Wo Träume im Wind verwehen
fragte sie.
»Nach einem Schatz tauchen.«
Augusta ließ den Feldstecher sinken. Sie blickte in Carolines graublaue Augen; diese waren plötzlich so lebendig und feurig, dass es ihr die Sprache verschlug. Irgendetwas ging in ihr vor. Sie war wie ausgewechselt, als hätte sie eine himmlische Erscheinung gehabt.
»Liebes, willst du mich auf den Arm nehmen?«
»Sie bergen ein Schiffswrack«, sagte Caroline.
»Wirklich?« Augusta liebte so romantische Dinge wie untergegangene Schiffe. Warum hätte sie sonst in einem gottverlassenen Herrenhaus am Sund gelebt? Außerdem bot sich hier eine Möglichkeit, die Beziehung zu Caroline zu festigen. Ein Schiffswrack war etwas, was sie gemeinsam genießen konnten. Neugierig hob sie den Feldstecher wieder ans rechte Auge.
»Woher weißt du das?«
»Ein Freund hat es mir erzählt. Es ist übrigens die
Cambria.«
»Die
Cambria
…« Der Name kam Augusta bekannt vor.
»Die Fontäne, die du siehst, besteht nicht aus Wasser, sondern aus Sand. Sie haben einen Kompressor auf dem Schiff, der den Sand vom Wrack wegbläst, damit sie an das Gold herankommen.«
»Wie aufregend.« Augusta beobachtete die Sandgischt und versuchte die Leute an Bord auszumachen. Aus dieser Entfernung waren sie gesichtslos und klein wie Spielzeug. Selbst die großen Boote, die auf den Wellen tanzten, sahen wie Miniaturschiffe aus. Augusta lächelte stolz. Caroline wusste immer genau Bescheid, was in der Umgebung vor sich ging. »Wie kommst du bloß an deine Informationen heran!«, sagte sie strahlend. »Das ist doch bestimmt eine streng geheime Operation. In der Zeitung wurde nichts davon erwähnt. Und auch sonst nirgendwo.«
»Ja, ich nehme an, dass es nicht an die große Glocke gehängt werden soll.«
»Du weißt, dass ich ein Geheimnis bewahren kann«, entgegnete Augusta. Doch ein Blick auf Carolines missbilligende Miene genügte, und der Mut verließ sie.
»Das kann man wohl sagen.« Aus Carolines Mund hörten sich die Worte wie eine Anklage vor Gericht an. Sie durchquerte den Raum und ging zu dem Windsor-Schaukelstuhl hinüber. Als sie darin Platz nahm, hatte sie sich wieder voll im Griff. Ihre Miene wirkte kühl und gelassen. Augusta schluckte. Sie wusste, dass ihr etwas Unangenehmes bevorstand.
»Wir müssen uns über Skye unterhalten«, begann Caroline.
Unwillkürlich berührte Augusta die Perlenkette, die sie um den Hals trug. Warum sie wohl als »schwarz« bezeichnet wurden, besaßen sie doch eine einmalige taubengraue Schattierung? Sie blickte Caroline an.
»Habe ich dir eigentlich schon einmal gesagt, dass deine Augen die gleiche Farbe wie meine Perlen haben?«, fragte sie lächelnd, die Hand noch immer an der Kette.
»Ja.« Caroline schaukelte geduldig hin und her.
»Manchmal sind sie genauso dunkel wie schwarze Perlen. Eine Seltenheit … Eines Tages wird ein wunderbarer Mann daherkommen und entdecken, was für ein Juwel er vor sich hat. Ganz sicher. Gewöhnliche Männer würden behaupten, dass deine Augen blau sind oder blaugrau, aber wenn es der Richtige ist, weiß er auf Anhieb Bescheid. Er wird erkennen, dass deine Augen die gleiche Farbe wie schwarze Perlen haben.«
»Mom, du hast gehört, was Dr. Henderson gesagt hat«, unterbrach Caroline sie und beugte sich vor. »Dass sie Alkoholikerin ist.«
Augusta schüttelte den Kopf. Sie hatte Zeit gehabt, die Worte des Arztes zu verarbeiten. Sie wusste, dass Skye labil war, aber sie weigerte sich, den Gedanken auch nur in Betracht zu ziehen, dass sie alkoholabhängig sein könnte. Aber Caroline schaukelte unverdrossen weiter, entschlossen, das Thema bis zum bitteren Ende zu erörtern.
»Er ist verrückt. Er kennt sie doch überhaupt nicht. Sie ist Künstlerin wie ihr Vater. Künstler trinken alle, das ist ganz normal.«
»Vergleich sie nicht mit Dad.«
»Immer noch dieser furchtbare Groll«, sagte Augusta bekümmert. »Ich weiß, du und deine Schwestern tragt eurem Vater die Jagdausflüge nach, und dabei wollte er doch nur ein wenig Zeit mit seinen Töchtern alleine verbringen.«
»Wenn es nach ihm gegangen wäre, wären wir Jungen geworden«, erwiderte Caroline und tätschelte den Hund.
»Das ist nicht wahr. Er hätte jedem die Hölle heiß gemacht, der behauptet hätte, ihm wären Söhne lieber als Töchter gewesen. Er wollte nur, dass ihr die Natur genießt, die er so geliebt hat.«
»Es war ein bisschen komplizierter«, entgegnete Caroline nach einer winzigen Pause freundlich.
»Nun«, begann Augusta, aber ihre Stimme
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