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Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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herauskam.
    Die Hunde fuhren herum und schossen auf sie zu.
    Sie sagte: »Nun gebt endlich Ruhe!«, griff aber in die Tasche und warf eine Hand voll von irgendwas auf die geharkte Erde.
    »Los, sucht!«
    Die Hunde verteilten sich und schnüffelten hektisch den Boden ab. Die Szene hätte aus einem alten Zeichentrickfilm stammen können. Dann wandte sich die alte Frau zu mir um und kam näher, den Besen hinter sich herschleifend.
    »Hallo«, sagte ich.
    »Hallo.« Es klang wie nachgeäfft. Blinzelnd nahm sie mich in Augenschein. Sie war dünn, ungefähr eins siebzig groß und trug das schwarze Haar zu einem Zopf geflochten, der ihr über den Rücken bis zur Taille fiel. Die eingefallenen, blassen Wangen wirkten so trocken wie die Erde, ihre braun gebrannten Hände waren nach innen gebogen, die Fingernägel dick und gelb. Die streichholzdünnen Beine boten der Stretchhose keinerlei Veranlassung, sich zu dehnen. Die Füße steckten in weißen Tennisschuhen.
    Jetzt kam der große schwarze Hund in einem behäbigen, wiegenden Trab näher. Seine Augen verschwanden fast unter dem dichten Fell, sein Kopf reichte ihr bis zur Taille.
    »Ganz ruhig, Leopold«, sagte die Frau mit rauer Stimme. »Los, such nach Leckerchen, wie die anderen.«
    Der Hund legte den Kopf schief, genau wie Bully es immer tat, und sah zu ihr auf, die Augen feucht und flehentlich.
    »Nein, kommt nicht in Frage. Such.«
    Der massige Kopf schubste an ihren Gürtel, was mich an etwas erinnerte - ah, Mrs. Greens Bullmastiff. In dieser Woche
hatte ich wirklich reichlich viel mit alten Frauen und großen Hunden zu tun.
    Die Frau blickte sich nach den anderen Hunden um, die noch immer mit ihrer Suche beschäftigt waren, griff in die Jeanstasche und holte weitere Bröckchen Hundekuchen heraus.
    »Sucht«, sagte sie und warf ihnen die Brocken zu. Die Bewegungen der Hunde wurden noch fieberhafter, aber der große schwarze blieb unverwandt stehen. Die Frau zauberte einen ganzen Hundekuchen aus der Tasche und stopfte ihn eilig in die Schnauze des Monsters.
    »So, Leopold, jetzt ist’s aber gut.«
    Der schwarze Hund kaute zufrieden und trollte sich.
    »Was ist das für einer, ein Hirtenhund?«, erkundigte ich mich.
    »Ein Bouvier des Flandres. Eine belgische Rasse. Er ist ausgesetzt worden. Nicht zu fassen, oder?«
    »Muss ganz schön warm sein unter so viel Fell.«
    Sie warf mir einen skeptischen Blick zu. »Die sind zäh - und gute Beschützer.«
    »Ich habe eine französische Bulldogge«, sagte ich. »Er ist kleiner, hat aber dieselbe Haltung.«
    »Und die wäre?«
    »Ich bin ein Star. Gebt mir was zu fressen.«
    Ihr Gesicht blieb unbeweglich. »Französische Bulldogge - sind das die kleinen mit den großen Ohren? Hab’ noch nie eine gehabt. Ist das Ihr einziger?«
    Ich nickte.
    »Tja, ich habe neunundzwanzig. Die drei Kranken im Haus mitgerechnet.«
    »Alle aufgenommen?«
    »Allerdings. Manche sind aus Tierheimen, andere finde ich, wenn ich ein bisschen rumfahre.« Sie sog prüfend die
Luft durch die Nase. »Es stinkt. Ich muss mal die Enzyme ausstreuen - hab’ jetzt so ein neumodisches Zeug, das die Hundehaufen zersetzt. Also, wer sind Sie, und was wollen Sie?«
    »Ich habe gehört, Sie hätten früher hier unterrichtet. Ms. Campos.«
    »Wer hat Ihnen das gesagt?«
    »Sheriff Botula und seine -
    Sie schnaubte. »Die beiden.Was haben die Ihnen noch erzählt? Ich sei eine stadtbekannte Irre?«
    »Nur, dass Sie mir vielleicht dabei helfen könnten, etwas mehr über eine Frau zu erfahren, die hier aufgewachsen ist. Tragischerweise wurde sie ermordet, und die Polizei von Los Angeles hat mich beauftragt -«
    »Ermordet?Von wem reden Sie?« »Hope Devane.«
    Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht. Sie schaute sich zu den Hunden um, und als sie mich erneut anblickte, wirkte ihr Ausdruck wie eine Mischung aus zerstörter Unschuld und bestätigtem Pessimismus.
    »Wie und wann?«
    »Sie wurde vor drei Monaten vor ihrem Haus erstochen.«
    »Wo?«
    »In Los Angeles.«
    »Das passt. Sagen Sie, ist sie wirklich Ärztin geworden?«
    »Sie war Psychologin.«
    »Das ist fast dasselbe.«
    »Wollte sie Ärztin werden?«, fragte ich.
    Sie starrte an mir vorbei über die Straße auf ein dürres, leeres Feld. Dann legte sie beide Hände auf die Wangen, zog die Haut zurück, und einen Augenblick lang sah ich eine jüngere Frau. »Ermordet. Unfassbar. Hat man einen Verdacht, wer es getan hat?«

    »Nein, bislang gibt es keine brauchbare Spur. Deshalb versucht die Polizei, mehr über ihren

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