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Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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gute Oberweite, schöne Beine. Taufrisch war sie nicht mehr. Und gehen konnte sie, jeder Schritt wirkte wie getanzt. Außerdem war sie naturblond. Nicht so platinblond, wie sie sich dann ein paar Monate nach ihrer Ankunft die Haare gefärbt hat, damit es wie Hopes aussah. Eher honigblond. Sie hatte eine Vorliebe für blauen Lidschatten und falscheWimpern und roten Lippenstift und hautenge Kleider. Damals wollten alle Frauen auf Teufel komm raus aussehen wie Marilyn Monroe.«
    Sie senkte den Blick. »Lottie ist damals zwar mit den Erntearbeitern gekommen, aber sie ist nie mit ihnen zur Arbeit rausgefahren. Trotzdem hat sie irgendwie die Miete für eine Holzbaracke mit zwei Zimmern drüben auf der Citrus
Street zusammengekriegt. Damals hieß die Straße bei den Einheimischen nur Matschgasse, weil die Pflücker die überreifen Früchte mit nach Hause brachten, um Limonade daraus zu machen, und die Rinnsteine waren voller Schalen und zermatschtem Fruchtfleisch. Da standen reihenweise Baracken, und es gab bloß Gemeinschaftstoiletten. Lottie und Hope wohnten da, nur dass sie bald eine größere Baracke beziehen konnten.Wenn Lottie in der Stadt war, blieb sie meist zu Hause.«
    »War sie viel unterwegs?«
    Sie zuckte die Achseln. »Sie machte oft Tagesausflüge.«
    »Wohin?«
    »Sie hatte kein Auto, sondern fuhr per Anhalter. Wahrscheinlich nach Bakersfield, denn wenn sie zurückkam, hatte sie oft hübsche Sachen dabei. Später hat sie sich dann einen Wagen gekauft.«
    »Hübsche Sachen«, sagte ich.
    Die Haut um die dunklen Augen zog sich zusammen. »Mein zweiter Mann war stellvertretender Geschäftsführer bei einer der großen Zitrusfrucht-Gesellschaften und bekam sämtlichen Klatsch und Tratsch mit. Er sagte, wenn Lottie per Anhalter gefahren ist, hat sie sich an die Straße gestellt und den Rock hochgezogen … Sie hat mit Hope hier gelebt, bis Hope vierzehn war, dann sind sie nach Bakersfield gezogen. Wie Hope mir erzählt hat, damit sie es nicht so weit zur High-School hatte.«
    »Dann hat sie viele Jahre lang Miete gezahlt, ohne zu arbeiten«, resümierte ich.
    »Wie schon gesagt, sie hatte einen tollen Gang.«
    »Hatte sie einen festen Liebhaber oder ein reges Geschäftsleben?«
    Sie starrte mich an. »Wieso muss heutzutage alles so unverblümt ausgesprochen werden?«

    »Ich möchte mit Informationen zurück nach Los Angeles fahren, Ms. Campos, nicht mit Andeutungen.«
    »Nun denn, mir ist zwar nicht klar, in welcher Weise derlei Informationen Ihnen dienlich sein könnten, aber - ja, sie hat von Männern Geld genommen. Wie viel? Das weiß ich nicht. Ob es vorher vereinbart wurde oder ob sie sie irgendwie dazu gebracht hat, ein paar Scheine unters Kopfkissen zu schieben, auch das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich habe mich nämlich nur um meine Angelegenheiten gekümmert. Manchmal war sie ein paar Tage hintereinander weg, und wenn sie dann zurückkam, hatte sie immer viele neue Kleider dabei. War das mehr als bloß ein Einkaufstrip?« Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß nur, dass sie immer auch Kleider für Hope mitbrachte. Gute Qualität. Sie hat ihre Tochter gern gut angezogen. Andere Kinder liefen in Jeans und T-Shirt herum, aber die kleine Hope trug immer ein hübsches, gestärktes Kleidchen. Und Hope hat auf ihre Sachen geachtet. Sie hat sich nie schmutzig gemacht oder mit den anderen rumgebalgt. Meistens blieb sie zu Hause, hat gelesen oder schreiben geübt. Sie konnte schon mit fünf Jahren lesen, und es hat ihr großen Spaß gemacht.«
    »Meinen Sie, Hope wusste, womit ihre Mutter Geld verdiente?«
    Mit einem Schulterzucken wechselte sie die Bierdose von einer Hand in die andere.
    »Hat Hope je mit Ihnen darüber gesprochen, Ms. Campos?«
    »Ich war ihre Lehrerin, nicht ihre Psychologin.«
    »Kinder reden eher mit ihren Lehrern als mit Psychologen.«
    Sie stellte die Dose ab und verschränkte schützend die Arme vor der Brust. »Nein, sie hat nie mit mir darüber gesprochen, aber alle Welt wusste Bescheid, und sie war nicht
dumm. Mir schien immer, sie sei aus Scham so eine Einzelgängerin.«
    »Hatten Sie noch Kontakt zu ihr, nachdem sie nach Bakersfield gezogen war?«
    Sie verschränkte die Arme noch fester. »Ein Jahr später hat sie mich besucht. Sie hatte einen Preis gewonnen und wollte ihn mir zeigen.«
    »Was für einen Preis?«
    »Einen Preis für schulische Leistungen, den eine große Fleischwaren- und Düngemittelfirma gestiftet hatte. Auf der Landwirtschaftsausstellung gab es eine feierliche

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