Woelfe der Macht
noch wenige Schritte von ihm entfernt und ihre schwarzen Flügel wurden vom starken Wind hin und her gerissen. »Das Nächste, an das ich mich erinnern konnte, war, dass mir ein Mann eine Ohrfeige gegeben hat und mich einem ekelhaften Wolf schmackhaft machen wollte.« Sie senkte den Kopf etwas und zischte: »Weißt du, was er gesagt hat? Ich sei eine Missgeburt, die man ohne schlechtes Gewissen in ein paar Jahren als Bettwärmer benutzen könnte. Und wenn ich nicht mehr neu wäre, würden sich sicher die anderen Männer der Burg an mir erfreuen können.«
Erik sah sich ihren kleinen zittrigen Körper an, der diese enorme Energie freisetzte. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt, wobei sich ihre Nägel in die Handflächen bohrten und Blut von ihnen herabtropfte.
Der Sturm hatte sich mittlerweile zu einem sehr starken Gewitter gesteigert und überall um die kleine Gruppe schlugen Blitze ein. War das wirklich alles dieses kleine Mädchen?
In der Tat musste er sich eingestehen, dass sie ihn vor diesen Attentätern gerettet hatte. Wehrlos war sie nicht. Aber diese Kraft ... Vielleicht war sie gar nicht zu hundert Prozent ein Rabe. Es war sehr wahrscheinlich, dass noch etwas viel Mächtigeres in ihr schlummerte.
Und dann kam ihm plötzlich ein furchtbarer Gedanke. Was, wenn sie die Kriegerin aus der Prophezeiung war? So wie sie jetzt hier vor ihnen stand und mit ihrer Kraft alle erstarren ließ, würde sie auch die anderen in den Krieg führen. Und ihr würden sogar die meisten folgen. Erik würde es sofort tun. Aber bei ihm waren noch andere Gefühle im Spiel. Er liebte sie.
Er wollte sich eben wieder auf die Beine erheben, als er am Hals gepackt wurde und der vermummte Mann von Joels Bodyguards ihm ein sehr scharfes Messer an den Hals hielt. Noch bevor er etwas sagen oder überhaupt reagieren konnte, schrie der Mann: »He Kleine! Wenn dir das Leben deines Freundes hier etwas wert ist, hörst du sofort mit diesem Hokuspokus auf!«
Zuerst dachte er, Josi hätte nichts gehört, aber nach einem Augenblick, der ihm wie eine Ewigkeit vorkam, sah sie ihn an. Ihre Augen wirkten trotz des stechenden Blaus leer und unbeteiligt. Als stünde eine andere Frau vor ihm. Dann senkte sich ihr Blick auf das Messer. Die Sekunden verstrichen, was sich für ihn wie Stunden anfühlte. Nicht, weil er ein Messer am Hals hatte, sondern weil er sich um sie sorgte. Sie sah wieder zu Joel und dann nochmal zu Erik. Ihre Augen flackerten zwischen diesem intensiven Blau und dem normalen schwarz Hin und Her.
Der Mann hinter ihm drückte das Messer fester an seinen Hals, sodass er spürte, wie sein Fleisch eingeschnitten wurde. Die Klinge war scharf wie ein Rasiermesser und es floss sofort etwas Blut. Nicht viel, aber genug, um Josi darauf aufmerksam zu machen, dass er nicht bluffte.Ihre Flügel verschwanden.
»Sei vernünftig, Mädchen.« Das Gewitter ließ nach und es begann zu regnen. Nur ein leichter Sprühregen, aber Erik konnte ihre Gefühle in diesem sanften Niederschlag erkennen. Ihr Gesicht war ausdruckslos, aber ihre Augen, die nun wieder pechschwarz waren, sagten mehr als tausend Worte. Sie hatte ihre Chance auf Rache seinetwegen vertan. Joel konnte sich wieder bewegen und sah zu dem Mann, der Erik bedrohte.
»Amam, lass ihn los.« Nur einen Augenblick später konnte sich Erik wieder frei bewegen und lief direkt auf Josi zu, die er sofort in seine Arme schloss.
Sein Herz tat einen regelrechten Sprung, als er spürte, wie sie sich an ihn klammerte und leise schniefte. Er hatte nichts dagegen, als großer Teddy benutzt zu werden, solange sie nur bei ihm blieb und keinen Blödsinn anstellte. Er strich ihr sanft über den Rücken, wo der Stoff zerrissen war, wo ihre Flügel gewachsen waren. Das musste sie ihm dann auf jeden Fall erklären.
»Komm wir gehen heim.« Joel näherte sich ihnen und berührte Josi sanft am Arm. In Eriks Augen eine ganz schlechte Idee, nach dem, was gerade passiert war.
»Schwester! Bitte lass uns reden.« Mit einem Zischen drehte sie sich zu Joel um, sagte aber nichts. Sie hatte diesen anklagenden Blick und würde sich nicht länger beherrschen können. Sie war völlig verkrampft und zitterte leicht in seinen Armen. Wenn er nicht noch so ein kleines Schauspiel erleben wollte, musste er sie hier schnell wegbringen.
»Joel, lass sie in Ruhe. Ich glaube, einen weiteren Angriff würdest du nicht überleben und ich wahrscheinlich auch nicht.« Sein Blick wanderte zu dem vermummten Mann, der mittlerweile neben
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