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Wodka und Brot (German Edition)

Wodka und Brot (German Edition)

Titel: Wodka und Brot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Magén
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nach der richtigen Stellung für die Gliedmaßen suchte, und dann, nach ein paar Minuten, tiefe, gleichmäßige Atemzüge. Wie alt er wohl war? Was spielte das für eine Rolle. Hatte er jemanden, den er liebte? Auch das war nicht wichtig.
    Am Morgen, als wir das Bett verließen, war er nicht mehr da. Er war früh aufgestanden, hatte seine Sachen gepackt und war gegangen. Die Anrufbeantworter waren leer, es gab keine akustische Nachricht, keine SMS. Kein Zettel auf dem Küchentisch. Unser neues Leben nahm seinen Lauf. Zerrissene Wolken hingen über dem Wald, Raben flogen kreischend über den Wipfeln, wollten mit den Schnäbeln in die Wolken stoßen, sie zerfleischen.
    Der Junge betrachtete sie, einen Fuß schon im Auto, ich drängte ihn, einzusteigen. Nun, da der normale Kindergarten wieder angefangen hatte, durfte er nicht zu spät kommen. Er war stolz auf diese offizielle Verpflichtung, woher sollte er wissen, dass Verpflichtungen im Lauf der Zeit zunehmen und ihm das Leben schwermachen würden.
    »Papa ist schon wieder ins Krankenhaus zurückgegangen, nicht wahr?«, fragte er und hängte seine Tasche mit dem Essen an den Haken, er wartete nicht auf eine Antwort, er zog es vor, dass die optimistischere Möglichkeit ihm für diesen Tag erhalten blieb. »Gehst du in den Laden?« Noch ein Zeichen, dass die Welt so war wie sonst.»Wow, du siehst vielleicht aus, was ist mit dir?« Madonna sah mich sofort, als ich den Laden betrat. »Bist du krank oder was?«
    Amjad sagte nichts, er senkte verlegen die Augen.
    Ich erzählte es ihnen. Ich wollte mich nicht zusätzlich damit belasten, ihnen etwas vorspielen zu müssen. »Mein Mann ist aus dem Krankenhaus weggelaufen, und keiner weiß, wo er ist.«
    »Ich will dir ja nicht wehtun«, sagte Madonna, »aber bestimmt ist da eine Frau im Spiel. So sind die Männer. Aber er wird auf allen vieren zu dir zurückgekrochen kommen, mach dir keine Sorgen. Das tun sie alle, ohne Ausnahme, nicht wahr, Amjad?« Sie zwinkerte ihm zu.
    »Dort, wo ich herkomme, ist es nicht so.« Er drehte uns den Rücken zu und sortierte die Zeitungen.
    »Klar, natürlich«, sagte sie herausfordernd, aber er reagierte nicht, er steckte die Beilagen mit Essen und Mode und Kultur zwischen die Seiten mit Kriegen und Attentaten,  mit Politik und Verbrechen, und schwieg. Die üblichen morgendlichen Käufer von Milch und Brötchen kamen und gingen, Madonna, von den Füßen bis zum nackten Hals in enge, schwarze Sachen gekleidet, bediente sie, und zwischen Brötchen und Brötchen warf sie mir verstohlene Blicke zu. Ich wollte nicht, dass sie mich bemitleideten, diese beiden, ich stürzte mich auf den Kühlschrank, räumte das Milchfach leer, wies sie an, die Milch, die aus beschädigten Packungen gelaufen war, aufzuwischen, und während sie damit beschäftigt waren, hörte ich das Telefon ab und hasste die mechanische Stimme der Ansagerin, die ständig wiederholte, dass ich keine neuen Nachrichten hatte. Sie sollten ja kein Mitleid mit mir haben, diese beiden, ich suchte mir Beschäftigungen, ich trennte das Rapsöl vomSojaöl und ordnete sie in zwei verschiedenen Türmen, ich baute Pyramiden aus Dosen mit Erbsen und kontrollierte das Handy. Die morgendlichen Wolkenfetzen lösten sich auf, die Sonne war nicht bereit, sich dem Gesetz der Natur zu unterwerfen, sie knallte vom Himmel, als hätten wir Juli. Wenn er keine Flasche Wasser mitgenommen hat, wird er austrocknen, wenn er nicht rechtzeitig Hilfe findet, wird er wieder die Besinnung verlieren, wenn …
    Jonathan rief an. Ich ging hinaus, vor den Laden, damit das Gespräch vom Straßenlärm verschluckt wurde und es keine Mithörer gab. »Was ist los?«, fragte er, und ich wusste, dass er sich das freie Ohr mit der Hand zuhielt und gespannt zuhörte.
    »Einstweilen ist alles in Ordnung.« Ich bemühte mich, meiner Stimme einen kräftigen Ton zu verleihen.
    »Ich möchte, dass du etwas weißt, Amia, ich habe bei der Polizei angerufen, aber sie haben gesagt, dass sie erst achtundvierzig Stunden nach dem Verschwinden anfangen, nach einem Vermissten zu suchen. Ich habe auch in den Krankenhäusern angerufen, bei den Unfallstationen, nichts.«
    »Das ist in Ordnung, Jonathan, du hast getan, was du für richtig hältst.«
    Drei junge Männer betraten den Laden, von weitem sah ich, wie ein Lächeln auf Madonnas schwarz gemalten Lippen erschien, von mir aus, sollte sie lächeln. Ich war dem Schicksal des Ladens gegenüber gleichgültig geworden, er war im Vergleich zu

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