Woelfin des Lichts
weitreichenden Geste in Richtung der Bäume und verschwieg, dass sie es eher beängstigend als schön fand, auch wenn der Maler ein begnadeter Künstler gewesen sein musste.
Jafa nickte, machte aber keine Anstalten, ihr etwas über das Bild erzählen zu wollen. Sara wiederum war sich nicht sicher, ob sie tatsächlich wissen wollte, was es mit dem Gemälde auf sich hatte und schwieg ebenfalls.
Die Stille wurde unangenehm und Sara suchte verzweifelt nach Worten. Hastig das Thema wechselnd fragte sie das Erste, was ihr in den Sinn kam. „ Jafa, wie lange ist das Cottage meinem gegenüber eigentlich bewohnt?“
Ihr Na chbar schaute sie amüsiert von der Seite an, doch auch dies entging Sara, da sie sich Mühe gab, einen nicht allzu neugierigen Eindruck zu erwecken und den Holzstapel musterte, als würde er jeden Moment in sich zusammenfallen.
„Oh, du meinst Jack? Er wohnt dort seit Ewigkeiten. Wenn ich mich recht entsinne, kaufte damals sein Vater dieses Stück Land und bebaute es einige Jahre später.“
„Sein Vater? Ich dachte mein Häuschen gehört Marc, immerhin hat er es mir vermietet.“
„Klar gehört es Marc, er besitzt die Hälfte des Landes, die andere Hälfte besitzt Jack. Die beiden sind Halbbrüder.“
Nun war Sara völlig verwirrt, erst das Gemälde und jetzt, die beiden sollten Brüder sein?
Vor ihrem geistigen Auge verglich sie die zwei Männer miteinander. Marcs rundes, offenes Gesicht, umrahmt von dunkelblonden Locken, glich so gar nicht dem seines Bruders, auch wenn es sich nur um einen Halbbruder handelte. Zugegeben, er war nicht unattraktiv, aber doch unscheinbar im Vergleich zu Jacks offensichtlicher Männlichkeit. Beide besaßen allerdings die gleichen tiefblauen Augen, wie Sara sich jetzt erinnerte.
Dass es ihr zuvor nie aufgefallen war, musste an dem Umstand liegen, dass sie durch Jacks dunkles Aussehen eher hervorstachen als bei Marc, der einen wesentlich helleren Teint aufwies, als ob er nicht allzu viel Zeit im Freien verbringen würde.
Völlig aufgewühlt von dem, was sie mittlerweile erfahren hatte, bemerkte sie nicht, wie sich in Jafas Augen ein Ausdruck von Verständnis zeigte. Diese Reaktion kannte der ältere Mann von allen, die erfuhren, dass es sich bei Marc und Jack um Brüder handelte.
Sara schwieg und versuchte das Gehörte zu verdauen und war froh, als Jafa kurz darauf zu alltäglichen Dingen überging.
Seine lebendige Erzählung, wie man ohne nennenswerte Verletzun gen davonzutragen, einen dicken Baumstamm zersägte, spaltete und anschließend professionell aufstapelte, gehörte zwar nicht unbedingt zu Saras Interessengebieten, doch anstandshalber hörte sie ihm zu und verabschiedete sich dann bei der nächstbesten Gelegenheit, die sich ihr bot.
Ihr Nachbar lehnte an der Gartenpforte und schaute Sara mit einem feinen, wenn auch nachdenklichen Lächeln nach, bis sie aus seinem Blickfeld verschwunden war.
Sara war insgeheim froh, dass sie eines von Marcs Cottages gemietet hatte. Sie konnte noch nicht einmal sagen, wieso das so war. Möglicherweise lag es daran, dass sie selbstständig agieren und vor allem unabhängig gegenüber einem Mann sein wollte, der sich klammheimlich in ihr Leben geschlichen hatte und ihr etwas zu bedeuten begann.
An diesem Abend trug Sara eine ausgeblichene Röhrenjeans und ein farblich passendes T-Shirt. Ganz bewusst hatte sie sich lässig gekleidet, um Jack erst gar nicht auf falsche Gedanken zu bringen. Das einzige Zugestä ndnis an ihre Weiblichkeit betraf ihre lange Mähne, die zu einer kunstvollen Hochsteckfrisur frisiert waren.
Leicht gewellte Strähnen, die sich vorwitzig aus ihrer Frisur gelöst hatten, umrahmten ihr fein geschnittenes Gesicht und betonten ihre mandelförm igen, dunklen Augen.
Kurz bevor Jack herüberkam, hatte Sara zwei Rattansessel nebst einem kleinen runden Tisch, auf dem jetzt eine Schüssel italienischer Salat, ein frisches Baguettebrot in einem länglichen Bastkorb und eine gekühlte Flasche Wein standen, unter den alten Apfelbäumen platziert. Ihr Nachbar trug abgeschnittene Jeans und ein weißes, kurzärmeliges Hemd, das seine gebräunte Haut vorteilhaft zur Geltung brachte. Nach einem kurzen „Hallo, ich bin hoffentlich nicht zu spät“, machte er sich auch schon am Grill zu schaffen.
Warum übte ein offenes Feuer eine solche Faszination auf die Männerwelt aus ?, dachte Sara belustigt und kuschelte sich in einen der Sessel, zog die Knie bis unter das Kinn und beobachtete versonnen jeden seiner
Weitere Kostenlose Bücher