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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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man würde mir auch einen Pflichtverteidiger stellen, falls ich keinen persönlichen Anwalt hatte. Ich lehnte zum wiederholten Male ab.
    Eigentlich machte ich mir keinerlei Sorgen, aber mir missfiel der Gedanke, auf einer Plastikmatratze in einer Betonzelle zu schlafen. Also fragte ich freundlich, wie lange man mich hierzubehalten gedachte. Der Vollzugsbeamte meinte, es könne mindestens noch achtzehn Stunden dauern. Achtzehn Stunden! Aber dafür ist für meine Unterhaltung reichlich gesorgt. Die Zelle neben mir scheint leer zu sein, dahinter höre ich laute Schimpfwörter, als die Betrunkenen nach und nach eintrudeln. Offenbar erwartet man, dass ich mir Sorgen mache, aber ich habe nichts zu verlieren, rein gar nichts, während sie in einer äußerst verzwickten Lage sind. Vor allem aufgrund des Medieninteresses, das dem Fall inzwischen entgegengebracht wird.
    Das Einzige, was mir etwas Sorge bereitete, war die Frage, ob ich Rachelles Tod irgendjemandem gemeldet hatte. War es denn ein Verbrechen, wenn man einen Tod nicht meldete? Ich konnte mich noch dunkel an einen Artikel erinnern, in dem stand, eine Frau habe die Leichen ihrer vier totgeborenen Babys auf dem Dachboden ihres Hauses versteckt – sie wurde natürlich verhaftet. Aber sie hatte die Babys nicht getötet. Es ist Aufgabe der engsten Familienangehörigen, einen Todesfall zu melden – nicht der irgendeines Fremden, der zufällig anwesend war.
    Gegen Abend waren wir beim vierten Verhör. Wieder wurde ich von dem Komikerduo Topping und Lewis befragt, doch diesmal brachten sie eine Schachtel mit, die Lewis bei sich unter den Tisch stellte. Vielleicht waren da ja Sandwiches drin. Zumindest hoffte ich das.
    Wir waren bereits alle Namen durchgegangen, und ich war angenehm überrascht, dass ihnen nicht wenige auf ihrer Liste fehlten. Offenbar hatte man ein paar noch immer nicht gefunden. Der Gedanke gefiel mir. Egal, was hier passieren würde, da draußen wartete mein Erbe noch immer darauf, dass ein Archäologe es wie einen Schatz hob.
    Mit jedem Verhör spürte ich, wie ihr Selbstvertrauen nachließ und ihre Zweifel zunahmen. Wenn man mich nicht dafür drankriegen konnte, dass ich einen Todesfall nicht gemeldet hatte, wofür konnte man mich dann belangen? Ich hatte doch niemandem etwas getan. Bis auf die eine oder andere sanfte Berührung eines Arms hatte ich sie nie angefasst. Und wenn sie mich wegen Beihilfe zum Selbstmord anklagen wollten, nun – dann mussten sie mir das erst einmal nachweisen.
    »Colin«, sagte Lewis. Seine Stimme klang munter. Vielleicht hatte er sich in der Pause einen starken Kaffee genehmigt. Ich schnupperte in die Luft, konnte aber nur Körpergeruch wahrnehmen und irgendwas, das an Käse oder Zwiebeln erinnerte.
    »Detective Constable Lewis«, antwortete ich.
    Er runzelte ein wenig die Stirn und war offenbar nicht bereit, sich durch meinen Scherz seine Überraschung verderben zu lassen.
    »Ich möchte Ihnen gerne ein paar Fragen zu den Handys stellen.«
    »Ja«, sagte ich.
    »Sie haben jeder Person, über die wir in den letzten Verhören geredet haben, ein eigenes Handy gegeben. Das heißt …« Er kramte in seinen Unterlagen nach der Liste der Namen, auf die wir uns verständigt hatten, fuhr dann mit dem Finger daran herab und las sie laut vor: »Rachelle Hudson, Robin Downley, Shelley Burton, Edward Langton, Dana Viliscevina und Eileen Forbes. Ist das richtig?«
    »Ja.«
    »Als diese Personen starben, haben Sie da die Handys wieder aus den Wohnungen geholt?«
    »Manchmal. Meistens ließ ich sie aber einfach dort liegen.«
    »Und warum?«
    »Ich brauchte sie nicht mehr. Es waren sowieso nur Billighandys.«
    »Und wie haben Sie Kontakt zu den Personen aufgenommen, als sie noch am Leben waren? Haben Sie dazu Ihr eigenes Handy benutzt?«
    »Ja.«
    »Aus unseren Daten geht hervor, dass jedes Handy Ihrer Opfer von einer anderen Mobilnummer angerufen wurde. Was haben Sie uns dazu zu sagen?«
    »Es sind keine Opfer, Detective Constable Lewis. Es sind unbescholtene Bürger, die sich dazu entschlossen, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Mehr nicht.«
    »Colin, Ihnen ist klar, dass wir Ihr Handy beschlagnahmt haben?«
    »Ja.«
    »Wir werden das Handy kriminaltechnisch untersuchen lassen, und diese Untersuchung wird ergeben, dass Sie für jedes Opfer eine andere SIM-Karte verwendeten. Ist das richtig?«
    Ich überlegte kurz, worauf sie hinauswollten. Und wenn schon, was spielte es für eine Rolle, wenn sie wussten, dass ich jedes Mal eine andere

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