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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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verrieten nichts über seine wahren Empfindungen, aber Caroline erinnerte sich, wie besorgt sein Blick in jener Nacht gewesen war. Es war weit nach Mitternacht, und ihre Schwestern hätten eigentlich todmüde sein müssen, doch sie waren aufgekratzt. An ihren Vater gelehnt, zitternd trotz des voll aufgedrehten Heizgebläses, hatte sich Caroline rundum glücklich gefühlt.
    Sie war an Scharlach erkrankt.
     
    Doch dann dachte sie an eine andere Zeit, an eine andere Heimfahrt Jahre später von demselben Berg, nachdem Skye Andrew Lockwood erschossen hatte.
    Sie hatten den ganzen Tag auf der Polizeiwache zugebracht. Skye befand sich in einem der Vernehmungszimmer, Caroline in einem anderen. So viele Fragen. Kanntest du den Mann? Hast du ihn vorher schon einmal gesehen? Haben die beiden miteinander geredet, bevor der Schuss fiel? Gab es einen Streit? Sah es so aus, als wäre deine Schwester wütend? In welcher Stimmung befand sie sich?
    Caroline stand unter Schock. Das begriff sie nun, aber damals hatte sie gedacht, es sei Müdigkeit. Sie wollte nur eines, den Kopf auf den Schreibtisch legen und schlafen. Sie sah den Mann immer wieder vor sich, hörte sich mit ruhiger Stimme nach seinem Namen fragen. Hörte, wie er »Andrew« sagte. Seine Augen, sein Mund, das Gefühl seiner Hand in der ihren. Sie waren auf immer und ewig miteinander verbunden. Niemand hatte ihn so gut kennen gelernt wie sie. Während sie an Andrew dachte, schwor sie sich, dass sie seinen Hund in ihre Obhut nehmen würde.
    Nach Abschluss der amtlichen Untersuchung durften sie nach Hause fahren. Sie stiegen in den Kombi, ernst, aber erleichtert. Alle umringten Skye. Sie war soeben von der Anklage des Totschlags freigesprochen worden. Augusta wartete auf Firefly Hill, um sie willkommen zu heißen. Caroline war – wie immer – als Ersatzmutter zur Stelle. Sie wickelte Skye in eine karierte Decke, schob ihre Schwester auf den Rücksitz des Wagens und wies Clea an, neben ihr Platz zu nehmen. Caroline saß mit ihrem Vater vorne.
    Auf dem Heimweg holten sie Homer. Sie hielten an dem Tierheim an. Als sie das Betongebäude betraten, hörten sie ein jämmerliches Heulen. Der Wärter gab Hugh Papiere, die er unterzeichnen musste, und holte dann den Hund. Caroline war schlecht vor Aufregung. Sie fürchtete, dass er die Zähne fletschen würde, wenn er die Menschen sah, die seinen Herrn auf dem Gewissen hatten. Doch bei ihrem Anblick hörte Homer mit dem Heulen auf.
    Clea hatte die Heckklappe geöffnet, damit der Hund hineinklettern konnte. Sie hatte ihm ein Lager aus einem alten Strandlaken bereitet. Doch als Hugh mit ihm zum Wagen kam, schloss er die Klappe wieder.
    »Er mag dich«, sagte er zu Caroline.
    »Ich weiß nicht, warum. Ich war dabei, als …«
    »Du bist ihm vertraut, Caroline. Lass ihn vorne bei dir mitfahren. Da wird er sich sicher fühlen.« Die Miene ihres Vaters war ungewöhnlich, und rückblickend wusste Caroline, dass sie die ersten Anzeichen eines untröstlichen Schmerzes darin gesehen hatte.
    Homer hatte die ganze Strecke bis Connecticut seinen Kopf an Carolines Oberschenkel gepresst. Zuerst winselte er noch, doch dann verstummte er. Clea, Skye, Hugh und Caroline schwiegen. Aber hin und wieder hatte Hugh die Hand ausgestreckt und Homers Kopf getätschelt und danach Caroline angeschaut und versucht in ihren Augen zu lesen, was sie dachte. Und getan, als ob er lächeln würde.
    Er hatte seine Liebe wirklich auf seine eigene Weise gezeigt.
     
    Joe Connor stand in der Kabine der
Meteor,
in den Anblick der ruhigen See versunken. Den ganzen Tag über hatte ein kräftiger Wind geweht, die Wellen aufgepeitscht und die Wassermassen aufgewühlt. Erst gegen sechs Uhr abends hatte er nachgelassen, und nun, da es zu dunkel zum Tauchen war, war die Oberfläche spiegelglatt. Er schaute zum Horizont, als sich die Buglinie hob, um mit dem Himmel zu verschmelzen und gleich darauf wieder sanft in ein Wellental hinabzugleiten. Das Firmament war mit Sternen übersät. Joe ließ den Tag Revue passieren und wünschte, er hätte ihn besser nutzen können, um mit der Arbeit voranzukommen.
    Starke Meeresströmungen hatten seine Mannschaft vom Wrack fern gehalten. Eine Wetterfront, die von Hatteras heraufzog, erzeugte haushohe Wellen vor der Küste und schuf einen lebensgefährlichen Sog. Joe hatte stündlich Taucher hinuntergeschickt, um die Lage zu sondieren, und war morgens und ein zweites Mal kurz vor Einbruch der Dunkelheit selbst getaucht. Aber die See war zu

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