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Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Verleihung, zu der sie mir eine Einladung geschickt hatte. Aber ich war erkältet, deshalb kam sie zwei Tage später zu mir und brachte Fotos mit. Sie und ein Schüler - sie hatte den besten Abschluss bei den Mädchen gemacht, er bei den Jungen. Sie hat immer wieder gesagt, ich hätte den Preis verdient, weil ich ihr so viel beigebracht hatte.Wollte mir den Pokal schenken.«
    »Klingt ziemlich erwachsen für ein so junges Mädchen.«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass sie immer sehr reif für ihr Alter war. Unsere Schule hatte nur einen Klassenraum, und da die meisten älteren Kinder schon draußen mitarbeiten mussten, hatte ich reichlich Gelegenheit, ihr viel Aufmerksamkeit zu widmen. Ich habe sie immer mit neuen Büchern versorgt. Sie hat einfach alles in sich aufgesogen wie ein Schwamm.«
    Plötzlich sprang sie auf und eilte wortlos aus dem Wohnzimmer. Ich ging zu der Kiste mit Shih-Tzu, steckte einen Finger durch das Maschengitter der Tür und streichelte das seidig weiße Fell.
    »Hier«, sagte Elsa Campos hinter mir.
    Sie hielt einen kleinen vergoldeten Messingpokal in der Hand, der auf einen Sockel aus Walnussholz geschraubt war.
Das Metall war fleckig und stumpf geworden. Sie reichte ihn mir, und ich las das kleine Schildchen auf dem Sockel:
    DER BROOK E-HASTINGS-PR EIS
FÜR HERVORRAGENDE SCHULISCHE LEISTUNGEN
VERGEBEN AN:
HOPE ALICE DEVANE
M ÄDCHEN- OBERSTUFE
    »Brooke-Hastings«, sagte ich.
    »So hieß die Firma.«
    Ich gab ihr den Pokal zurück, und sie stellte ihn auf einen Beistelltisch.Wir setzten uns wieder.
    »Sie hat darauf bestanden, dass ich ihn annehme. Nach dem Tod meines zweiten Mannes habe ich einiges weggeräumt. Der Pokal war unten im Schrank. Ich hatte ihn völlig vergessen, bis gerade eben.«
    »Hat Hope sonst noch etwas erzählt?«
    »Wir haben erörtert, auf welches College sie gehen und welche Fächer sie belegen sollte. Ich habe ihr gesagt, Berkeley sei ebenso gut wie eine von diesen teuren Privatunis. Und billig. Ob sie auf mich gehört hat, habe ich nie erfahren.«
    »Das hat sie. Hat dort ihren Doktor gemacht«, sagte ich und brachte sie damit zum Lächeln.
    »Ich hatte damals schon angefangen, kranke Hunde zu mir zu nehmen, und darüber haben wir ebenfalls gesprochen. Über Fürsorge und Verantwortung. Sie interessierte sich für Biowissenschaft, und ich hätte mir gut vorstellen können, dass sie Ärztin oder Veterinärin geworden wäre. Psychologin … auch das passte zu ihr.«
    Sie fing an, mit ihrem Zopf zu spielen. »Möchten Sie noch eine Limo?«
    »Nein, danke.«

    »Ich trinke jetzt kein Bier mehr, sonst denken Sie noch, ich wäre eine alte Schnapsnase... Jedenfalls, sie war eine höfliche junge Dame, sehr gepflegt mit einer wunderbaren Sprache. Higginsville war eine ziemlich raue Kleinstadt, aber irgendwie schien Hope nie dazuzugehören. In gewisser Weise galt das auch für Lottie... Selbst trotz ihres... Verhaltens wirkte sie immer wie etwas Besseres. Hope hat mir auch erzählt, dass Lottie in Bakersfield als Tänzerin arbeitete. Sie wissen schon, was ich meine, zwingen Sie mich nicht, es auszusprechen. In einem Laden namens Blue Barn. Eine Cowboy-Bar. Damals gab es eine ganze Reihe von solchen Schuppen, gleich wenn man aus der Stadt rausfuhr. DieWeißen hörten da Country-Musik und sahen sich die Stripperinnen an, die Mexikaner hörten Mariachi-Musik und sahen sich die Stripperinnen an. Es gab viele Mädchen, die tanzten und animierten und so weiter. Mein zweiter Mann ist auch einige Male dort gewesen, bis ich dahinterkam und ihm gesagt habe, wo’s langgeht.«
    »Das Blue Barn«, sagte ich.
    »Danach brauchen Sie nicht mehr zu suchen. Hat schon vor Jahren dichtgemacht. Es gehörte irgendeinem Gangster, der einen dubiosen Viehhandel betrieb. In den Sechzigern, als die Hippies den Nacktkult verbreiteten, hat er einige Clubs aufgemacht und damit ein Vermögen gemacht. Dann hat er sie alle geschlossen und ist nach San Francisco gegangen.«
    »Warum?«
    »Wahrscheinlich, weil da die Sitten noch lockerer waren als hier.«
    »Wann war das?«
    Sie überlegte. »In den Siebzigern. Ich habe gehört, er hätte auch schmutzige Filme gemacht.«
    »Und er war Lotties Boss.«

    »Wenn man es so nennen will.«
    »Das war bestimmt nicht leicht für Hope.«
    »Sie hat geweint, als sie mir davon erzählte. Und nicht nur wegen der Sachen, mit denen Lottie ihr Geld verdiente, sondern weil sie meinte, Lottie würde das alles nur für Hope tun. Als ob die Frau Sekretärin geworden wäre,

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