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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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sah mich überrascht an, dann aber wieder weg. »Nein, gar nicht.«
    »Im Ernst?«
    »Wir helfen nur ein wenig, das ist alles.«
    »Versteh mich bitte nicht falsch, dafür bin ich auch sehr dankbar … Es ist nur … Ich war sehr gemein zu dir. Oder?« Dann gab ich es auf und schämte mich irgendwie.
    »Du warst nicht gemein. Ich habe jedenfalls nichts bemerkt.«
    »Ich meine im Krankenhaus, als es meiner Mom so schlecht ging. Ich weiß, du hast versucht mir zu helfen, aber ich fand es eben ein wenig seltsam, dass du einfach so aufgetaucht bist. Ich hatte das Gefühl, du würdest mich stalken.«
    Er trank den Tee und musste husten. »Ich hatte dir doch erklärt, dass ich wegen der Leiche gekommen war.«
    »Beim zweiten Mal aber nicht.«
    »Nein, aber das kannst du doch nicht ernsthaft als Stalken bezeichnen, nur weil ich einmal gekommen bin, um zu sehen, wie es dir geht.«
    »Einmal bist du aber auch vorbeigekommen, weil ich nicht ans Telefon ging.«
    Er antwortete nicht, und mir fiel wieder ein, dass ich mich ja eigentlich entschuldigen wollte, ihn stattdessen aber beschuldigte, mich zu stalken. Ich ruderte zurück. »Obwohl – eigentlich hast du mir ja das Leben gerettet …«
    »Ja«, sagte er, doch in seiner Stimme lag ein Unterton, der nahelegte, dass er sich langsam wünschte, es nicht getan zu haben.
    »Und dafür bin ich dir auch dankbar. Wirklich. Ich danke dir für alles. Und es tut mir leid, dass ich so ein Quälgeist bin.«
    Er schwieg wieder. Das konnte er einfach nicht abstreiten.
    »Wie war deine Mom so?«, fragte ich ihn und bediente mich eines Tricks, den ich immer benutzte, um meine Hilflosigkeit zu überspielen, was es aber meist nur noch schlimmer machte: ein Themenwechsel.
    »Sie war ganz wunderbar«, sagte er. »Sie fehlt mir immer noch.«
    »War es schwer für dich, als dein Dad mit Irene zusammenkam?«
    Er lächelte über die Teetasse hinweg. Das Unbehagen unseres vorangegangenen Gesprächs schien verflogen zu sein.
    »Nein, so war das nicht. Um ehrlich zu sein, ich glaube, dass Mom und ich das angezettelt haben.«
    »Wie meinst du das?«
    »Sie kam mit keiner Pflegekraft zurecht, bis ich Irene auftrieb. Sie mochte auch Irene nicht besonders gern – sie fand sie zu dominant –, ließ sie aber trotzdem bleiben. Ich glaube, sie behielt sie nicht, weil sie als Pflegekraft so gut war, sondern weil ihr auffiel, dass sie gut mit Dad zurechtkam. Und mit mir.«
    »Ich mag sie. Sie war so nett zu mir.«
    Ich sah Sam zu, wie er seinen Tee trank, und fragte mich, warum er so traurig wirkte. »Habe ich irgendwas Falsches gesagt?«, fragte ich.
    »Nein. Ich denke nur gerade an meine Mom. Das ist alles. Sie fehlt mir. Dir fehlt deine Mom doch bestimmt auch …«
    »Ja«, sagte ich.
    Doch was mir vor allem fehlte war, mich als Tochter zu fühlen, dachte ich. Gebraucht zu werden, mich nützlich zu machen. Unverzichtbar zu sein.
    Eine Stunde später saßen wir immer noch da und sprachen über den Mann, der verhaftet worden war, und was er für ein Mensch sein könnte, als Sam eine SMS bekam. Sie war von Irene, die uns mitteilte, dass die Katze soeben wieder in die Keats Road zurückgekehrt sei. Daraufhin nahm ich schweren Herzens und mit der Last des Unvermeidbaren auf meinen Schultern meine Reisetasche mit den Klamotten, die Irene gewaschen und gebügelt hatte, obwohl ich ihr ausdrücklich gesagt hatte, dass ich das selber könne, und wir gingen zum Auto zurück. Offensichtlich waren weder ich noch die Katze bereit nach Hause zu gehen.
    Sam parkte immer noch an der Bushaltestelle und telefonierte. Endlich konnte er die blecherne Stimme im Handy unterbrechen. »Das klingt interessant«, sagte er. »Hast du die Adresse?«
    Er zog einen Kugelschreiber aus dem Türfach der Fahrerseite und nahm einen Parkschein aus der Mittelkonsole am Armaturenbrett, kritzelte irgendwas hinten drauf, während die Stimme immer weiterplapperte.
    »Okay«, sagte er. »Ich bin dran. Ich sag dir dann Bescheid. Ich ruf dich später an. Okay. Tschüss.«
    Er drehte sich zu mir um, seine Augen funkelten. »Rate mal, was passiert ist?«
    Ich war immer noch ein wenig sauer auf ihn, weil ich zu spät zur Arbeit kam, egal wie widerwillig ich mich an die Analysen von Sachbeschädigungen und Sexualstraftaten machte, doch jetzt war selbst ich neugierig geworden.
    »Keine Ahnung. Was denn?«
    »Einer meiner Kontakte hat mir gerade erzählt, dass soeben eine Frau angerufen und berichtet hat, dass ihre Mitbewohnerin am Freitagabend mit

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