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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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saß auf einer Parkbank – zuvor hatte sie gejoggt. Wir fingen eine Unterhaltung an.«
    »Worüber?«
    »Ich sah, dass sie unglücklich war. Ich habe versucht, sie aufzumuntern.«
    »Haben Sie Rachelle Hudson jemals zu Hause besucht?«
    »Ja«, sage ich. »Sie hat mich eingeladen.«
    »Nur das eine Mal, oder waren Sie öfter dort?«
    »Ich habe sie nach ihrem Tod einmal besucht.«
    Dem folgt ein kurzes Schweigen, das nur vom Summen der Videokamera unterbrochen wird. Beide starren mich an.
    »Colin, haben Sie Rachelle Hudson ermordet?«
    Ich lächle sie an. »Nein, natürlich nicht. Das hat sie selbst getan. Ich war nur da, um sie zu trösten, um dafür zu sorgen, dass sie mit ihrer Entscheidung glücklich war.«
    Dem folgt eine weitere Pause. Sie verdauen die Information und suchen in ihrem kleinen kollektiven Bewusstsein nach einer neuen Verhörstrategie, weil diese offensichtlich nicht zu dem Ergebnis führt, das sie sich vorgestellt haben.
    »Haben Sie ihr geholfen, sich das Leben zu nehmen?«
    »Nein«, sage ich.
    »Haben Sie sie in irgendeiner Weise berührt?«
    Ich überlege einen Moment und versuche mich daran zu erinnern. »Nein, ich glaube nicht. Vielleicht habe ich mal ihren Arm berührt. Aber ich war nie gewalttätig oder so.«
    »Hat Sie mit Ihnen darüber gesprochen, dass sie sich das Leben nehmen wollte?«
    »Oh, ja.«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Also, sie sagte, sie dächte manchmal, dass sie glücklicher wäre, wenn sie nicht mehr existieren würde.«
    »Haben Sie ihr vorgeschlagen, sich Hilfe zu holen? Mit jemandem über ihre Gefühle zu reden?«
    »Sie sprach ja mit mir über ihre Gefühle.«
    »Aber Sie kamen nicht auf die Idee, sie davon abzuhalten, sich das Leben zu nehmen?«
    »Nein. Das war ihre Entscheidung. Sie war eine erwachsene Frau.«
    »Und Sie haben ihren Tod auch nicht gemeldet?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »So etwas sollten doch die Angehörigen tun, oder?« Ich lächle Lewis freundlich an, doch er lächelt nicht zurück.
    »Haben Sie irgendwas gesagt, um Rachelle davon abzuhalten, sich das Leben zu nehmen?«
    »Nein, überhaupt nicht. Sie war viel glücklicher, nachdem sie beschlossen hatte zu sterben. Das war doch eine gute Sache, finden Sie nicht?«
    Lewis antwortet nicht. Stattdessen sieht er zum ersten Mal seit Beginn des Verhörs zu Topping rüber. Er ist total überfordert, dabei sprechen wir erst seit ungefähr fünf Minuten miteinander. Er tut mir beinahe leid.
    Nach dieser kurzen Unsicherheit versucht er es anders. »Haben Sie Rachelle ein Handy gegeben?«
    »Ja, habe ich.«
    »Und warum?«
    »Damit ich mit ihr in Verbindung bleiben konnte.«
    »Hat sie Sie je von dem Handy aus angerufen?«
    »Nein. Ich habe sie ein paarmal angerufen.«
    »Und haben Sie Rachelle ihr eigenes Handy abgenommen?«
    »Ja, habe ich. Sie wollte jeglichen Kontakt zu ihrer Familie abbrechen. Sie brauchte das Telefon nicht mehr.«
    »Sie haben es also ohne ihre Erlaubnis an sich genommen?«
    »Nein, sie hat mir die Erlaubnis gegeben, ihr Handy mitzunehmen.«
    »Was haben Sie mit dem Handy gemacht?«
    »Ich habe es entsorgt.«
    »Und wie?«
    »Ich weiß nicht mehr genau. Ich habe es vermutlich irgendwo in einen Mülleimer geworfen.«
    Lewis seufzt tief auf und sieht auf seine Notizen. Dann sagt er: »Lassen Sie uns noch einmal zu dem Handy zurückkehren, das Sie in Rachelles Haus hinterlassen haben. Sie sagten, Sie hätten sie ein paarmal darauf angerufen. Was haben Sie da zu ihr gesagt?«
    »Das weiß ich nicht mehr genau. Ich rief an, um zu sehen, wie es ihr ging und ob sie etwas brauchte.«
    »Wussten Sie, dass sie sich zu Tode hungerte?«
    »Ja.«
    Wieder sahen sie einander an, ich lächelte. Das ist so wahnsinnig witzig. Ich wünschte, ich hätte mich schon vor Monaten dazu bekannt.
    »Dachten Sie nicht, sie könnte vielleicht etwas zu essen brauchen?«
    »Nein. Sie wollte so sterben. Wenn ich ihr Essen gebracht hätte, hätte ich gegen ihren Willen gehandelt. Sie hatte den Weg schon gewählt. Das war ihr gutes Recht.«
    Lewis hob zum ersten Mal ein wenig die Stimme. »Sie hatte den Weg gewählt?«
    »Ja, genau«, sagte ich fröhlich. »Wir wählen alle unseren Weg, DC Simon Lewis. Sie haben auch Ihren Weg gewählt, oder? Und Sie auch, DC Keith Topping. Erst wenn wir unseren Weg wählen und ein paar Schritte darauf gehen, wissen wir, was es bedeutet, wirklich glücklich zu sein. Finden Sie nicht auch?«

 
    Annabel
    Sam fuhr mit dem Wagen durch die Seiteneinfahrt auf den Polizeiparkplatz und

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