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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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waren, um nach Luft zu schnappen. Deshalb dachte er an Clarissa und zwang sich, richtig zu atmen.
    Hellblaue Lichter flammten über ihm auf. Sie beleuchteten das zermalmte Heck der
Cambria.
Das alte Mahagoniholz, zersplittert und mit Krebsen und Muscheln verkrustet, war inzwischen Teil des Riffs geworden. Fische schwammen pfeilschnell ein und aus. Die Sandmaschine saugte Trümmer von der Stelle, an der sich der Schatz befand. Die Taucher schaufelten Münzen frei. Sie arbeiteten gewissenhaft.
    Dann erspähte Joe die beiden Skelette. Sie lagen eng umschlungen nebeneinander auf der Seite. Ihre Münder waren weit aufgerissen, die Knochen traten spitz hervor. Vielleicht hatten sie um Hilfe gerufen oder um Vergebung gefleht.
    Joe befahl sich, seine Gefühle auszuschalten.
    Wie ein Fisch schwamm er um sie herum, um Gleichmut bemüht. Sein Herz raste. Er wandte den Blick ab, dann betrachtete er die beiden erneut. Die Liebe hatte sie das Leben gekostet. Sie waren davongesegelt, hatten davon geträumt zu entfliehen. Die Sehnsucht nacheinander war größer gewesen als jede andere Bindung. Die Frau hatte eine Tochter gehabt.
    War es das wert? Auf diesem Riff zu sterben, von einem unverhofften Sturm überrascht? hätte Joe sie gerne gefragt. Nicht einmal zwanzig Meilen von dem Leuchtturm entfernt, in dem Elisabeth gelebt hatte. Joe dachte an seinen Vater, der fünfzig Meilen von zu Hause entfernt gestorben war. Er dachte an seine Mutter und Hugh Renwick, an das Chaos und die Wut, die diese Affäre mit sich gebracht hatte.
    Joes Herz hämmerte. Frauen waren für ihn immer ein sicherer Hafen gewesen, den man bei Sturm anlaufen konnte, einen nach dem anderen. So ließen sich Bindungen vermeiden, die chaotisch oder dauerhaft waren und nichts als Qualen verursachten, wie man sah. Er schwamm näher an die beiden Skelette heran. Eine Lampe von Dan in der Hand, richtete er den Lichtstrahl suchend auf die beiden Totenschädel mit den weit aufgerissenen Mündern.
    Da war es, das Schmuckstück, anhand dessen er Elisabeth Randall eindeutig zu identifizieren vermochte. Joes Hände waren schwer, seine Kehle brannte. Wenn man Clarissas Tagebuch Glauben schenken durfte, hatte sie es Tag und Nacht getragen. Stofffetzen klebten an den Brustwirbeln, und dazwischen lag es, direkt am Schlüsselbein, mit Algen und uralten Rankenfußkrebsen bedeckt. Joe griff hinein und entfernte es behutsam. Im Laufe der Jahre, in denen er viele Schiffswracks zu Gesicht bekommen hatte, hatte er sich angewöhnt, dem Tod ohne Sentimentalität zu begegnen. Er hatte es hundertmal getan, in einen Haufen Knochen gegriffen, um eine Goldkette, einen Diamantanhänger oder eine Taschenuhr hervorzuholen. Kaltblütig, im Interesse der Wissenschaft. Er hatte die Beute an sich genommen und war auf und davon, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
    Doch Elisabeths Kameenbrosche hätte eigentlich Clarissa gehört. Die Zeit wäre vergangen, wie es üblich war zwischen Mutter und Kind, und die Mutter wäre alt geworden und hätte ihre kostbarsten Besitztümer ihrer Tochter vermacht. Joe dachte an die goldene Uhr seines Vaters. Er hatte sie nach dessen Tod nie wieder gesehen. Eltern starben weit weg von zu Hause und nahmen ihre Habe mit ins Grab, Dinge, die ihren Kindern Trost spenden, ihre Trauer lindern oder ihnen sogar die eine oder andere Frage beantworten könnten.
    Nicht, dass solche Hinterlassenschaften genügten, aber sie waren etwas, woran man festzuhalten vermochte. Gegenstände, die man in die Hand nehmen und betrachten konnte, Erinnerungen an einen Menschen, von dem man früher einmal geliebt worden war. Und manchmal waren sie alles, was einem blieb. Joe starrte das Gebein an. Er versuchte, für die Frau zu beten, aber irgendwie schloss sein Gebet Caroline und Sam ein. Seine Kehle brannte. Der Gürtel mit den Gewichten zog ihn hinab, sein Atem rasselte in seinen Ohren. Aufgewühlt, die Kameenbrosche sicher verstaut, drehte er sich um und verließ das Wrack.
    Sobald er draußen war, hielt er nach Sam Ausschau. Als er ihn nicht gleich entdeckte, begann sein Herz zu klopfen. O nein, dachte er. Mit jemandem zu tauchen, der einem gefühlsmäßig nahe stand, war schlimmer, als einen Sack Flöhe zu hüten. Er schwamm einmal um das Wrack herum, immer schneller, und musterte die Taucher, die grüppchenweise bei der Arbeit waren.
    Er entdeckte Sam auf dem Riss. Ein Stück vom Wrack entfernt, unbeeindruckt vom Gold, hatte er seinen eigenen Schatz gefunden – einen Fisch. Als Biologe galt

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