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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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sein Interesse den Meeresbewohnern, genau wie Joes dem Schlick und Sedimentgestein auf dem Meeresgrund. Was wäre, wenn wir beide in Yale landeten? dachte Joe. Wenn wir eine Möglichkeit fänden, in unmittelbarer Nähe zu leben statt zwei Ozeane voneinander entfernt? Wenn wir unseren erlernten Beruf ausübten und an einer Eliteuniversität unterrichteten?
    Nicht für immer, dachte Joe, denn dann gälte es zu viel auf einmal zu bedenken. Aber eine Zeit lang … wer weiß?
    Sam sagte etwas zu ihm. Zweihundert Fuß unter der Meeresoberfläche schwamm sein Bruder zwischen den Fischen auf dem Moonstone Reef umher, riss den Mund auf und deutete mit den Lippen Worte an. Er hatte das Mundstück herausgenommen und versuchte ihm durch übertriebene Aussprache etwas mitzuteilen. Sein Mund bewegte sich, er schien die Worte zu wiederholen. Joe beobachtete, wie er die Silben formte, und las sie seinem Bruder von den Lippen ab.
    »Black Hall«, sagte Sam, während die Blasen platzten. »Black Hall.«
    14. März 1979
Lieber Joe,
ich gebe zu, in meinem letzten Brief sind die Pferde mit mir durchgegangen. Wahrscheinlich ist es verrückt, dass ich es gar nicht erwarten kann, Dich zu sehen, kenne ich Dich doch nicht einmal. Aber seit Du erwähnt hast, dass Du herkommen willst, halte ich am Horizont nach Segeln Ausschau. Ich kann Dir nicht beschreiben, was in mir vorgeht.
    Alles Liebe
Caroline
    20. April 1979
Liebe Caroline,
in mir geht auch etwas vor, was ich nicht beschreiben kann. Halte die Augen weiterhin offen, ich komme, sobald ich das Geld beisammen habe, um mein Großsegel reparieren zu lassen. Es ist letzte Woche während einer Böe gerissen. Eigentlich hätte ich gar nicht auf dem Wasser sein dürfen, aber ich dachte, ich mache mir den Wind zu Nutze, um nach Connecticut zu segeln (d.h. zu Dir).
    Alles Liebe
Joe

[home]
    12
    S kye saß in ihrem Atelier und versuchte sich auf die Arbeit einzustimmen. Der Raum, an der Nordseite gelegen, war kühl.
    Der Ton lag bereit. Sie saß auf ihrem üblichen Platz, einem hohen Metallschemel, den sie dicht vor einen Tisch mit einer ebenmäßigen Steinplatte geschoben hatte. Ihre rauen Fingerspitzen streiften über die glatte Oberfläche. Ihre Zunge fühlte sich geschwollen an, und ihr Kopf hämmerte zum Zerspringen. Sie spürte ein fortwährendes dumpfes Pochen in der linken Schläfe. Unbewusst berührte sie die Stelle immer wieder und drückte darauf, um zu sehen, ob sie dann noch mehr schmerzte.
    Sie war gestern Abend gestürzt. Auf dem Weg vom Garten zum Haus war sie gestolpert, hingefallen und hatte sich die Knie aufgeschrammt und den Kopf an einem Stein angeschlagen. An beiden Handballen hatte sie Schürfwunden. Sandkörner und winzige Kieselsteine hatten Abdrücke auf ihrer Haut hinterlassen. Als sie wieder klar denken konnte, hatte Homer ihr Gesicht abgeleckt.
    Der Sturz machte ihr Angst. Ihr war nicht schwindlig, und ein Blick in den Spiegel hatte keine blauen Flecken enthüllt. Aber die Seite des Kopfes, auf die sie gefallen war, fühlte sich anders an als sonst, beinahe so, als hätte sie sich einen Schädelbruch zugezogen. Sie schmerzte höllisch. Ihre Mutter und Simon waren im Haus gewesen. Skye war hinausgegangen … um was zu tun? Sie erinnerte sich nur noch verschwommen daran. Aus welchen Gründen auch immer war sie wütend gewesen und hinausgerannt, um das Meer zu betrachten. Homer war zufällig zu dem Zeitpunkt von einem seiner Streifzüge heimgekehrt.
    Als Skye den Ton auf dem Tisch ansah, ließ er sie völlig kalt, beflügelte sie in keiner Weise. Ihr fehlte heute der schöpferische Funke, der erforderlich war, um als Bildhauerin zu arbeiten. Er war in letzter Zeit immer häufiger ausgeblieben. Der kreative Impuls musste sie vom Gehirn bis zu den Fingerspitzen durchströmen, um dem Ton in ihrer Hand Form zu geben und Leben einzuhauchen. Der Alkohol blockierte diese schöpferische Energie. Er dämpfte den Schmerz, aber auch die Liebe.
    Jeden Morgen wachte sie mit einem Kater auf und gelobte sich, an diesem Tag keinen Tropfen anzurühren. Auch vor ihrem Sturz hatte sie häufig Kopfweh gehabt. Sie hatte sich in den schlimmsten Farben ausgemalt, wie sich der Alkohol von innen nach außen durch ihren Schädel fraß. Doch im Verlauf des Tages wurde das Verlangen immer größer. Die Leere in ihrem Innern war noch schwerer zu ertragen als die Kopfschmerzen, und sie wusste, ein Drink würde die schlimmsten Gefühle vertreiben. Zumindest für eine Weile.
    Jetzt brauchte sie

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