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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Venenkatheter, und die Schmerzen ließen gleich darauf nach.
    »Schlaf jetzt.« Caroline strich ihm sanft über die Wange. Sie küsste ihn, den Zweitagebart spürend. Nachdem er am Morgen in ihrem Haus aufgewacht war, hatte er sich nicht rasiert. Die Erinnerung versetzte ihr einen Stich, und sie küsste ihn erneut.
    »Geh noch nicht«, flüsterte Joe schläfrig.
    Caroline blieb. Sie sah zu, wie er einschlief, und saß an seinem Bett, bis die Schwester sie zum Gehen aufforderte. Als Caroline auf den Gang hinaustrat, blieb sie einen Moment stehen, schloss die Augen und schickte ein lautloses Dankgebet zum Himmel. Sie hörte, wie jemand ihren Namen rief. Als sie die Augen öffnete, stand Peter vor ihr. Joe verletzt zu sehen, das war das Schlimmste, was Caroline sich vorstellen konnte, aber es wartete noch ein weiterer Schock auf sie.
    »Komm«, sagte Peter und legte den Arm um sie. »Es ist etwas passiert; deine Mutter ist unten.«
     
    Clea traf vor dem Eingang zur Notaufnahme mit ihr zusammen. Rote Geranien blühten in hohen Steinguttöpfen. Zwei Streifenwagen standen in der Parkbucht, die Polizisten waren ausgestiegen und unterhielten sich. Drei Krankenschwestern machten gerade eine Pause. Sie lehnten an der Ziegelsteinmauer und rauchten.
    »Die Polizei ist auch schon da«, sagte Clea. »Sie wollen mit Skye sprechen.«
    »Wieso mit Skye?«, fragte Caroline entgeistert. Joes Anblick im Aufwachraum hatte sie bereits völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. »Peter hat gesagt, Mom …«
    »Simon hat sie geschlagen, Caroline. Skye hat mir erzählt, dass er versucht hat, sie zu vergewaltigen. Wenn du sie siehst …«
    »Wo ist sie?«
    »Da drinnen.« Sie deutete auf die Notaufnahme. »Mom hat sich dazwischengeworfen, und Simon hat sie voll erwischt, richtig k. o. geschlagen. Dann ist Skye mit einer Schere auf ihn losgegangen. Er hat kaum einen Kratzer abbekommen, und außerdem war es Notwehr, aber die Sache ist trotzdem schrecklich. Die Polizei …«
    »Sie wollen
Skye
verhaften?«
    Clea sah Caroline an und fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Im Zuge der Ermittlungen müssen sie alle Beteiligten befragen. Für sie ist das Ganze nichts weiter als ein häuslicher Streit.«
    Plötzlich fühlte sich Caroline überfordert; zu viel war heute geschehen. Sie hatte sich tapfer gehalten, doch nun schlug sie die Hände vors Gesicht. An Joe und Sam, an ihre Mutter und Skye denkend, lehnte sie sich gegen die Wand.
    Clea legte die Arme um Caroline. »Es muss schrecklich gewesen sein, ich meine, der Unfall und der Anblick.«
    Caroline schüttelte den Kopf.
    »Ich bin froh, dass ich da war. Joe hat nach mir gefragt, Clea. Du bist daran gewöhnt, du hast Peter und die Kinder. Ich meine, gebraucht zu werden, wenn sie verletzt sind oder Angst haben, aber, Clea …«
    Clea blickte Caroline an, wartend, bis sie wieder zu Atem kam.
    »Joe hat nach mir Ausschau gehalten. Ich habe ihn gesehen, genau in dem Moment, als sie ihn nach oben brachten. Und er hat mich die ganze Zeit angeschaut, als ich versuchte Sam zu helfen.«
    »Er ist ein Prachtkerl, Caroline.«
    »Er hat mich als seine nächste Angehörige angegeben.«
    »Wirklich?«
    »Ja.« Caroline blickte zum Himmel. »Hier im Krankenhaus. Sie sind zu mir gekommen, weil mein Name auf dem Formular stand. Aber er bleibt nicht, Clea. Sobald es ihm besser geht, zieht er nach Griechenland weiter.« Sie rang sich ein Lächeln ab.
    »Was?«
    »Ist das nicht komisch? Endlich habe ich einmal den Wunsch zu bleiben, und Joe steigt ins nächste Flugzeug.«
    Es gab nichts, was Clea darauf erwidern konnte. Sie stand schweigend da, in dem Wissen, dass Caroline die ganze Vielschichtigkeit der Gefühle spüren musste, die sie innerlich aufwühlten.
    Caroline stieß sich von der Wand ab und hakte sich bei Clea unter. Ihre Angst unterdrückend, ging sie mit ihrer Schwester in die Notaufnahme. Sie fragte die Dienst habende Krankenschwester, wo sie Skye und Augusta finden könne, und erhielt die Auskunft, Augusta sei zur Computertomographie gebracht worden und Skye werde von der Polizei vernommen. Sie wollten gerade das Wartezimmer ansteuern, als Caroline Simon entdeckte, der in eine der Untersuchungskabinen geführt wurde.
    In einem verschlissenen OP -Hemd stand er am anderen Ende der Notaufnahme. Um zu ihm zu gelangen, musste Caroline an vielen Patienten, Ärzten und Krankenschwestern vorüber. Als er sie erspähte, zuckte er zusammen. Seine Arme hingen wie zwei Bindfäden zu beiden Seiten hinab, seine

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