grässlichen Tod zu entgehen, & ihr Körper hatte sich in dieser letzten, verzweifelten Anstrengung, zum Lichte zu gelangen, wie ein Bogen gespannt.
    Von Entsetzen getrieben, rannte Graf Karnitz von dannen. Als man ihn fand, hatte er den Verstand verloren.

Mato Grosso
    Um absichtsvoll den anderen Weg einzuschlagen.
    Irgendwann abends kam Detlef wieder zu Bewusstsein. Elaine schrak zusammen, als seine Stimme plötzlich von der Trage her zu hören war:
    »Monsieur und Madame Zeblouse haben eine Tochter. Wie heißt sie?«
    »Detlef!«, rief Elaine und kniete sich neben ihn. »Jetzt hast du mich aber erschreckt …«
    »Antworte, wie heißt sie?«
    »Keine Ahnung, Detlef. Es ist mir offen gesagt auch ziemlich egal.«
    »Agathe«, sagte er und lächelte matt.
    »Tut mir leid, mir ist das auch zu hoch«, entschuldigte sich Petersen. »Wie geht’s dir, Amigo?«
    Ein Schatten zog kurz über das Gesicht des Geologen. Seine Wangen glänzten fiebrig, aber er hatte klare Augen und schien wieder ganz und gar bei sich zu sein.
    »Mir geht’s wie John Silver …«
Eine radikale Art und Weise abzunehmen. Fünf Kilo, zehn Kilo? Wie viel wog ein Bein?
, dachte er.
    »Es ging nicht anders.« Elaine nahm seine Hand. »Der Wundbrand hat zu schnell um sich gegriffen.«
    »Ich weiß, mach dir keine Gedanken. Ich war innerlich schon darauf vorbereitet. Na ja, fast … Wie ist es abgelaufen, hast du die Entscheidung getroffen?«
    »Nein, Herman hat mir klargemacht, dass es sein musste. Er hat alles in die Hand genommen, er hat dich gerettet, er allein …«
    Kurz wirkte Detlef perplex, als rätselte er über Petersens Motive.
    »Danke, Herman«, sagte er dann schlicht.
    Dass er es auf Deutsch sagte, drückte mehr Anerkennung aus als der Satz selbst. Petersen war gerührt, er stotterte ein wenig:
    »Keine Ursache, Sie hätten dasselbe auch für mich getan.«
    »Wo steckt Mauro?«
    »Ich bin hier.« Der junge Mann trat in sein Gesichtsfeld. »Sie haben uns ganz schön Angst gemacht, muss ich sagen.«
    »Ach, mich wird man nicht so leicht los, davon können meine Studenten ein Liedchen singen. Außerdem habe ich schließlich vor, nächstes Jahr wieder hierherzukommen …«
    Er glaubte selbst nicht recht daran, und keiner von den anderen war so unsensibel, einen Zweifel zu äußern.
    Detlef musterte sie reihum. »Ihr seht alle ganz schön mitgenommen aus. Ihr müsst euch ausruhen, sonst haltet ihr nicht mehr lange durch.«
    »Das war ja auch ein harter Tag«, meinte Elaine, ins Leere starrend. »Wir patschen hier am Rand des Sumpfes herum, das ist nicht leicht. Und dabei muss ich noch nicht mal tragen …«
    In Wirklichkeit dachte sie an nichts anderes als an die Amputation und an die Sorge, die ihr regelrecht Bauchweh gemacht hatte.
    »Ach, wir haben den Sumpf erreicht?«
    »Ja, Amigo«, antwortete Petersen. »Sie waren nicht bei sich, als es so weit war, und da ist uns aufgefallen, wie es um Sie stand.« Er schien kurz zu zögern. »Wir müssen uns jetzt mal ernsthaft unterhalten … Das schaffen wir nie, unter diesen Bedingungen. Ich meine mit Ihnen, und außerdem …«
    »Fängt er schon wieder damit an.« Mauro war entnervt und wütend. »Ich dachte, das hätten wir geklärt.«
    »Lass ihn bitte ausreden, Mauro«, sagte Detlef. »Ja, Herman?«
    »Mein Vorschlag wäre dieser: Ich bleibe

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