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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Sie dachte an Skye, und Tränen traten ihr in die Augen und liefen über ihre Wangen. Sam betrachtete die Lampions, und so entging ihm, wie sein Bruder Carolines Hand nahm und sie hielt. Carolines Finger streiften Joes zerschundene Knöchel, und sie fragte sich, wie viel Überwindung ihn diese tröstliche Geste kosten mochte.
    »Findet der Ball jedes Jahr statt?«, fragte Sam.
    »Ja.«
    »Sind wir eingeladen?«
    »Sam!«, ermahnte ihn Joe barsch und wandte den Blick lange genug von Caroline ab, um das Lächeln zu verpassen, das ihre Augen erhellte.
    »Natürlich. Ich würde mich freuen.«
    »Ich alleine? Oder Joe auch?«
    »Ihr seid alle eingeladen. Die ganze Crew. Es ist ein Kostümball.«
    »Und als was sollen wir kommen?«
    »Als Piraten, was sonst«, sagte Caroline und blickte in die verhangenen blauen Augen seines älteren Bruders, des unerbittlichsten Piraten, den man sich vorstellen konnte.
    6. Januar 1979
Liebe Caroline,
wie bringen wir Dich nach Newport … das ist die Frage. Ich wollte Dich überraschen und nach Connecticut fahren, um Dich abzuholen, aber ich habe mich gewissermaßen selbst ausmanövriert. Daran waren das Bier, der Wagen meiner Mutter und mein kleiner Bruder schuld, eine unheilvolle Kombination.
Ich wünsche mir sehr, dass Du kommst. Ich habe mir jede Menge Karten besorgt und daran gedacht, Dich mit dem Segelboot abzuholen. Narragansett Bay, Block Island Sound, Fishers Island Sound und dann am Thames River vorbei nach Black Hall.
Und Firefly Hill.
Verdammt, wen halte ich eigentlich zum Narren? Es würde endlos lange dauern, bis ich bei Dir bin, mitten im Winter. Ich war ein Idiot und habe Mist gebaut; der Unfall war allein meine Schuld. Das Problem ist, Idioten wiederholen ihre Fehler meistens. Ich vermisse Dich, C.
    Alles Liebe
Joe
    4. Februar 1979
Lieber Joe,
ich würde es Dir nie verzeihen, wenn Du selbst bei dem Autounfall verletzt worden wärst oder wenn Sam etwas passiert wäre. Du musst mich unbedingt holen! Das ist für mich der einzige Weg, nach Newport zu kommen und bei Dir zu sein. Ich vermisse Dich auch, so sehr, dass ich es kaum aushalten kann. Aber wie kann das sein, wir kennen uns nicht einmal? Oder doch? Beeil Dich, J.
    Ungeduldig wartend
C.

[home]
    11
    I m Sonnenzimmer nähte Augusta lange schwarze Filzstreifen an ein Paar Ballerinas. Vor sich, auf dem Fußpolster, lag ein Kunstband; sie hatte eines der Harlekinbilder von Picasso aufgeschlagen, das sie nun mit großer Sorgfalt kopierte. Sie liebte Harlekine. Sie waren so verschlossen und lakonisch, unergründliche Spötter. Sie beglückwünschte sich zu dem Einfall.
    Eine Figur von Picasso war auf den ersten Blick als solche erkennbar. Sie wollte keinen von Carolines weniger gebildeten Hausgästen bloßstellen, indem sie ein Kostüm fragwürdiger Herkunft für den Ball auswählte. Sie hätte sich ein Gemälde von Karsky oder Cubzac als Vorlage aussuchen können, Maler, von denen noch niemand etwas gehört hatte, doch dann würde sie den ganzen Abend Erklärungen abgeben müssen. Und danach stand ihr nicht der Sinn.
    Augusta wusste, dass sie eine tadellose Figur hatte. Der Harlekin war wie Augusta groß und schlank, und sie würde anmutig und elegant in dem Rautenanzug aussehen. ein attraktives, witziges, geistreiches Kostüm.
    Das einzige Problem war, dass Hugh Picasso verabscheut hatte.
    Als Künstler hatte Hugh wie alle anderen seine Werke bewundert. Wer würde es auch wagen, auf einen Mann herabzusehen, der die Malerei des 20. Jahrhunderts im Alleingang auf den Kopf gestellt hatte, den Meister der Linie, den Wegbereiter des Kubismus? Wer würde einen Künstler verachten, der in der Lage war, die Menschen gleichzeitig von vorne und im Profil wahrzunehmen?
    Nein, es ging nicht um die Kunst. Hugh hatte Picasso um sein Leben beneidet. Für Hugh Renwick war der große Pablo Picasso »Pablo« gewesen, ein Gleichrangiger. Und da die englische Übersetzung von Pablo »Paul« lautete, hatte er ihn insgeheim Paul genannt. Ihn Pablo zu nennen, oder schlimmer noch Picasso, wäre in seinen Augen einem Kotau vor einem überheblichen Spanier gleichgekommen.
    Hughs Neid auf Picasso hatte geradezu krankhafte Ausmaße angenommen. Er war neidisch auf die Frauen, die Bewunderung, das Lob der Fachwelt, auf Südfrankreich, wo er lebte, auf die Stierkämpfe und die Legende, die er schon zu Lebzeiten war. Hugh konnte ebenfalls auf ein gerüttelt Maß an Frauen, Bewunderung und Lob verweisen, aber die Küste Neuenglands ließ sich kaum mit

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