Wo Tiger zu Hause sind
vergießen.
Durchscheinendes Leinenkostüm, Buchsholzperlen auf der getönten Haut, strenger Haarknoten und Pfennigabsätze. Ein Mädchen, für das man sämtliche Heilige von Bahia verfluchen könnte! Wirklich mal was anderes als die Frauen aus dem Nordeste, diese plumpen Dinger …
»Ihr Kaffee, Colonel.« Der Stimme war Verunsicherung anzumerken, die Verwirrung, auf einmal von den Blicken des Gouverneurs ausgezogen zu werden.
»Hierhin bitte.«
Anita sah sich gezwungen, den Tisch zu umrunden, um das Tablett am angewiesenen Ort abzustellen. Der Colonel spürte, wie ihr Körper seine Schulter streifte. In der Sekunde, als sie gehen wollte, ließ er die Hand unter ihren Rock gleiten.
»Nein … bitte nicht, Herr Gouverneur …« Sie deutete eine Bewegung an, um sich loszumachen. »Bitte … nicht …«
Die Hand auf ihrem Schenkel, reglos wie ein Jagdhund, der seine Beute gestellt hat, hielt er sie fest im Griff und spürte genüsslich, wie die junge Frau erstarrte und ihr Schauder des Entsetzens über die Haut liefen.
Das Klingeln des Telefons riss sie beide aus diesem versteinerten Ringen. Ohne den Griff zu lockern, nahm der Colonel mit der freien Hand ab.
»Ja? Nein, Liebling … Ich weiß nicht, wann ich frei sein werde. Aber wenn du willst, schicke ich dir den Fahrer …
Plötzlicher Zugriff zwischen den Beinen, schwellende Lippen, nachgiebige Frucht des Mangobaums
… Bitte stell dich nicht an … Natürlich liebe ich dich, auf was für Ideen du nur immer kommst …
Humusfeuchte, Dschungel des Geschlechts, schwammweich unter den knetenden Fingern
… Aber ja doch, Liebling, das verspreche ich dir … Mach dich hübsch, es kommen Leute … Ja, erzähl, ich höre. Ich sag doch, ich höre, so nimm doch Vernunft an, Herrgott!«
Tränen in den Augen, vorgebeugt wie für eine polizeiliche Visitation, starrte Anita verzweifelt auf die Büste, die vor ihr stand.
Antônio Francisco Lisboa
…
Antônio Francisco Lisboa
… Mit einer absurden Empfindung von Dringlichkeit las sie wieder und wieder den in den Gips geschnittenen Namen, berauschte sich daran wie an einem Exorzismus, der imstande wäre, sie zu reinigen.
3 . Kapitel
Durch welch glückliche Wendung Kircher in die Provence gelangt; welchen Persönlichkeiten er dort begegnet & wie er seine ersten Erfolge erringt.
K aum hatten wir im Collegium von Mainz sicheres Obdach erlangt, schon beschlossen die Oberen unsres Ordens, Athanasius Kircher fortzusenden, fern des Krieges und der deutschen Staaten. Diese Gunst verdankte er einzig seinem Rufe, der allbereits beträchtlich war, sowohl innerhalb unseres Ordens wie auch bei den gelehrten Gesellschaften der ganzen Welt. Man versah ihn mit einem Empfehlungsschreiben für das Collegium von Avignon, & mir wurde zuteil, ihn als Privatsekretär zu begleiten.
In Paris, wohin wir ohne weiteres Ungemach gelangten, empfingen uns die Jesuiten des Collegiums an der Place Royale mit offenen Armen. Hier sollte Kircher mit einigen Gelehrten zusammentreffen, mit denen er seit etlichen Jahren in Korrespondenz stand: Henry Oldenburg, Erster Sekretär der Royal Society in London, der sich auf der Durchreise in Paris befand, den Herrn La Mothe Le Vayer & den Franziskanerpater Marin Mersenne. Mit diesem Letzteren führte er lange Dispute über allerlei Fragen, die weit über meine Begriffe gingen. Er gewahrte dort auch Monsieur Pascal, der ihm als ein Mathematiker ohnegleichen erschien, aber auch als ein recht trauriger Herr & dessen Glauben ein gewisser Schwefelruch anhaftete. Ebenso Monsieur Descartes, Apostel der Neuen Philosophie, der bei ihm einen gemischten Eindruck hinterließ.
Desgleichen begegnete er Monsieur Thévenot de Melquisedeq, welcher nach China gereist war & von dort eine maßlose Vorliebe für orientalische Philosophien mitgebracht hatte. Fasziniert von Kirchers Wissen in dieser schwierigen Materie, lud er ihn auf einige Tage in das Désert du Retz ein, seine Besitzung in der Nähe von Paris. Mir wurde seine Begleitung nicht gestattet, & so ist mir verwehrt, davon zu berichten, umso mehr, als Athanasius in diesen Dingen stets sehr verschlossen blieb. Doch unter dem Vorwand der Religion oder Gott weiß welcher Chinoiserien musste mein Meister dort einigen Darbietungen beiwohnen, von denen zu sprechen der Anstand mir verbietet, denn jedes Mal, wenn er ein Beispiel für den menschlichen Hang zur Ausschweifung oder für die Exzesse suchte, zu denen Götzenverehrung oder Unwissenheit
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