Wo Tiger zu Hause sind
können.
»Genau!«, beglückwünschte mein Meister seinen Gast. »
Libri
, Bücher! Offenbar beginnen wir uns zu verstehen. Dann also etwas Schwierigeres:
Millia librorum
– Tausende Bücher!«
»Mi yâ libilibiru?
Mi yâdii libilibiru!
« [22] , wiederholte der Neger und schlug sich fröhlich auf die Schenkel. Dann schüttelte er höchst mitleidsvoll dreinblickend den Kopf:
»
Lorra ’alaa … Ha’i fetudo no’àndi bu’ataake e dyâlirde …
« [23]
»Ihr habt wohl daran getan, mir diesen Mann zu bringen«, meinte Kircher zu Gibbs. »Sein Dialekt ist mir unbekannt, doch will mir scheinen, als könne ich gewisse Ähnlichkeiten mit alten Sprachen heraushören. Aber lasst uns systematisch vorgehen. Ihr habt berichtet, er könne Arabisch schreiben, & gewiss wird es uns möglich sein, anhand dessen weiterzukommen. Caspar, bitte, Schreibzeug & Papier …«
Während ich das Gewünschte herbeischaffte, trat Chus vor eine ausgestopfte Hyäne & legte durch Ausrufe & Schenkelklatschen große Freude an den Tag:
»Heï, Bonôru! Ko dyûde hombo sôdu dâ?«
[24]
»Schaut«, bemerkte Kircher, »er hat ein Tier aus seiner Heimat wiedererkannt … Das ist nicht der geringste Nutzen meiner Sammlung, & ich bin gewiss, dass ein jeder Mann, von welcher Herkunft auch immer, sich hier auf gewohntem Terrain befände, denn die Natur ist ja wahrlich unser einziges Vaterland …«
Mein Meister trat vor Chus, hielt ihm das Schreibzeug hin & forderte ihn durch Gesten auf, das Tier, das derart seine Heiterkeit erregte, auf dem Papier zu beschreiben. Der Neger schien in diese Aufforderung einzuwilligen. Er konzentrierte sich kurz, setzte sich dann auf den Boden und schrieb einen Absatz in einer Sprache, die ganz eindeutig wie Arabisch aussah. Schließlich reichte er höchst zufrieden Athanasius das Ergebnis.
»Ihr hattet recht«, fuhr mein Meister fort, nachdem er den Text überflogen hatte, »dies ist zwar Arabisch, doch nur der Form der Buchstaben nach, denn es bedeutet nichts; dabei darf ich mir schmeicheln, neben dem Syrischen, Koptischen & Persischen sämtliche Dialekte zu beherrschen, welche sich dieser Schriftzeichen bedienen. Versuchen wir es nunmehr in der Gegenrichtung … Caspar, achte darauf, genau alles zu notieren, wie er es sagt.«
Wiederum durch Gesten bedeutete Kircher Chus, er möge das Geschriebene laut vorlesen.
»Gnyande go’o bonôru«
, begann der Neger, sobald er diesen Wunsch begriffen hatte, »
’arii tawi yimbe no hirsi nagge
: [25] (hier nun verstellte er seine Stimme, machte sie schriller und vollführte die Bewegung eines, der um etwas zu essen bittet)
’okkorè lan tèwu!
[26] (dann wieder mit normaler Stimme)
Be wi’i be ’okkataa si wonaa bonôrudün limana be hâ timma sappo, hara du wi’aali go’o …«
[27]
»Sehr gut«, unterbrach Kircher ihn. »Alles scheint darauf hinzudeuten, dass wir es hier mit einer originellen Art zu tun haben, über den Umweg einer nur entliehenen Schrift die Laute einer Sprache zu übersetzen, die über keine eigene verfügt. Gewissermaßen eine Hilfsschrift in der Art von …«
»Mi lannaali woulande ma!«
[28] , unterbrach Chus ihn nun seinerseits.
»Wota dâru fuddôde, daru timmôde!«
[29]
Die plötzliche Heftigkeit seiner Äußerung verdutzte uns derart, dass er alle Gelegenheit hatte, seine Lesung fortzuführen:
»Bonôrudün mîdyii sèda du wi’i: Kono si mi limii hâ yonii sappo hara mi wi’ aali go’o mi hebaï tèwu? Be wi’i: ’a hebaï. Du wi’i: Be’i didi e gertogal dâre si wonaa sappo be wi’i ko sappo. Be ’okkidu tèwu, du feddyi.«
[30]
Nach einer Pause, und als verriete er uns ein wichtiges Geheimnis, fuhr er fort:
»Hâden dyoïdo
«, und er grinste über alle Zähne, um sodann zu schließen: »
no metti fó lude …«
[31]
»Es stimmt tatsächlich, was man über diesen Mann berichtet«, sagte Kircher; er meinte den Stolz des Schwarzen. »Ganz offensichtlich war er ungehalten, dass ich ihn unterbrach … Nun, als er mir das mit gleicher Münze heimzahlte, wollte ich gerade sagen, diese Sprache stehe zur arabischen Schrift im selben Verhältnis wie die Musik zu irgendeinem Notationssystem. Lasst mich erklären: Die Topinambus in Brasilien konnten, als wir ihnen erstmals begegneten, ihre Sprache nicht schreiben, doch unsere Patres lehrten sie, die lateinische Schrift zu verwenden, um die Töne darzustellen, so dass diejenigen dieser Wilden, die sich darum bemühten, heute imstande sind, ihre Rede in der
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