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Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Spitzen. Große braune Augen... Ich habe ihr gezeigt, wie man hübsche Zöpfe und Frisuren mit ihrem Haar machen konnte, und ihr zur Schulentlassung ein Buch mit Frisuranleitungen geschenkt.«
    »Sie meinen, aus der Grundschule?«
    Sie nickte geistesabwesend. Der Kuckuck kam aus der Uhr geschossen und piepte einmal. »Zeit für die Medizin«, meinte sie und erhob sich. »Ich habe zwei andere im Schlafzimmer, denen es noch schlechter geht als Shih-Tzu. Einen Collie und einen Beagle-Mischling.«

    Sie ging in die Küche, zog zwei Spritzen auf und verschwand durch eine Tür im hinteren Ende des Raumes.
    Ich saß in dem dämmrigen Zimmer und wartete, bis sie mit grimmigem Gesicht zurückkehrte.
    »Probleme?«, fragte ich.
    »Ich muss immerzu an Hope denken. In all den Jahren habe ich nicht oft an sie gedacht, bin davon ausgegangen, dass es ihr gut ging, aber jetzt steht mir ihr Gesicht vor Augen, genau hier.« Sie tippte sich auf die Nasenspitze. »Danke, Sie haben einer alten Frau den Tag versüßt.«
    »Sie sind davon ausgegangen, dass es ihr gut ging«, sagte ich. »Heißt das, Sie waren im Grunde besorgt, es könnte anders sein?«
    Sie setzte sich und lachte. »Sie sind wahrhaftig Psychologe.«
    Ich sagte: »Sie erinnern sich nicht an alle Ihre Schüler, aber Sie erinnern sich an Hope.Wodurch hat sie sich von den anderen unterschieden?«
    »Durch ihre Intelligenz. Ich habe achtundvierzig Jahre lang unterrichtet, und sie war eines der aufgewecktesten Kinder, das ich je hatte. Sie hatte eine rasche Auffassungsgabe. Und sie war fleißig. Manche von den Begabtesten sind das nicht, wie Sie bestimmt wissen. Ruhen sich auf ihren Lorbeeren aus und bilden sich ein, die Welt wartet nur auf sie. Aber die kleine Hope war ungemein fleißig. Und zwar nicht auf Grund ihres häuslichen Umfeldes.«
    Die Haut um die dunklen Augen zog sich zusammen. »Nein?«, fragte ich nach.
    »Nein«, sagte sie, aber diesmal, ohne mich nachzuäffen. »Nicht auf Grund. Trotz .«

26
    Sie stand erneut auf. »Wollen Sie wirklich nichts trinken?«
    »Vielleicht eine Limo.«
    Sie öffnete schwungvoll die Kühlschranktür, nahm ein weiteres Bier heraus und eine Dose Orangenlimonade. »Mögen Sie so was?«
    »Ja, gern, danke.«
    Sie öffnete beide Dosen, setzte sich und begann sofort, mit den Füßen zu wippen. Dann zupfte sie einen Schonbezug gerade, zog ihren Zopf nach vorn, löste ihn und fing an, ihn neu zu flechten.
    »Eines müssen Sie wissen«, sagte sie. »Damals hatten wir andere Zeiten.« Sie betrachtete ihre Füße, trat einen rosafarbenen Futternapf beiseite. »Als Hope mit ihrer Mutter herkam, war sie noch ganz klein. Von einem Vater weiß ich nichts. Die Mutter hat gesagt, er wäre Seemann gewesen, auf See gestorben … Dieser Professor, ihr Mann, wieso glauben Sie, er hätte sie geschlagen?«
    »Wir wissen nicht, ob er es war. Aber es wäre möglich.«
    »Wieso wäre es möglich?«
    »Weil es meistens die Ehemänner sind, die so etwas tun.«
    »Ist er Choleriker?«
    »Weiß ich nicht«, log ich. »Warum fragen Sie?«
    »Ich war zweimal verheiratet, und keiner meiner Ehemänner war brutal, aber sie waren beide cholerisch, und es hat Situationen gegeben, in denen ich Angst hatte.Wie viel älter als Hope ist er?«
    »Fünfzehn Jahre.«
    Sie hob die Bierdose an die Lippen und nahm sich viel Zeit für einen tiefen Schluck. »Sie war schon immer sehr reif für ihr Alter.«

    »Woher kamen Hope und ihre Mutter?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf und nahm einen noch längeren Schluck. Ich probierte die Limonade. Sie schmeckte nach Zucker mit Spülmittel. Vergeblich versuchte ich, Spucke zu produzieren, um den Geschmack zu überdecken, aber mein Mund war trocken.
    »Ihre Mutter hieß Charlotte, aber alle nannten sie bloß Lottie. Sie und das Kind kamen eines Tages mit einem der Trupps von Wanderarbeitern in die Stadt. Lottie sah nicht schlecht aus, ich glaube, sie kam aus Oklahoma. Ich selbst bin Halb-Californio.Wissen Sie, wer die Californios waren?«
    »Die ersten Siedler aus Mexiko.«
    »Sie waren nach den Indianern die ersten. Bevor die Leute aus Neuengland herkamen, um Gold zu suchen. Ich habe beides in den Adern, und man sieht mir an, dass ich nicht aus Boston stamme, das habe ich zeit meines Lebens zu spüren bekommen. Ich habe gelernt, nicht auf dumme Bemerkungen zu achten und mich um meinen eigenen Kram zu kümmern. Also, zurück zu Lottie Devane.«
    Zwei weitere Schlucke, und die Bierdose war leer.
    »Sie war recht hübsch - schlank,

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