Woelfe der Dunkelheit
Lydia schwieg und zog schwerfällig Luft ein. Der Mann packte sie an den Oberarmen und stellte sie auf die Füße. »Was bist du? Ein Dämon? Eine Hexe?« Die kleine Blondine schüttelte den Kopf und sah zu Christopher, der hinter dem Mann stand.
»Wolf«, krächzte sie und Christopher hätte sie am liebsten tröstend in seine Arme gezogen. Es herrschte einen Moment Stille, dann schien der Mann zu begreifen.
»Du bist ein Werwolf.« Er stieß sie auf das Bett und sah sich im Zimmer um. »Du hast wohl schon alles gefunden, was aus Silber ist, wie?« Er nahm die Schmuckschatulle und den Kerzenleuchter und verließ das Zimmer.
Nach wenigen Augenblicken kam er zurück. Sie lag noch immer auf dem Bett, wie er sie zurückgelassen hatte. Nackt und hilflos. Unbeteiligt.
»Du wirst mir ein hübsches Sümmchen einbringen, meine Zuckerpuppe.« Christopher konnte es nicht mehr ertragen und schrie: »Warum lässt du das mit dir machen? Du bist stark! Kämpfe!« Der Mann drehte sich um und starrte Christopher mit wutverzerrten Augen an.
»Sie gehört mir! Ich habe ihr am Tag meines Todes geschworen, dass ich sie töten werde. Und nun ist es endlich so weit. So viele Jahre habe ich warten müssen.«
»Deswegen die Aufputschpillen?« Der Mann nickte.
»Ich kann sie nur im Traum aufsuchen und ihr wehtun. Sie hat bis jetzt nie lang genug geschlafen, dass sie in die Tiefschlafphase kam. Deswegen konnte ich bisher nicht von ihrem Geist besitz ergreifen. Aber jetzt ist meine Stunde gekommen.« Als beide Männer zum Bett sahen, hielt sich Lydia die Ohren zu und starrte zum Fenster. »Sie wird diesen Traum nicht lebend verlassen.«
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15. Kapitel
Wieso musste Christopher immer wieder zurückkommen und ihre Schmach und Demütigung miterleben? Konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen? Sie wollte nichts mehr fühlen. Keine Angst, keine Schmerzen. Einfach nichts.
Der Traum verschob sich und um sie herum wurde alles hell. Gleißendes Licht blendete sie, als sie die Kraft eines starken Windes spürte. Als die Helligkeit etwas nachließ und sie wieder etwas sehen konnte, stand sie an einer großen Tür, die ins Unbekannte führte. Wo war sie?
Um sie herum war Wasser und etwas entfernt konnte sie Schnee entdecken. Schnee! Also musste sie nördlich auf der Erde sein. Weit weg von Los Angeles. Weit weg von Christopher? Wieso wurde ihr Herz plötzlich so schwer? Hatte sie sich nicht gewünscht, dass er aus ihren Träumen verschwand?
»Lydia. Geh durch die Tür. Dann wirst du nie wieder Schmerzen spüren.« Es war die freundliche Stimme einer Frau, weich und melodisch. Aber konnte sie ihr vertrauen? Sie beäugte argwöhnisch die Tür, die wie der Eingang zu einer mittelalterlichen Burg aussah. »Beeil dich. Ich kann die Mare nicht lange täuschen.«
Lydia wich zurück. Das war sicherlich eine Falle. Wieso sollte sie plötzlich von allen Schmerzen befreit werden? Das war nicht in Domonics Sinn. Und er hielt sie hier gefangen.
Vor ihren Augen zerfiel die Tür in tausende Scherben und das Meer um sie herum versiegte. Zurück blieb ein ausgedörrter Boden, der an eine Wüste erinnerte.
»Niemand wird dich vor mir retten können.« Christopher tauchte neben ihr auf und stellte sich beschützend vor sie.
»Lydia. Du musst aufwachen. Ich bitte dich. Kämpfe.«
»Christopher. Warum tust du das? Warum lässt du mich nicht einfach sterben?« Erschrocken drehte er sich zu ihr um.
»Ist das dein ernst? Ich könnte dich nie im Stich lassen. Dafür liebe ich dich viel zu sehr.« Liebe. Lydia wurde ganz warm ums Herz. Aber sie würde ihn nie glücklich machen können.
Genau wie seine verstorbene Frau würde er sie irgendwann hassen, weil sie mit ihm nie das Bett teilen könnte. Es nicht wollte. Stimmte das? Seine Arme waren für sie tröstend gewesen und sie hatte sich nach ihnen gesehnt. Aber sie war nicht in der Lage, etwas zu empfinden und dieses Gefühl des Ausgeliefertseins wollte sie nie wieder spüren.
Oder den Verrat, den Josh so unbedacht an ihr gegangen hatte. Er hatte gewusst, was sie empfand und hatte es für sich ausgenutzt. Vielleicht war es ganz gut gewesen, dass sie nichts gespürt hatte. Sonst wäre mit ihrem Stolz auch ihr Herz gebrochen gewesen.
Tieftraurig sah sie zu Christopher, der die immer noch vor Domonic abschottete. Er war ein guter Mann, der eine andere Frau glücklich machen würde. Warum sammelten sich dann auf einmal Tränen in ihren Augen? Sie kämpfte gegen den Kloß in ihrem Hals an und sagte
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