Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
Erlebnis - Gott sei Dank bin ich Schauspieler. Für einen Schauspieler ist jede Erfahrung Arbeitsmaterial.

5
    Am Abend, als Milo und ich unterwegs zu Philip Seacrest waren, sagte ich: »Kenneth Storm.«
    »Hab mir schon gedacht, dass er dir gefallen würde. Hässliche Szene, was?«
    »Alle waren sie hässlich, aber das war die schlimmste. Weißt du, ob Storm tatsächlich auf das College in Redlands gegangen ist?«
    »Nein, wieso?«
    »Na, vielleicht haben sie ihn nicht genommen? Dann hätte er bloß noch jede Menge schlechte Erinnerungen und könnte dem Ausschuss die Schuld dafür geben. Damit wären dann auch die anderen beiden Ausschussmitglieder gefährdet. Andererseits wäre das Motiv zu offensichtlich, wenn er alle Mitglieder umbringen würde. Falls er ein Opfer brauchte, um sich zu rächen, dann bestimmt die Leiterin.«
    Er nickte. »Und das war eindeutig Hope. Dieser Doktorand Locking war ihr Adjutant. Die beiden lagen auf einer Linie. Die Dritte, Professor Steinberger, hat nicht viel gesagt, und beim letzten Fall war sie nicht mehr dabei.«
    »Vielleicht war sie ernüchtert«, sagte ich. »Kann sein, dass Casey Locking keine andere Wahl hatte. Er studiert Psychologie, und ich würde mich nicht wundern, wenn Hope seine Doktorarbeit betreute oder irgendeine andere Machtposition ihm gegenüber hatte.«
    »Die dritte Sitzung war die einzige, wo die Frau tatsächlich
behauptete, vergewaltigt worden zu sein. Was hältst du davon, dass Hope Muscadine genötigt hat, einen Aids-Test zu machen?«
    »Vielleicht war sie davon überzeugt, dass er das Mädchen vergewaltigt hatte, wusste aber, es gäbe nicht genug Beweise für eine Anklage. Also hat sie versucht, dem Opfer zu helfen, so gut sie konnte. Diese Tessa hat sich auch testen lassen. Also hatte sie offensichtlich Angst.«
    »Seltsam«, sagte er, während er langsam in die Straße einbog, in der der Mord passiert war.
    »Ich werde Storm junior und den anderen beiden mal auf den Zahn fühlen«, sagte Milo. »Wetten, dass eine Menge Leute, die nichts lieber täten, als diesen Ausschuss schnellstens zu vergessen, darüber höchst unglücklich sein werden?«
     
    Wir parkten eine Weile in der Nähe der großen Ulme, sprachen über den Mord und andere Dinge und versanken schließlich in bedrücktes Schweigen. Nichts rührte sich hinter den erleuchteten Vorhängen. Keinerlei Anzeichen von Leben.
    Als wir gerade aussteigen wollten, bog ein Wagen in die Einfahrt des Hauses Devane/Seacrest ein und hielt hinter dem Volvo.
    Ein roter Mustang.
    »Ihr Sportwagen.« Milo blickte angespannt, die Lippen zusammengepresst.
    Die Scheinwerfer wurden ausgeschaltet, und ein Mann stieg aus und ging zur Haustür.
    »Das ist nicht Seacrest. Seacrest ist größer.«
    Der Mann schellte. Es war zu dunkel, um ihn genauer sehen zu können, aber er war klein - zirka eins siebzig - und trug einen langen Mantel. Er hatte die Hände in den Taschen und stand mit dem Rücken zu uns.

    Ein Licht ging unten im Haus an, und die Tür öffnete sich ein Stück. Der Mann schlüpfte hinein.
    »Vielleicht ein Freund?«, sagte ich. Jemand, dem Seacrest den Wagen geliehen hat?«
    Auf unser Klingeln hin passierte eine Weile gar nichts. Dann kam schließlich durch die geschlossene Tür ein fragendes »Ja?«.
    »Guten Abend, Professor. Ich bin’s, Detective Sturgis.«
    Wieder öffnete sich die Tür ein Stück. Philip Seacrest war tatsächlich größer als der Mann in dem Mantel. Nicht viel kleiner als Milos eins neunzig, aber rund fünfzig Pfund leichter, mit schmalen Schultern und einem kantigen Gesicht, das durch einen ungepflegten grauen Bart etwas schmuddelig wirkte. Das Haar war grau und widerspenstig, stand über den Ohren ab und war oben kurz geschnitten. Er trug ein grau-grün kariertes Hemd, eine graue Tuchhose, die bestimmt teuer gewesen war, aber bereits an den Knien glänzte, und Pantoffeln. Die Ärmel waren hochgerollt und ließen haarlose, glatte Arme sehen.
    Die einzige Ungereimtheit: ein kleiner tätowierter Anker auf dem linken Arm, blassblau, schlecht gemacht, vermutlich ein Souvenir aus der Navy. Ich wusste, dass er fünfundfünfzig war, aber er sah älter aus.
    »Detective.« Er hielt sich am Türrahmen fest. Leise Stimme, kaum mehr als ein Murmeln. Falls er seine Vorlesungen auch so hielt, bekamen die Zuhörer in den hinteren Reihen bestimmt nichts mit.
    Hinter ihm konnte ich einige wuchtige alte Möbel sehen, geblümte Tapete, eine Standuhr auf dem Treppenabsatz. Der typische Geruch von

Weitere Kostenlose Bücher