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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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abzukapseln. Wie Skye es jetzt tut. Ich habe Angst, sie alleine zu lassen.«
    Joe ging zu ihr. Sein Herz hämmerte. Er hatte nie etwas in seinem Leben so sehr gewollt wie sie. Er wollte, dass sie bei ihm war, aber gleichzeitig hatte er das Bedürfnis, ihr beizustehen. Sie saß in der Falle, versuchte jemandem zu helfen, der sich selbst helfen musste. Er holte tief Luft, dann umfasste er behutsam ihr Gesicht mit seinen Händen.
    »Weißt du, was das Gegenteil von Liebe ist?«
    »Hass? Joe, ich könnte nie …«
    »Nein, Angst.«
    »Das Gegenteil von Liebe ist Angst?« Sie runzelte die Stirn.
    »Wenn wir Angst haben, können wir nicht loslassen.«
    »Ich glaube nicht, dass ich Angst …«
    »Du hast gerade gesagt, dass du Angst hast, Skye alleine zu lassen.«
    Caroline nickte, sie musste ihm Recht geben.
    »Denk an deinen Vater.« Über Hugh Renwick zu sprechen fiel ihm nicht leicht, vor allem, weil er den Mann verstehen konnte, der in seinen Augen genauso fehlbar und unzulänglich wie er selbst gewesen war.
    »Was ist mit ihm?«
    »Mochte Homer deinen Vater?«
    »Er war ganz vernarrt in ihn. Es war rührend und eine Ironie des Schicksals, aber als mein Vater starb, trauerte Homer genauso um ihn wie damals um Andrew. Tagelang, ohne Unterlass. Er stahl sich aus dem Haus, streunte herum, und wenn er heim kam, saß er auf der Veranda und winselte.«
    »Weil er deinen Vater vermisste.«
    »Ja.« Caroline begann zu begreifen.
    »Obwohl dein Vater zum Schluss nicht mehr mit ihm gespielt hat. Er hat sich abgeschottet, aber das hielt Homer nicht davon ab, ihn zu lieben.«
    Caroline nickte mit Tränen in den Augen und senkte den Kopf. Joe wartete. Er hätte sie gerne in die Arme genommen, aber er wusste, dass sie die Entscheidung alleine treffen musste.
    »Ich habe keine Angst«, sagte sie plötzlich und sah ihn dabei an.
    »Hast du nicht?«
    »Nein. Im Gegenteil.«
    Joe lächelte. Er wusste, dass sie Liebe meinte und bereit war, die Fäden an der Stelle wieder aufzunehmen, an der sie vor langer Zeit zerrissen waren.
    »Wann fahren wir?«
    »Sobald Sam aus dem Krankenhaus entlassen wird«, sagte er und nahm sie in die Arme.

[home]
    21
    A ugusta kam unmittelbar nach dem Labor Day, dem ersten Montag im September, aus dem Krankenhaus. Sie ließ sich zu Clea bringen, wo am besten gewährleistet war, dass sie die Pflege erhielt, die sie benötigte. Durch den kräftigen Schlag, den Augusta erhalten hatte, war ihre Motorik immer noch beeinträchtigt, und dreimal in der Woche stand eine Physiotherapie auf dem Plan. Das bedeutete, dass sie jemanden brauchte, der sie zum Rehabilitationszentrum fuhr und anspornte, daheim ihre Übungen zu machen.
    Caroline schenkte ihr einen wunderschönen Weißdorn-Gehstock mit einem Knauf aus Sterlingsilber, den Augusta himmlisch fand. Antik und irisch, wäre er ganz nach dem Geschmack von Oscar Wilde gewesen, wenn er jemals einen Gehstock gebraucht hätte. Seit man ihr im Krankenhaus den Schädel rasiert hatte, genoss sie es mehr und mehr, kahl zu sein – oder zumindest machte sie das Beste daraus. Ihre Haare würden nachwachsen, doch vorerst nahm sie mit herrlichen Seidentüchern vorlieb, die an eine tragische Heldin erinnerten – Geschenke ihrer Töchter. Sie wickelte sie zu einem kunstvollen Turban und fand, dass sie darin sehr aristokratisch wirkte. Göttlich, genauer gesagt.
    Aber Clea fühlte sich überfordert. Für ihre Familie war sie stets ein Fels in der Brandung. Sie galt als ausgezeichnete Hausfrau und Meisterköchin. Sie kutschierte ihre Kinder von morgens bis abends hin und her, zwischen Pfadfinderlager, Flöten- und Trompetenunterricht und Kinobesuchen mit Freunden. Als Pfarrersfrau stand sie Peter bei Hochzeiten und Begräbnissen, am Krankenbett und bei Gottesdiensten zur Seite.
    Doch mit ihrer Mutter unter einem Dach zu leben, raubte ihr den letzten Nerv. Es war nicht Augustas Schuld. Zum ersten Mal war ihre Mutter sanftmütig wie ein Lamm. Sie schien für jede Kleinigkeit dankbar zu sein. Ihre Ärzte hatten ihr eingeschärft, Alkohol zu meiden, solange sie Medikamente gegen die Krampfanfälle nehmen musste, und Augusta fügte sich klaglos. Jeden Nachmittag um fünf sagte sie »Zeit für einen Martini!«, aber Clea stellte sich taub, und ihre Mutter beharrte nicht darauf.
    Augusta hielt sich überwiegend in ihrem Zimmer auf und hörte Musik. Clea fand es verwirrend, ihre Mutter so still und in sich gekehrt zu erleben. Eines Tages rief diese sie zu sich. Clea dachte, sie wollte

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