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Woerter durchfluten die Zeit

Woerter durchfluten die Zeit

Titel: Woerter durchfluten die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marah Woolf
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Schreibtisch und machte ihrem Spitznamen alle Ehre, vorausgesetzt es hatte Drachen mit violett angehauchter Dauerwelle gegeben. Demonstrativ sah sie auf die Uhr, wohl um klarzumachen, dass Lucy getrödelt hatte.
    Trotzdem stand sie ohne einen weiteren Kommentar auf und klopfte an eine Tür, die von ihrem Zimmer in ein weiteres führte. Sie wechselte ein paar gemurmelte Sätze mit jemandem in dem Raum dahinter, ehe sie sich Lucy zuwandte, um sie mit einer Handbewegung in das Zimmer zu scheuchen.
    Mr. Barnes thronte hinter seinem riesigen Schreibtisch und hatte den Kopf über ein Dokument gebeugt, sodass alles, was Lucy von ihm sehen konnte, seine Glatze war. Nervös trat sie näher.
    Der Mann ignorierte ihre Begrüßung und schrieb eifrig weiter. Lucy sah sich vorsichtig um. Irgendwie hatte sie in dem Büro eines Bibliotheksdirektors Bücher erwartet. Hier gab es zwar Schränke und Regale, aber die waren hauptsächlich mit Aktenordnern gefüllt. Außerdem verunzierten ein paar ausgesprochen nichtssagende Bilder die Wände.
    »Gefallen Sie Ihnen?«, durchbrach die Stimme von Mr. Barnes, die für einen Mann viel zu hoch war, die Stille. Jetzt erst bemerkte Lucy, dass das Kratzen des Stiftes verstummt war. »Meine Frau hat sie gemalt«, erklärte er, stand auf und bedeutete Lucy, vor ihm Platz zu nehmen.
     Er selbst lehnte sich gegen seinen Schreibtisch und griff nach Lucys Hand. Seine folgenden Worte legten nahe, dass das eine väterliche Geste sein sollte, und Lucy musste den Impuls unterdrücken, ihre Hand zurückzuziehen.
    »Sie sind sehr jung«, stellte er dann fest, als wäre das neu für ihn. »Gerade erst achtzehn.«
    Lucy verzichtete auf eine Erwiderung, schließlich hatte er bei ihrer Geburtstagsrunde vor zwei Wochen mindestens drei Stückchen Kuchen gefuttert. Er ließ sie los, um sich wieder zu setzen. Verstohlen wischte Lucy ihre Hand an der Hose ab. Sie fühlte sich feucht an.
    »Eigentlich wähle ich die Studenten, die bei uns arbeiten dürfen, persönlich aus«, führte er seinen Monolog fort und Lucy hörte deutlich Unwillen aus seiner Stimme heraus. »Und natürlich hätte ich jemanden mit mehr Erfahrung vorgezogen. Aber als die Frau Staatssekretärin bei mir anrief und darum bat, dass Sie auch unter meiner Leitung weiterhin hier arbeiten dürfen, konnte ich schlecht Nein sagen.«
    Lucy verstand nur Bahnhof. Welche Staatssekretärin? Sie kannte keine Staatssekretärin. Wie auch? Madame Moulin, die Leiterin des Kinderheimes, in dem Lucy aufgewachsen war, musste dahinterstecken. Sie hatte ihr den Job besorgt.
    »Lange Rede, kurzer Sinn.«
    Lucy konzentrierte sich wieder auf ihr Gegenüber.
    »Sie werden ab heute im Archiv arbeiten. Miss Olive nimmt in nächster Zeit einen längeren Urlaub. Sie werden sie vertreten und bei der Gelegenheit dafür sorgen, dass die Bücher aus dem Archiv in unser Computersystem eingepflegt werden. Meine Vorgängerin hat diese Aufgabe sträflich vernachlässigt. Ich möchte, dass jedes einzelne Buch in dem Verzeichnis auftaucht. Haben Sie das verstanden?«
    War ja nicht besonders schwer, dachte Lucy und nickte. Dann wartete sie auf weitere Erklärungen, doch er nahm wortlos seinen Stift in die Hand und vertiefte sich wieder in seine Unterlagen. Nervös rutschte sie auf ihrem Stuhl hin und her. Sollte sie aufstehen und gehen?
    »Sie können gehen. Marie soll Sie nach unten bringen. Richten Sie ihr das aus«, sagte Mr. Barnes und winkte sie zur Tür hinaus.
    Damit war Lucy entlassen. Schnell beeilte sie sich, zum Eingangsbereich zurückzukommen. Sie brauchte dringend einen Kaffee.
     
    »Marie«, rief sie ihrer Freundin zu, als sie am Infoschalter ankam. Diese sah bei Lucys aufgeregtem Tonfall alarmiert auf.
    »Er hat mich ins Archiv versetzt.«
    »Wie bitte?«
    »Er hat mich ins Archiv versetzt«, wiederholte Lucy.
     «Der meint es echt nicht gut mit dir«, antwortete Marie und sah sie bekümmert an.
    Lucys Herz rutschte ihr in die Hose.
    »Es ist gruselig da unten«, flüsterte Marie zur Erklärung und beugte sich über den Tresen. »Manche glauben, dass es da spukt. Das Archiv gibt es schon ewig. Es würde mich nicht wundern, wenn da das ein oder andere Skelett verstaubt.«
    Lucy sah Marie verunsichert an. Sie hatte diesen Geschichten, die unter den Angestellten erzählt wurden, bisher keine Beachtung geschenkt. Im Archiv selbst war sie allerdings noch nie gewesen.
    »Du willst mich auf den Arm nehmen«, sagte sie.
    Doch Marie sah sie Unheil verkündend an. »Ich bringe

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