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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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ich vertraue ihr …«
    »Und die Pistole? Hast du ihr von der auch erzählt?«
    Das konnte er doch gar nicht wissen, der blöde Fettwanst … Bescheuert. Egal, das mit der Pistole hatte er für sich behalten. Was hätte sie da denken sollen, hm? Es war nicht in Ordnung, dass er das verschwiegen hatte, aber er wollte ihr vor allem keine Angst machen …
    »Aha … und als du mit deinem Lebensbericht fertig warst?«
    »Dann ist Onkel Zé gekommen. Der hat alles in Ordnung gebracht … Also, er ist ein bisschen
paï de santo
, er kennt sich mit Geistern aus und so. Er hat ihr von Pirambú erzählt, jede Menge über uns, die
faveleiros
. Und ich weiß nicht, wie, aber er hat das Böse von ihr genommen. Sie hat dann immer wieder gesagt, sie würde wiederkommen, sie hätte jetzt begriffen, was sie mit ihrem Leben anfangen will. Ich kenne Zé, er hat das nicht so ganz geglaubt, aber er hat wohl angenommen, dass es gut für sie ist, denn er hat nichts dagegen gesagt, aber ich, ich bin sicher, dass das nicht gelogen war. So, das war’s … Am Morgen drauf hat er sie abgeholt. Beim Weggehen hat sie noch gesagt, sie würde mir die Klamotten wiederbringen, die ich ihr gekauft hab. Ich hatte die ja als Geschenk gedacht, aber ich hab nichts gesagt, weil ich sicher sein wollte, dass sie auch wirklich wiederkommt …«
    Ein Lautsprecher ließ die Luft aus seinen Erinnerungen: Hatten sie etwa beschlossen, ausgerechnet heute alles einzuebnen? Nelson stürzte zur Tür, aber es war nur ein Wahlkämpfer, Megaphon in der Hand, der seinen Mist unter die Leute bringen wollte. Aber weil sie wussten, dass immer irgendwas verteilt wurde, drängelten die Leute sich um seinen Lieferwagen.
    »Wer hat in Goiavera die Bushaltestelle bauen lassen?«, fragte der pockennarbige Typ. »Edson Barbosa junior! Wer kämpft seit vier Jahren dafür, dass in Pirambú Abwasserleitungen gelegt werden? Edson Barbosa junior! Wer hat den Bau der öffentlichen Krankenstation genehmigt? Edson Barbosa junior! Wer hat dem Papst von eurer Situation erzählt, unter vier Augen, wenn ich bitten darf? Edson Barbosa junior, wer sonst! Die anderen Kandidaten versprechen Gott weiß was, aber was tun sie? Nichts! Gouverneur Barbosa ist der Einzige, der sich ein Bein ausreißt, damit ihr ein besseres Leben habt! Und diesmal hat er eine große, eine ganz große Neuigkeit für euch! Wenn ihr wissen wollt, was für eine, dann kommt zur großen Versammlung morgen auf dem Strand der Zukunft! Ich verspreche euch, ihr werdet nicht enttäuscht sein! Und jeder, der eine von diesen Mützen oder ein solches wunderbares T-Shirt trägt, bekommt außerdem einen Korb mit Lebensmitteln! Typisch Edson Barbosa junior! Die Großzügigkeit in Person! Stimmt für ihn und sagt anderen, sie sollen für ihn stimmen, und es wird viele solcher Körbe geben! Ihr werdet gar nicht mehr wissen, wohin damit, so viele wird er euch bringen! Kommt alle zu Edson Barbosa juniors Versammlung, zum Fest von Yemanjá, der Schutzpatronin von Pirambú! Sogar der Gouverneur des Maranhão gibt sich die Ehre! Stellt euch das vor! José Moreira da Rocha höchstselbst unterstützt euren Kandidaten! José Moreira da Rocha, der Industrielle, der Milliardär, der mit unserem geliebten Präsidenten so frei redet wie ich hier mit euch! ›Der Wohltäter‹, so wird er genannt, weil er die Favelas von São Luís aufgelöst hat! Das ist kein leeres Geschwätz! Geht hin und schaut selbst, wenn ihr es nicht glaubt: Kein Slum mehr, keine Hütten! Gott soll mir die Cholera bringen, wenn ich lüge! Alle Armen wohnen in Steinhäusern, alle haben Arbeit, alle haben genug zu essen! Und dieser Mann kommt nach Fortaleza, um unseren Gouverneur zu beraten, damit der dasselbe bei uns machen kann! José Moreira da Rocha und Edson Barbosa junior erwarten euch am Strand der Zukunft, eurem Strand, meine Freunde! Morgen schon …«
    Nelson versuchte nicht einmal, in dem Gedränge, das sich um den Schwätzer gebildet hatte, eine von den Mützen zu ergattern. Zitternd vor Erregung hatte er sich in seine Hütte verkrochen. Moreira da Rocha … Der Almanach hatte nicht gelogen …
Laudato seja Deus!
Das Rad seines Schicksals griff wie in einem ordentlich geschmierten Getriebe. Furchterregende Freude berauschte ihn, es war wie ein in seinem Kopf zischender Kessel, er versuchte, sich zu beruhigen, indem er die Fotos des Gouverneurs in Fetzen zerriss.
    »Nur weil die Kommunisten in der UDSSR nichts Ordentliches zustande gebracht haben«, hatte

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