Wo Träume im Wind verwehen
Caroline lehnte an seiner Brust. Homer lag zu ihren Füßen, den Kopf auf den Pfoten. Er war selig, bei Caroline zu sein.
»Es ist so still und friedlich.«
»Ja.« Joe spielte mit ihrem Haar.
»Sam sah heute gut aus. Die Brownies, die Clea für ihn gebacken hat, scheinen ihm zu schmecken.«
»Sam ist verliebt in Clea. Wenn Peter nicht so ein toller Kerl wäre, hätte er sie ihm längst ausgespannt.«
»Und jeder liebt Sam.«
»Du auch?«
»Als Freund, jemand, mit dem man durch dick und dünn gehen kann. Ich finde es schön, dass unsere Familien zusammen …«
»Zusammen was?«
»Ich wollte sagen, zusammengefunden haben«, fuhr Caroline ruhig fort.
Joe nickte. Er spürte ein Gefühl der Beklemmung, als wäre er zu lange unter Wasser geblieben. Am Nachmittag hatte ihn Peter nach Griechenland gefragt, und die Sehnen in seiner Schulter hatten zu pochen begonnen, als er an die Abreise dachte.
»Ich mag deine Familie auch. Skye und Clea.« Er grinste. »Und was deine Mutter angeht …«
»Sie ist ausnehmend höflich, was deinen Aufenthalt in meinem Haus betrifft«, erwiderte Caroline lächelnd. »Aber vermutlich nur deshalb, weil sie weiß, dass es nicht für lange ist.«
»So?« Joe war überrascht, dass es wie eine Frage geklungen hatte.
»Ist das eine Frage?«
»Nein, ich glaube nicht. Schade, dass du Geschäftsfrau und unabkömmlich bist. Sonst würde ich dich nach allen Regeln der Kunst zu überreden versuchen, mich nach Griechenland zu begleiten. Du hast mir doch immer erzählt, wie gerne du reist.«
Caroline hob den Blick. »Hör auf, darüber Witze zu machen.«
Sie löste sich behutsam aus Joes Armen, nahm die leeren Wassergläser und ging ins Haus. Joe hörte, wie sie in der Küche hantierte. Er saß reglos da und fragte sich, wie es wohl sein mochte, hier Wurzeln zu schlagen, nicht die nächste Schatzsuche zu planen. Seine Schulter pochte, und er erhob sich.
Der alte Hund blickte ihn an. Joe streckte die Hand aus und tätschelte ihm den Kopf. Homer schmiegte sich an seine Hand. Sie hatten vieles gemein, unter anderem die Liebe zu Caroline. Joe streichelte das struppige Fell.
»Sollen wir sie suchen?« Homer rappelte sich mühevoll auf und humpelte in die Küche.
Joe ging zu Caroline und stellte sich hinter sie. Sie stand am Spülstein und wusch die Gläser unter fließendem Wasser. An ihrer Haltung merkte er, dass sie erregt war.
»Caroline, es tut mir Leid.«
Sie rührte sich nicht. Joe ergriff ihre Schultern und drehte sie zu sich um. Ihre Wangen waren nass von Tränen. Aber ihre Augen waren unerbittlich.
»Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest. Ich bin nur ein wenig traurig. Was dagegen?«
»Nein«, sagte Joe, weil er ebenfalls traurig war.
Homer stand neben Caroline. Er blickte zu ihr hoch und spürte, in welcher Stimmung sie sich befand. Als verstünde er ihr Bedürfnis nach Trost, rieb er seinen Kopf an ihrem Oberschenkel. Sie bückte sich, um ihn zu streicheln, dann drückte sie ihre Stirn an seinen Kopf. Joe sah schweigend zu. Er erkannte, dass in der Beziehung zwischen den beiden etwas Unverbrüchliches lag. Homer war hochbetagt, hatte ein Alter erreicht, das den meisten Hunden nicht vergönnt war, und den Gedanken, dass er bald sterben würde, empfand Joe als schmerzlich.
»Hattest du ihn schon als Welpen?«
Caroline blieb noch eine Weile in der Hocke, und Homer schubste sie liebevoll mit dem Kopf an. Als sie sich aufrichtete, wischte sie sich die Tränen fort.
»Nicht ganz. Als ich ihn bekam, war er etwa ein Jahr alt.«
»Er war bestimmt ein wunderschöner junger Hund. Warum hat sein ursprünglicher Besitzer ihn weggegeben?«
»Er starb.«
»O nein.« Joe tätschelte Homers Rücken. Seine Wirbelsäule war durch das rötliche Fell sichtbar. Caroline ergriff ein Band, das auf dem Tisch lag. Skye hatte es im Krankenhaus am Handgelenk getragen, vorhin abgeschnitten und auf dem Küchentisch liegen lassen, als sie in ihr Zimmer gegangen war.
»Skye hat ihn getötet«, sagte Caroline ruhig.
»Großer Gott!«
»Es passierte während der Jagd, sie war gerade siebzehn. Sie hat ihn mit einem Reh verwechselt.«
»O wie schrecklich.«
»Sie hat es nie überwunden. Es war ein Unfall, aber das spielt keine Rolle.«
»Nein.«
»Ich war dabei. Sie war völlig benommen, konnte nicht glauben, dass sie ihn getötet hatte. Ich saß bei ihm, während er starb, und sie stand daneben, zur Salzsäule erstarrt. Arme Skye.«
»Er starb da draußen im Wald?«
»Ja. Ich
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