Wo Träume im Wind verwehen
Dollar.«
»Tut mir Leid, ich habe mein Scheckheft vergessen.«
»Schon in Ordnung. Ich bin dir ohnehin noch einiges schuldig.«
Als Caroline in Firefly Hill vorfuhr, war der Wagen ihrer Mutter weg. Sie ging die Verandatreppe hinauf und durch die Küchentür ins Haus. Homer lag auf seiner Decke. Als er Caroline kommen hörte, hob er den Kopf und sah sie, wie es schien, mit einem überglücklichen Blick an. Er begann mit dem Schwanz zu wedeln, der einmal, zweimal über den gefliesten Boden peitschte. Mühsam rappelte er sich hoch und stand auf unsicheren Beinen da. Dann durchquerte er den Raum, um sie zu begrüßen.
»Hallo, mein Alter. Braver Hund. Du bist ein braver Hund, Homer«, lobte sie ihn und kraulte seinen Kopf.
In seiner Schnauze trug er ein zerrissenes blaues Handtuch. Das Handtuch, oder vielmehr ein ähnliches Exemplar, war sein erstes Spielzeug gewesen, als er vor vierzehn Jahren nach Firefly Hill kam. Ihr Vater hatte es ihm damals geschenkt. Caroline ging auf das Spiel ein und zog nach Leibeskräften an dem Stofffetzen. Homer legte den Kopf schief und zerrte in die andere Richtung.
»Du hast gewonnen, Homer«, sagte Caroline.
Er stand an der Tür und wartete darauf, hinausgelassen zu werden. Caroline ging durch den Garten, und Homer wich nicht von ihrer Seite. Heute war offenbar nicht der richtige Tag für seine geheimnisvollen Ausflüge. Die Schiffe waren am Horizont zu sehen. Caroline betrachtete sie einen Moment, aber Homer brannte darauf, an den Strand zu kommen.
Er ließ sein Handtuch auf der obersten Stufe der langen Treppe zurück, die in den grasbewachsenen Felsen gehauen war. Es tat ihr in der Seele weh zu sehen, wie langsam er sich bewegte, wie jeder Schritt seine Beine ermüdete und seinem Rücken zur Qual wurde. Sein ehemals dichtes goldfarbenes Fell war gelichtet und borstig, an manchen Stellen kahl. Während Caroline beobachtete, wie er die Treppen hinunterging, erinnerte sie sich an den jungen Hund, dessen kummervolles Gesicht dunkel vom Blut seines Besitzers war.
Sie schlenderten am Firefly Beach dicht neben der Flutlinie entlang. Riementang und Seegras hatten sich in seinem Fell verfangen, aber es kümmerte ihn nicht. Er war froh, mit Caroline, dem Menschen, den er seit Andrew Lockwood am meisten liebte, draußen zu sein. Als sie nach Hause zurückkehrten, hörte Caroline, wie jemand ihren Namen rief.
Es war Maripat. Ihre Nichte war neun, und sie rannte so schnell ihre Beine sie trugen den Strand entlang, mit einem Buch in der Hand. Homer bellte, überglücklich beim Anblick eines weiteren Familienmitglieds. Seine Hinterbeine knickten ein, doch er raffte sich wieder auf und hechelte selig, als Maripat sie erreichte.
Sie trug blaue Shorts und ein T-Shirt, das Caroline ihr aus Nantucket mitgebracht hatte. Ihre seidigen braunen Haare waren lang, zurückgekämmt und zu einem Zopf geflochten. Sie hatte die typischen Renwick-Augen, groß und klar, und sie trug eine Brille mit grün emailliertem Gestell.
»Ich hab dir was mitgebracht!«, rief Maripat, küsste ihre Tante und tätschelte den Hund.
»Mir und Homer?«
»Dir«, erwiderte Maripat lächelnd.
»Was ist das?« Caroline nahm das Buch in die Hand, das Maripat ihr entgegenhielt.
»Mom hat mir von deinem Freund erzählt. Sie hat gesagt, dass er Pirat ist. Stimmt das wirklich?«
»Behauptet er zumindest. Schau, da draußen, das ist er!«
Maripat beschattete ihre Augen, um die großen weißen Schiffe besser sehen zu können, die in der Spätnachmittagssonne schimmerten.
»Die schauen aus wie Segelyachten«, sagte sie zweifelnd.
»So sind sie, diese modernen Piraten. Die wissen nicht, was ihnen entgeht. Zu viel Luxus und zu wenig knarzende alte Holzplanken. Was ist das für ein Buch?«
»Hast du mal was von dem Schiff gehört, das hier untergegangen ist?« Maripats Augen funkelten vor Freude, ihrer Tante etwas zu erzählen, was sie allem Anschein nach nicht wusste. »Die
Cambria?
Das war eine englische Schonerbarke, kann aber auch eine Brigantine gewesen sein, hab ich vergessen, jedenfalls die mit mehr Masten.«
»Eine Schonerbarke, denke ich«, erwiderte Caroline und dachte an ihre eigene Schulzeit und die dritte Klasse zurück.
»Der Kapitän war ein Stinktier. Stell dir vor, er ist zum Leuchtturm marschiert und hat sich in die Frau verknallt, die dort lebte. Die mit dem Leuchtturmwärter verheiratet war.«
»So ein Stinktier«, pflichtete Caroline ihr bei.
»Die Frau hatte eine kleine Tochter.«
»Richtig. Das
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