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Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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sie beruhigt und gesagt, Schätzchen, vorbei ist vorbei, und wenn du mir sagst, das sei passiert, dann ist es passiert, ich glaube dir, komm, wir gehen zur Polizei und lassen diesen Mistkerl einbuchten. Aber das hat sie noch mehr aufgeregt, und sie hat gemeint, ihr würde doch keiner glauben, und es wäre reine Zeitverschwendung, es gäbe keine Beweise, sie wäre schließlich freiwillig mit in seine Wohnung gegangen, und niemand würde das ernst nehmen.«
    »Außer Professor Devane.«
    »Genau. Ich glaube, das ist der einzige Grund, warum sie uns davon erzählt hat - die Frau Professor war ermordet
worden, und sie hat es mit der Angst bekommen. Ich hab’ gesagt, willst du damit sagen, der Kerl, der dich... überfallen hat, könnte sie umgebracht haben? Aber darauf hat sie nicht geantwortet, sie hat immer nur gesagt, die Professorin hätte ihr geglaubt, wäre nett zu ihr gewesen, und jetzt wäre sie tot, das Leben wäre zum Kotzen, die Guten sterben jung, so was in der Art. Dann hat sie gesagt, ich will jetzt doch nicht mehr zu euch ziehen, Daddy, ich bleibe im Wohnheim. Und weg war sie. Wir haben sie gehen lassen, aber am nächsten Tag haben wir sie angerufen, und sie hat nicht abgenommen. Also sind wir hingefahren, und sie lag im Bett und starrte die Decke an. Sie hatte jede Menge Essen im Zimmer - Tabletts voller Essen, aber sie hatte nichts angerührt. Sie hat einfach immer bloß die Decke angestarrt. So war sie früher auch schon mal gewesen. Als sie aufgehört hatte, ihre Medikamente zu nehmen.«
    »Was für Medikamente?«
    »Zuerst Nardil, dannTofranil, dann Prozac. Jetzt ist sie auf, wie heißt das - Sinequan? Solange sie das nimmt, geht es ihr einigermaßen gut. Trotz all ihrer Probleme schreibt sie immer noch ganz gute Arbeiten, was meiner Meinung nach verblüffend ist.Vielleicht ist sie ja zu schlau, ich weiß es nicht.«
    Er hob die Hände in einer ratlosen Geste mit den Innenflächen nach oben.
    »Sie haben sie also im Bett gefunden«, sagte ich. »Und sie hat nichts gegessen.«
    »Wir haben sie mit nach Hause genommen. Sie hat sowieso nur zwei Vorlesungen besucht, weil ihr Arzt meinte, sie sollte sich nicht zuviel zumuten. Wir haben gesagt, mach doch mal ein Semester Pause, danach kannst du ja weitermachen. Aber sie hat gesagt, nein, sie wollte weiterstudieren. Und ihr Arzt hat gesagt, das wäre ein gutes Zeichen - sie wäre motiviert. Also haben wir sie gelassen.«

    Er sah mich an. »Sie ist eingeschrieben, aber sie macht nichts. Liest nicht, schreibt keine Hausarbeiten.«
    »Besucht sie noch Seminare?«
    »Manchmal. Dann fährt meine Frau sie hin und holt sie wieder ab. Manchmal aber auch nicht. Es gefällt uns nicht, aber was sollen wir machen? Man kann sie nicht rund um die Uhr beobachten. Das sagt der Psychiater auch.«
    »Sie geht also noch zum Psychiater?«
    »Nicht regelmäßig, aber wir rufen ihn gelegentlich an, weil er ein netter Bursche ist, der sie auch weiterbehandelt hat, nachdem das Geld alle war. Dr. Emerson. Meinetwegen können Sie gerne mit ihm reden. Albert Emerson.« Er nannte mir die Telefonnummer, und ich schrieb sie auf.
    »Hat er je eine Diagnose gestellt?«
    »Depression. Er meint, sie setzt ihre Fantasie dazu ein, sich selbst zu schützen.«
    Er rieb sich die Augen und seufzte.
    »Sie haben’s nicht leicht«, sagte ich.
    »Es gibt Lichtblicke. Mein kleiner Sohn ist einer. Nächsten Monat wird er vier.«
    »Haben Sie noch mehr Kinder?«
    »Nein, nur die beiden.Wir waren nicht sicher, ob wir noch eins haben sollten, weil wir uns so viel um Tessa kümmern mussten. Und meine Frau hat einen geistig behinderten Bruder, der in einer Heilanstalt lebt. Deshalb hatten wir Angst, es würde vielleicht in der Familie liegen oder so.«
    Er lächelte. »Aber dann ist es einfach passiert.«
    »Eine schöne Überraschung«, sagte ich.
    »Und ob. Robbie ist ein richtig netter kleiner Kerl. Wenn Tessa mit ihm zusammen ist, ist sie glücklich. Sie kümmert sich viel um ihn, aber ich bin immer auf der Hut.«
    »Warum?«
    »Wegen ihrer Stimmungen. Er ist ein fröhliches Kind, und
so soll es auch bleiben. Zum Beispiel, als wir die Nachrichten geguckt haben, kam was über diese Professorin, undTessa hat angefangen zu schreien. Robbie war ganz verstört. Da habe ich sie beruhigt, indem ich gesagt habe, Schätzchen, reiß dich zusammen, denk an Robbie. Danach ging es ihr besser. Aber sie wollte auch nicht mehr darüber reden. Sie ist jetzt ziemlich ruhig. So weit, so gut. Aber ich bin auf der

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