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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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höchsten Berge der Erde gefunden, in Asien, Afrika und beiden Amerikas. Wie erklärt Ihr deren Vorkommen so fern von ihrem angestammten Elemente?«
    »Ich weiß nicht … Man muss sie aus irgendeinem Grunde dorthin gebracht haben … oder aber das Meer stand in sehr früher Vorzeit so hoch, dass … Mein Gott, ich glaube, ich weiß es! War es etwa die Sintflut?«
    »Wohl gesprochen! Hatte ich Euch nicht gesagt, Ihr würdet es Euch selbst erschließen, sofern Ihr nur einen Gegenstand habt, der geeignet ist, Euren Verstand voll und ganz spielen zu lassen? Die Sintflut, genau. Denn anders ist das Vorhandensein von so vielem Wassergetier auf den Gipfeln nicht erklärbar. Hier liegt ein ganz offenkundiges Verhältnis von Ursache und Wirkung vor, bestätigt durch die Bibel, jedoch ebenso durch alle späteren Texte, welche von jener furchtbaren Katastrophe berichten. Ich denke namentlich an Plato, der uns in den Dialogen des Kritias und des Timaios den Untergang von Atlantis schildert, doch auch an vielerlei Traditionen, die von der Sintflut handeln, obgleich verformt. Dem Bericht von Pater Roth zufolge bestätigen die Brahmanen sie in ihren Ritualen, & nicht anders die Zarathustra-Priester im Königreich Persien; Pater Walter Sonnenberg, der sich in Manila aufhält, berichtet es von allen Völkerschaften Asiens; der heilige Franz Xaver von den Negern in Malakka; Valentin Stansel von den Tupinambu in Brasilien; Alejandro Fabián von den Mexikanern; Lejeune & Sagen von den Huronen Kanadas … Denn Gott hat gewollt, dass all diese Völker, wiewohl tief in ihrem Götzendienst befangen, die Erinnerung an jene Strafe bewahren, welche die Menschen ob ihres Ungehorsams traf. Diese Beweise sind mehr als hinreichend; genügten sie dennoch nicht, so habe ich hier etwas, das auch noch den verstocktesten Ungläubigen überzeugen müsste …«
    Kircher öffnete einen kostbaren Schrein, schlug die Stoffe, die den Inhalt verhüllten, behutsam auseinander & legte so ein sehr altes Stück Holz frei.
    »Dies auf den ersten Blick so unspektakuläre Stück Zedernholz hat Pater Boym bei seiner Reise durch Armenien von einem uralten Schiffswrack mitgenommen, das er auf dem Gipfel eines Berges fand, welchen die Völker jenes Landes den Ararat heißen …«
    »Der Ararat? Wollt Ihr andeuten, es handele sich …«
    »Um ein wahrhaftiges Stück von der Arche Noah … ja, mein junger Freund! Von jener Arche, die das Wunder der Welt war, das Kondensat des Kosmos, der Fundus aller lebendigen & fühlenden Natur, die Zuflucht einer Welt, die dabei war zu vergehen, & der glückliche Vorschein einer Welt, die neu geboren werden sollte. Erinnert Euch! Ihre Länge betrug zehnmal ihre Breite, exakt das Verhältnis eines Menschen mit ausgebreiteten Armen, besser gesagt, eines Gekreuzigten! Das Holz der Arche ist jenem des Kreuzes vergleichbar: Für Noah wie für Christus war es das Werkzeug des Heils, der Wiederauferstehung, welche dem Menschengeschlechte dargeboten ward … Und die Arche, außerhalb deren es kein Heil geben kann, das ist die Kirche! Wie ein zerbrechliches Schiff in den Fluten der Zeiten & Ketzereien hin und her geworfen, beladen mit Menschen, die in Wahrheit so wild sind wie Löwen, so gefräßig wie Wölfe, so listenreich wie Füchse, die unzüchtig sind wie Schweine & zornmütig wie Hunde, widersteht die Kirche der Sintflut der Leidenschaften & bleibt dank Gottes Willen frei, unversehrt & unbesiegbar …«
    »Wunderbar, das ist wahrhaftig wunderbar!«, rief Pater Neidhardt aus. »Was dünkt Euch, Hoheit?«
    Die Königinmutter, von der ich nicht zu erkennen vermochte, ob sie genügend Latein verstand, um den Feinheiten dieser Konversation zu folgen, antwortete, indem sie ernst den Kopf neigte.
    »So fahre ich fort … Können wir also, wie ich es eben getan, die Wirklichkeit der Sintflut beweisen, nämlich dass sämtliche Landmassen für gut ein Jahr überflutet waren & die menschliche Gattung tatsächlich ausgerottet wurde, bis auf Noah & die Seinen, muss man dann nicht den Beginn der Menschheitsgeschichte auf genau jenen Moment festsetzen, meinen Berechnungen zufolge auf das Jahr 1657 der Schöpfung, also auf das Jahr 2396 vor der Geburt unseres Herrn Jesus Christus?«
    »Ich meine doch …«
    »Dieselbe Schlussfolgerung können wir mit dem Turm zu Babel anstellen, dessen hier ein Bruchstück ist, welches mir Pietro della Valle zum Zeugnis seiner Entdeckung mitgebracht … Die Existenz des Turmes zu Babel zu

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