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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Einflussfaktoren, die Sie erwähnt haben? Die Risiken?«
    »Nein.« Sams Eulenaugen blinzelten. »Der andere Faktor sind Sie.«
    Caroline spürte, wie sie errötete. Sie sah auf ihre Schuhe, dann kehrte ihr Blick zu Sam zurück. Sein Gesicht war mitfühlend, als hätte er ihr soeben eine Hiobsbotschaft überbracht und würde darauf warten, dass sie den Schlag verdaute.
    »Ich?«
    »Ja, Sie. Das müssen Sie doch wissen. Ich habe keine Ahnung, was damals zwischen Joe und Ihnen passiert ist, aber es hat ihn völlig aus der Bahn geworfen. In Ihrer Nähe zu sein war ein wichtiger Faktor in seiner Entscheidung, die
Cambria
zu bergen.«
    »Aus der Bahn geworfen.«
    »Ja. Ehrlich gesagt, ich bin überrascht, dass wir hier zu Abend essen. Im Renwick Inn. Das soll keine Beleidigung sein, bitte missverstehen Sie mich nicht. Aber der Name Renwick …«
    »Weckt Furcht in den Herzen der Piraten.«
    »Genau«, erwiderte Sam mit ernster Miene.
    »Heißt das, dass er heute Abend nicht hier isst?« Caroline versuchte gleichmütig zu klingen.
    »Nein, er kommt«, sagte Sam.
     
    Caroline wusste nicht genau, was sie empfand, als sie ihn erblickte. Joe Connor parkte seinen Pick-up, stieg aus und reckte sich. Sie sah, wie sich seine gebräunten Unterarme beugten, wie sich die Schultermuskeln unter dem blau karierten Hemd anspannten. Er steckte die Hemdzipfel in seine Jeans, und sie konnte nicht umhin, den flachen Bauch und den breiten Brustkorb zu bemerken. Er war groß und attraktiv, und als sie sich an den Kuss an Bord der
Meteor
erinnerte, spürte sie, wie sie errötete.
    Aber Sams Worte »sie sehe nicht aus, als wäre sie des Teufels« gingen ihr nicht aus dem Kopf, und auch nicht, dass sie Joe damals »aus der Bahn geworfen« hatte oder dass Sam überrascht war, weil sein Bruder auch nur in Erwägung zog, in ihrem Gasthof zu essen. Sie spürte, wie sich ihr Rücken versteifte.
    Er stand im Vestibül, mit gespreizten Beinen, die rauen Hände in den Taschen seiner Jeans vergraben. Sie fühlte ein Kribbeln im Nacken.
    »Hallo, Joe.«
    »Hallo!« Er schien überrascht zu sein, sie zu sehen. »Du arbeitest noch so spät am Abend?«
    »Ich bin die Besitzerin. Ich bin meistens hier.«
    »Wie der Kapitän eines Schiffs. Immer im Dienst.« Er rang sich ein Lächeln ab.
    »Euer Tisch ist fertig«, sagte sie und ging ihm ins Restaurant voraus.
     
    Alle bestellten Steaks und Salat, obwohl das Renwick Inn ganz offensichtlich eher ein Gourmettempel war, auf Austern und Gänseleberpastete spezialisiert. Joe ließ seine Männer gewähren, die ein Bier nach dem anderen kippten, das noch blutige Rindfleisch verschlangen und sich Schauergeschichten vom Meer erzählten, aber er spürte, wie die Künstler vor Abscheu erstarrten. Zweimal forderte er seine Mannschaft auf, leiser zu reden und ihre Zunge im Zaum zu halten, aber die Lautstärke nahm in gleichem Maß zu wie die Flüche.
    Joe hatte sich einzureden versucht, Caroline sei heute Abend nicht im Gasthof, doch seit er sie gesehen hatte, verfolgte er sie mit seinen Blicken. Seine ungeteilte Aufmerksamkeit galt der Restauranttür. Zweimal glitt sie an ihm vorbei, schlank und anmutig in ihrem langen schwarzen Kleid. Beide Male warf sie einen kurzen Blick zum großen Tisch hinüber, aber das lag wahrscheinlich am Verhalten seiner Männer. Sam erzählte gerade in epischer Breite, wie er bei der National Science Foundation Forschungsgelder locker gemacht hatte, und Dan unterbrach ihn ständig mit einer Anekdote über die Prostituierten auf den Fidschi-Inseln. Joe hörte kaum hin. Seine Augen waren auf die Tür gerichtet.
    Nach dem Essen fielen sie in die Bar ein. Mehrere Künstler aus New York luden sie ein, an ihrem Tisch Platz zu nehmen. Sie verglichen ihre Tätowierungen. Die Künstler zogen Blumen, Schmetterlinge und Stacheldraht vor, die Seeleute Frauennamen, Schiffsembleme und Schlangen. Das Bier floss in Strömen, und einige Männer rundeten es mit dem einen oder anderen Glas Southern Comfort ab. Joe erinnerte sich an die Zeit, in der er noch dem Alkohol zugesprochen hatte, und spürte geradezu das Brennen, das durch die Kehle rann. Als er zusah, wie sich Sam ein Glas genehmigte, wurde ihm bewusst, dass er nie mit seinem Bruder getrunken hatte.
    Ohne irgendjemandem etwas zu sagen ging Joe nach draußen. Die frische Luft tat ihm gut. In Bars herumzustehen war nichts mehr für ihn. Dort lief man nur Gefahr, wieder von den alten Begierden heimgesucht zu werden. Da er meistens auf See war, vermochte

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