Wodka und Brot (German Edition)
rissige Hand, die mich zum Eintreten aufforderte, passte zum alten Haus.
Nadav war aufgeregt, als der Gegenbesuch anstand. Er ordnete die Spielsachen auf dem Teppich und beschwerte sich wegen der besseren Spielsachen, die wir in der vermieteten Wohnung zurückgelassen hatten. Seinen Trumpf, das Feuerwehrauto, stellte er an den Kopf der Reihe, er bereitete sich einen Aussichtsplatz am Fenster vor und bedauerte, dass wir keine elektrischen Rollläden hatten, er schaute nach, ob im Kühlschrank Eis am Stiel vorrätig war, und bemühte sich, Wodka beizubringen, dass er sich hinlegte, wenn er den Befehl »Platz« hörte, aber Wodka, der Deutsche Schäferhund, war nicht überzeugt, dass ihn dieser Besuch zu irgendetwas verpflichtete, er weigerte sich.
Kim und seine Mutter erschienen zur verabredeten Zeit, und die Augen des Alten, der vom frühen Morgen bis zum Abend den Weg beobachtete, verpassten sie nicht, als sie durch das Tor gingen.
»Was machst du hier, Mirjam?«, fragte er von seinem Fenster aus.
»Meine Mama heißt Maja«, schrie ihm Kim mit dünner Stimme zu.
»Das willst du mir erzählen, Kleiner? Ich erinnere mich an sie, als ihr der Rotz aus der Nase lief und sie ihn sich nicht abgewischt hat.«
Sie nahm ihren Sohn an der Hand und fragte wie nebenbei: »Wie geht es Ihnen, Herr Levi?« Sie senkte die Schultern, machte sich klein, Hauptsache, Ruhe bewahren.
»Du hast das Haus schrecklich nett eingerichtet«, sagte sie, als sie eingetreten war und sich umschaute. »Ich erinnere mich noch daran, als dieser alte Mann, Herr Levi, mit seiner Familie hier gewohnt hat. Schoschana war eine Klasse über mir. Jede Woche habe ich ihnen einen Karton Eier aus unserem Hühnerstall gebracht, dann haben sie gebaut und sind in das neue Haus umgezogen, und alles ist schiefgegangen.« Sie warf einen Blick in den kleinen Spiegel auf der anderen Seite der Tür und ordnete ihre Haare. »Der Ortswechsel war für sie ein Wechsel des Glücks. Deshalb hatte ich Angst, in unser neues Haus zu ziehen, aber touch wood «, sie krümmte einen Finger und klopfte an den Türstock, von dem etwas alte Farbe abblätterte. »Als er noch ein kleines Haus hatte, hatte er alles, heute hat er ein großes Haus und sonst gar nichts mehr.« Kim riss sich von ihr los, rannte Nadav hinterher zum großen Zimmer und kreischte mit seiner dünnen Stimme: »Was, das ist dein Zimmer? Hast du keinen Computer? Ich hatte mal genau so ein Feuerwehrauto.«
Seine Mutter betrachtete unseren kleinen Flur wie ein Foto in einem Album. »Glaub mir, bei der ganzen großartigen Villa, die ich habe, wäre ich manchmal froh, in so ein kleines Haus zurückzukehren.«
Ich glaubte ihr. Wie viele andere verband sie ein kleinesHaus mit Wärme und Nähe, ihr war anzusehen, dass sie sich in ihren geräumigen, durchgestylten Zimmern einsam fühlte. Sie nahm den Kaffee, den ich ihr anbot, setzte sich auf einen der drei Plastikstühle in meiner Küche, der Stuhl senkte sich unter ihr, und sie seufzte, als habe ihr jemand in einem Warteraum einen Platz angeboten. Die Mirjam, die zur Maja geworden war, spähte aus den Ritzen, die sich im schweren Make-up ihres Gesichts und ihres Halses auftaten, der jahrelang der Sonne ausgesetzt gewesen war und auf dem die Creme jetzt glänzte wie Margarine auf einem Toast. Sie war zehn Jahre vor mir geboren, aber alles, was sie sich angetan hatte, um zu Maja zu werden, hatte sie älter werden und zwischen uns die Kluft einer Generation entstehen lassen.
»Du siehst wunderbar aus«, sagte sie, als hätte sie meine Gedanken gelesen. »Bestimmt ist es nicht leicht für dich, ein Kind allein aufzuziehen.«
»Wieso allein? Ich habe einen Mann.«
»Im Ernst? Entschuldige, ich war sicher, du bist alleinerziehend.« Sie wurde rot und nahm einen Schluck Kaffee. »Ich habe dich sogar ein bisschen beneidet, dass du mich nicht falsch verstehst, Roni ist ein guter Ehemann, aber es gibt keine Frau, die sich nicht von Zeit zu Zeit vorstellt, wie es wäre, allein zu sein. Meinst du nicht auch?«
Ich stimmte ihr zu. Die Kinder löschten im Zimmer Brände, Sirenengeheul schwoll an und ab. Sie schossen, wurden getroffen, siegten und gerieten in die schlimmsten Katastrophen, die man sich nur vorstellen konnte, und inzwischen befriedigte ich die Neugier meiner Besucherin und erzählte ihr, dass mein Mann nach Eilat auf eine Fischfarm gefahren war und oft nach Hause kam, und in dem Moment, in dem Gideon zu einem Mann wurde, von demman erzählt, kam er mir fremd und
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