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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Neoprenanzug war zerfetzt. Caroline sah den Riss an der Schulter. Dan schwamm zu ihm hinüber und stützte ihn. Caroline streckte die Arme aus und versuchte zu helfen, als zuerst Sam und danach Joe an Deck gehievt wurde. Die Männer liefen ins Ruderhaus und kamen mit Decken zurück.
    »Er hat versucht mich zu retten«, keuchte Joe. Sein Blick irrte zwischen Caroline und Sam hin und her. »Er wollte mich aus der Gefahrenzone ziehen.«
    »Ihn hat’s ganz schön erwischt, Mann.« Dan starrte Sam an. »Verliert massenhaft Blut.«
    »Die Küstenwache ist bereits unterwegs!«, schrie Jeff. »Sie haben den Hubschrauber losgeschickt.«
    »Sam!« Joes Stimme klang rau. Beim Anblick seiner Verletzung erschrak Caroline. Ein Holzsplitter hatte sich durch seinen Oberarm gebohrt, bis zum Knochen ins Fleisch getrieben. Joes Gesicht war bleich, seine Lippen blau. Er verlor ebenfalls eine Menge Blut, aber er wich nicht von Sams Seite.
    Jemand fand ein Handtuch und tupfte damit behutsam Sams Kopf ab. Das Blut bildete eine Lache auf dem Deck. Die Mannschaft war wie gelähmt.
    »Verdammt, wir brauchen einen Arzt!« Dan spie Wasser aus. »Da hocken wir auf diesem Scheißmeer, die Haie wimmeln um uns herum, und haben keinen Arzt an Bord! Lauter Siebengescheite, aber kein Mediziner weit und breit.«
    »Wo bleibt bloß der Hubschrauber?«, rief ein junger Mann, der mit den Augen den Himmel absuchte.
    Caroline durchbrach den Kreis, den die Taucher gebildet hatten. Sie kannte sich aus mit Erster Hilfe, ging neben Sam in die Hocke und berührte sein Gesicht. Es war eiskalt. Sie hatte einen Kloß im Hals. Sie dachte an Redhawk Mountain, an Andrew Lockwood. Die Erinnerungen brachen ihr das Herz, aber sie wusste, sie konnte es sich nicht leisten, sie ausgerechnet jetzt wieder aufleben zu lassen.
    Caroline zog ihr weißes Hemd aus. Darunter trug sie einen Badeanzug. Der Wind war kühl auf ihrer Haut. Sie presste das Hemd gegen Sams Kopf, drückte es mit aller Kraft auf die Wunde, während sein Blut den Stoff tränkte, und zwang sich, ihm ins Gesicht zu blicken, damit sie Andrews Bild nicht vor sich sah.
    »Lockert den Taucheranzug«, befahl sie Dan und Jeff. »Wickelt ihn in die Decke, und holt noch ein paar mehr.« Sie legte die Finger auf Sams Schläfe, konnte den Puls aber nicht fühlen. Sie wusste, dass er schwer verletzt war, möglicherweise war eine Arterie getroffen worden.
    »Wird er sterben?«, fragte Joe, und Tränen liefen ihm über die Wangen.
    Caroline blickte ihn an. Joe hielt sich mit letzter Kraft auf den Beinen. Seine Lippen waren blau und zusammengepresst. Er hatte nicht nur seine Gelassenheit, sondern auch seine harte Schale eingebüßt. Die emotionale Distanz,die sie an ihm beobachtet hatte, seit sie ihm begegnet war, war verschwunden. Es gehörte Mut dazu, im Kreis seiner Männer auf Deck zu sitzen und den Tränen freien Lauf zu lassen, ohne Anstalten zu machen, sie verstohlen wegzuwischen. Er war selbst verletzt und nahe daran, die Besinnung zu verlieren, aber seine einzige Sorge galt Sam.
    Endlich, der Hubschrauber. Das Geräusch der Rotoren war noch weit entfernt und schwach wie bei einem Vogelschwarm.
    »Wird er sterben?«, fragte Joe abermals, den Blick unverwandt auf Caroline gerichtet. Sie musste vorsichtig sein mit ihrem Mienenspiel. Sie wusste, wie wichtig ihm Ehrlichkeit war. Er ertrug es nicht, belogen zu werden, aber sie brachte es auch nicht übers Herz, ihm zu sagen, welche Erfahrungen sie mit Sterbenden gemacht hatte, was sie wirklich glaubte. Deshalb blieb sie stumm und hielt seinem Blick stand.
    Die Tränen in ihren Augen waren das einzige verräterische Zeichen. Es sagte Joe, dass sie schon einmal mit ansehen musste, wie ein junger Mann verblutet war, und die Antwort auf seine Frage sehr wohl Ja lauten könnte.
     
    Schwer atmend ging Augusta die Treppe hinauf, um nach Skye zu sehen. Sie hätte es niemandem eingestanden, nicht einmal Caroline oder Clea, aber sie fühlte sich am Boden zerstört, hatte das Empfinden, als Mutter auf ganzer Linie versagt zu haben.
    Die Mädchen hatten eine unbeschwerte Kindheit gehabt. Sie sah die drei wieder vor sich, wie sie in der Abenddämmerung über die Wiese liefen und Feuerfliegen fingen. Augusta ließ die Bilder vor ihrem inneren Auge Revue passieren. Sie hatte auf den Verandastufen gesessen und ihnen zugesehen, voller Liebe und Heiterkeit. Ihre Töchter tanzten und vollführten Freudensprünge, und Augustas Augen füllten sich mit Tränen der Dankbarkeit, weil sie so

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