Wölfe der ewigen Nacht (German Edition)
zögerte auch nicht, seinen Wünschen nachzugeben. Ganz im Gegenteil. Sie schien eine gewisse Region an seinem Körper besonders gern zu küssen und zu schmecken. Schon, wenn er daran dachte und seine Frau in diesem dünnen Stück Stoff vor sich sah, wurde seine Erektion unerträglich.
»Joshua aus Alexandria? Ich habe immer angenommen, er bleibt lebenslang ein Junggeselle.« Robert grinste. Seine Frau hatte Joshua nur ein einziges Mal gesehen und trotzdem war ihr dieser Wesenszug an ihm aufgefallen und in Erinnerung geblieben. Typisch.
»Irgendwann musste er ja mal einer Frau ins Netz gehen. Wollen wir hinfahren?« Vivien sah nachdenklich zu der Verbindungstür zum Gästezimmer.
»Ich weiß nicht. Ich hätte kein gutes Gefühl dabei, die Kleine hier allein zu lassen. Sie erholt sich eben erst von dem Trauma und hat etwas Vertrauen in uns gefunden.« Und er verstand sie. In seinem Inneren regte sich ebenfalls ein Beschützerinstinkt, den er nur einmal in seinem Leben gespürt hatte. Als er Vivien kennenlernte. Aber an Snow war er nicht körperlich interessiert, auch wenn sie sehr hübsch war. Er fühlte sich wie ihr Bruder oder ihr Vater. Als wäre er für sie verantwortlich. Deswegen war er mit Viviens Entscheidung auch ganz zufrieden.
»Ich rufe ihn morgen früh gleich an, dass es bei uns aus familiären Gründen nichts wird.« Sie nickte zustimmend.
»Ich schau mal, was wir ihnen als Hochzeitsgeschenk schicken können, wenn wir schon nicht hinfahren.« Sie dachte wirklich an alles. Plötzlich hörten sie ein Scheppern und das Zerspringen von Glas aus dem Gästezimmer. Robert war schon an der Tür, als Vivien das Bett hinter sich ließ. Wie sie nach einer gefühlten Ewigkeit die Tür des Gästezimmers erreichten, sahen sie auf den ersten Blick nichts.
»Sie ist nicht in ihrem Bett!« Robert ging zum Fenster um es zu überprüfen, als er Vivien scharf Luft einatmen hörte.
»Snow! Was ist passiert?« Noch während er sich umdrehte, nahm er den Blutgeruch wahr. Sie hatte sich verletzt. Vivien stand in der Tür des kleinen Gästebades und sah ungläubig in den Raum. Snow hatte den Spiegel zertrümmert und saß nun mit angezogenen Knien und den Händen über den Ohren auf dem kalten Boden in der äußersten Ecke des Bades. Ihre Augen waren vom Weinen rot gerendert und ihre Lippen hatte sie fest aufeinander gepresst. Ein leises Murmeln drang an sein Ohr: »Das bin ich nicht ... das bin ich nicht ... Nein ... Der Spiegel lügt ... Das bin ich nicht ...« Vivien redete auf sie ein, doch Snow reagierte nicht. Er ließ sich kurzerhand neben die apathisch vor sich hinmurmelnde Blondine auf die Knie sinken und gab ihr eine leichte Ohrfeige.
»Robert!« Viviens entrüsteter Ausruf blieb ungehört, da Snow in der nächsten Sekunde wieder zu sich kam und sich in Roberts Arme sinken ließ. Dann brachen alle Dämme und Snow weinte ihren ganzen Kummer aus sich heraus. Robert hob sie hoch und trug sie zum Bett, wo Vivien schon Verbandsmaterial bereitlegte.
»Es ist alles gut. Beruhige dich.« Aber erst nach einer gefühlten Ewigkeit verklangen die Schluchzer und Snow brachte ein paar wenige Worte heraus, während Vivien ihre Hand verband.
»Ich habe von einem Mädchen geträumt. Aber das waren keine Träume. Das Mädchen bin ich und es waren Erinnerungen.«
»Das ist doch gut. Du beginnst, dich zu erinnern.« Snow schüttelte den Kopf.
»Ich bin allein. Meine Mutter hat mich weggeschickt. Ich bin ganz allein.«
»Erinnerst du dich an noch etwas? Einen Namen? Einen Ort? Irgendetwas?«
»Ein Mann hat mich geschlagen und dann bin ich gerannt. Ich dachte, das wäre nur ein Alptraum gewesen. Aber es war real.« Vivien sah ihn traurig an. Er verstand sie auch ohne Worte.
»Du kannst hier bei uns bleiben. Das Rudel wird sich freuen, endlich mal eine junge Frau bei uns begrüßen zu können.« Vivien legte ihre Hand auf Snows Schulter.
»Wir werden ab jetzt deine Familie sein.« Wieder begann Snow zu weinen, aber dieses Mal vor Freude. Sie brauchte dieses Mal nicht ganz so lange um sich zu beruhigen.
»Was meint ihr eigentlich, wenn ihr Rudel sagt? Ist das ein anderes Wort für Familie?« Vivien und Robert sahen sich verwundert an.
»Richtig. Wenn sie ihr Gedächtnis verloren hat, weiß sie auch nichts mehr über die Wölfe.« An Snow gewandt sagte Robert: »Wir sind von Odin erschaffene Wesen. Es gibt eine alte Überlieferung etwa um fünftausend vor Christus, dass ein mutiger Schäfer Odins Wölfe derart beeindruckte,
Weitere Kostenlose Bücher