Wo Tiger zu Hause sind
Juruoarinha …«, sagte er zärtlich und überließ seine Hand der hingebungsvoll schleckenden Zunge des Tiers. »Komm,
querida
, komm, mein Hübsches …«
Moreira ließ sich auf ein kitschiges Sofa sinken – Jacarandaholz, mit Grenadillen- und Sternfruchtformen beschnitzte Armlehnen, zu einem schwindelerregenden Preis bei einem Antiquitätenhändler in Recife erstanden. Der Jaguar hatte ihm die Vorderpfoten auf die Knie gesetzt und ließ sich mit zusammengekniffenen Augen, genüsslich schaudernd den Hals kraulen. »Ja,
carinha
, ja … Du bist meine Beste … die Stärkste …« Nichts rührte ihn so an wie die unter dem fahlgelben, hypnothischen Pelz gespannte Muskulatur, wie die einzig und allein aufs Gegenwärtige gerichteten funkelnden Blicke. Er erspürte mit den Fingerkuppen im tiefen Fell das körperwarme Gold des Halsbandes, ihm fielen Anitas zarte Schenkel ein, ihre Intimbehaarung, und er führte eine Hand zur Nase, um die Erinnerung daran zu beleben.
Plötzlich zuckte das Rückgrat des Jaguars, er legte die Ohren an, hob den Kopf und feuerte gelbe Blicke auf eine der Türen.
»Ruhig, Jurupari, ruhig! Leg dich wieder hin, Kleines …« Moreira griff das Halsband mit fester Hand. »Das ist nur mein Aperitiv.«
»Ja, Senhor, gut, Senhor, darf es noch etwas sein, Senhor?« Es war die belegte Stimme seiner Frau.
»Ach, du bist das.« Moreira wandte den Kopf in ihre Richtung. »Aber was um Himmels …«
Sie trug einen abgerissenen Morgenmantel – ihr Lieblingsstück, wie zur Rache, denn er konnte es nicht ausstehen –, ein vulgäres Teil aus wattiertem, babyrosa Nylon, das bei jedem Schritt ihre fetten Schenkel entblößte, und sie kam auf ihn zu, in jeder Hand ein Glas Whisky.
»Imelda kam gerade die Treppe hoch, da hab ich gedacht, ich kann genauso gut servieren wie sie.«
»Und hast dir auch einen eingeschenkt … Du trinkst zu viel, Carlotta, das tut dir nicht gut, du weißt, was der Arzt gesagt hat. Achte doch ein wenig auf dich, deiner Gesundheit zuliebe!«
Carlotta stellte ihm das Glas auf ein niedriges Tischchen und ließ sich ins entgegensetzte Ende des Sofas plumpsen, wobei sie sich etwas Whisky auf die Brust schüttete. Nicht weiter gerührt, zog sie ein Taschentuch aus dem Ärmel und tupfte sich nachlässig ab, wobei sie eine überreife, schlaffe, jämmerlich vernachlässigte Brust freilegte.
»Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht in diesem Aufzug herumlaufen«, sagte Moreira genervt. »Das ist … unwürdig ist das! Wenn du es nicht für mich tun willst, dann tu es wengstens um des Personals willen, was soll das von dir denken? Ganz zu schweigen von der Kapelle! Wo du offenbar unter die Betschwestern gegangen bist … Ich denke kaum, dass es sich gehört, halbnackt zu beten …«
Carlotta goss ihren Whisky herunter.
»Ich scheiß auf dich«, sagte sie in aller Ruhe. »Die Comtesse Carlotta de Souza scheißt auf dich, Gouverneur!«
Konsterniert zuckte ihr Gatte mit den Schultern:
»Liebling, wie richtest du dich bloß zu, sieh dich doch mal an. Du weißt gar nicht mehr, was du sagst!«
»Du wolltest mich sprechen?«, fragte sie gereizt, »also bitte, ich höre. Pack aus.«
»Ich glaube kaum, dass das der geeignete Moment ist, du bist zu einem vernünftigen Gespräch nicht in der Lage.«
»Rede, sage ich … oder ich schreie!«
Verschreckt durch den plötzlichen Ausbruch, fauchte der Jaguar los und wollte sich dem Griff seines Herren entwinden.
»Ruhig! Ganz ruhig, meine Hübsche!« Und leiser, zu Carlotta gewandt: »Bist du wahnsinnig geworden, oder was? Willst du dich fressen lassen?«
»Ich hab dich gewarnt«, drohte sie, offenbar gänzlich unbeindruckt von der wachsenden Erregung des Jaguars.
»Ich veranstalte eine Abendgesellschaft, in zwei Wochen, hier im Hause«, verkündete der Gouverneur säuerlich. »Fünfzig Personen. Es muss alles perfekt werden, das ist wichtig für meine Geschäfte. Ich verlasse mich auf dich, was die Organisation angeht. Die Gästeliste gebe ich Ediwaldo … und wir reden morgen weiter darüber, wenn du wieder nüchtern bist. Jetzt nehme ich erst einmal eine Dusche, wenn du erlaubst. Ich rate dir, dasselbe zu tun und etwas präsentabler zum Abendessen zu erscheinen. Die siehst aus wie … wie eine alte Hure,
querida
, wie eine alte Hure!« Jetzt war er so nah an sie herangerückt, dass sie seinen Atem im Gesicht spürte: »Hörst du das, ja? Hörst du das? Allmählich habe ich deine Zicken satt! Satt bis
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